Krankenversicherung deutscher Rentner, in Österreich lebend

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Krankenversicherung deutscher Rentner, in Österreich lebend

Beitragvon flyover » 14.06.2011, 11:04

Hallo in die Runde!
Es geht um die Krankenversicherung eines Deutschen Rentners, der in Österreich lebt.
Leider ist es schwer, irgendwo fundierte Auskunft zu erhalten. allgemein ist es meistens auf den entsprechenden Behördenseiten gut beschrieben, aber bei speziellen Fällen bekommt man selten Auskunft. Man spricht immer mit Sachbearbeitern, die sich aber nur auf Ihrem Gebiet auskennen. Daher wende ich mich an die "Experten" hier in diesem Forum mit meiner Frage.

Der Fall:
Deutscher, Ende 2003 nach Österreich umgezogen.
Keinerlei Versicherungszeiten für eine österreichische Rente erworben.
aber Krankenversichert in Österreich bei der SVA.

In Österreich ab Ende 2003 bis jetzt vom Ersparten gelebt, Krankenversicherungsbeiträge wurden an die SVA bezahlt.

Jetzt Altersrentenbeginn im August 2011, Rentenzahlung lt. Renteninformation über die Deutsche Rentenversicherung.

Unklar ist, wie es mit der Krankenversicherung jetzt läuft? Muss man sich in Österreich weiter selbst versichern und die Beiträge selbst zahlen. Oder ist man über die deutsche Rentenversicherung irgendwie krankenversichert? Was wenn man dort nicht mehr aufgenommen wird?

Eine deutsche Krankenversicherung bestand ab Anfang 2003 nicht mehr. Die KKH hatte damals die Mitgliedschaft mangels fehlender Aufträge gekündigt.

Wie sieht das in der Praxis aus, wenn man z.b. zum Arzt muss? Bekommt man eine E-Card oder muss man die Arztrechnungen selbst zahlen, und dann irgendwo in Deutschland einreichen?


Es würde mich freuen, wenn mir jemand Antwort geben bzw. eine Stelle nennen kann, die diese Fragen klären kann. Vielen Dank

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Beitragvon Rossi » 14.06.2011, 20:45

Nun denn, dies ist wirklich ein komplexes Thema und hängt von einer sog. Vorversicherungszeit ab.

Es ist die sog. KVdR. Man nennt sie auch die Krankenverischerung der Rentner. Wenn man in der 2. Hälfte des Erwerbslebens min. 90 % gesetzlich versichert war, dann kommt man allein durch die Zahlung der Rente in diese Pflichtversicherung.

Bei der Ermittlung der Vorversicherungszeiten, zählen nicht nur deutschen Krankenversicherungszeiten sondern aufgrund der EU-Vorschriften auch Versicherungszeiten in dem gesetzlichen System der EU.

Von daher könnte es sein, dass durch den Rentenantrag nunmehr eine Krankenversicherung in Deutschland begründet wird. Diese Entscheidung trifft die Krankenkasse.

Es gilt allerdings nur 1 Recht, d. h., keine KVdR in Deutschland, wenn man in Österreich versichert ist. Nun muss man klären, wie es mit der österreichischen Versicherung aussieht. Wenn diese aufgrund des Rentenbezuges in Deutschland beseitigt wird, dann haben wir nur 1 Recht und zwar das deutsche Recht.

Und wenn in der Tat das deutsche Recht gilt, dann ist es auch kein Problem in Österreich die Leistungen zu Lasten der deutschen Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen.

Hier kann die DVKA mehr Auskünfte erteilen. Wenn die Voraussetzungen für die deutsche KVdR vorliegen und die österreichische Versicherung nachrangig ist, dann sucht man sich einfach in Österreich eine normale Krankenkasse aus und lässt sich von dieser Krankenkasse zu Lasten der deutschen Krankenkasse betreuen. Man erhält eine ganz normale Versichertenkarte und kann ganz normal zum Arzt gehen.

Also, muss als erstes geprüft werden, ob incl. der österreichsichen Versicherungszeiten die geforderten 90 % Versicherung in der 2. Hälfte des Erwerbslebens erfüllt werden.

Es gibt ein mega Rundschreiben zum Thema KVdR.

Guckst Du hier:

http://www.aok-business.de/rundschreiben/pdf/rds_20081230-KVdR.pdf

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Herzlichen Dank!

Beitragvon flyover » 14.06.2011, 21:25

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Diese hat schon etwas geholfen.
Das die österreichische Krankenversicherung hier auch eingerechnet werden kann, wusste ich nicht. Dann würden sich die 90 % vielleicht ausgehen. Denn er war mindestens ab 1987 bis Anfang 2003 bei der KKH, ab Ende 2003 bei der Österreichischen SVA. Das wären ja schon einiges an Jahren.
Dh. Vorgangsweise, wenn ichs richtig verstanden habe: sich bei der KvdR melden und alle Versicherungszeiten, auch die Österreichischen bekanntgeben, und warten, ob man aufgenommen wird oder nicht.
Falls ja, wäre ja alles gut "hoff"

Falls nein muss man sich dann wohl was neues überlegen - dann melde ich mich wieder - wenn ich darf ;-).

Wirklich herzlichen Dank noch einmal für deine Auskunft, vielleicht wird es ja gar nicht so kompliziert wie ich dachte!

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Beitragvon Rossi » 14.06.2011, 22:53

Im Rahmen des Rentenantrages muss auch eine sog. Anlage zu KVdR ausgefüllt werden.

Guckst Du hier:

http://www.deutsche-rentenversicherung-westfalen.de/cae/servlet/contentblob/44518/publicationFile/20001/R0810.pdf

Wenn der normale Vordruck nicht ausreicht, dann gibt es hierzu noch ein Ergänzungsblatt

Guckst Du hier:

http://www.deutsche-rentenversicherung-westfalen.de/cae/servlet/contentblob/44522/publicationFile/20045/R0811.pdf

Dieser Vordruck ist ein wenig verführerisch, weil er nämlich nur ergänzend Versicherungszeiten aus der DDR abfragt.

Aber hier solltest Du die Zeiten auch Österreich eintragen und am besten durch eine Bescheinigung der SVA dokumentieren.

Die Rentenberatungsstelle schickt dann den Rentenantrag an die zuständige Rentenversicherung und die KVdR-Meldung an die letzte Kasse (KKH). Die Kasse muss dann die KVdR prüfen. Am besten solltest Du dich kurz nach der Antragsabgabe mit der KKH in Verbindung setzen.

Es gibt so eine Faustformel bei einer Altersrente mit 65 Jahre. Wenn man in der 2. Hälfte ne Lücke von ca. 2,5 Jahre hat, dann kommt diese Pflichtversicherung nicht zum tragen.

Nehmen wir an, der Rentenantragsteller hat mit 16 Jahren erstmalig ne Arbeit aufgenommen und in 2011 den Rentenantrag (65 Jahre alt) gestellt.

Dann gibt es eine Rahmenfrist von 1962 - 2011. Diese Frist ist zu halbieren, dann würde die 2. Hälfte ca. von 1986 - 2011 festgelegt.

Es könnte also haarschaf werden. Also alles mögliche an Vorversicherungezeiten zusammenkramen.

Wenn dann die KVdR-Voraussetzungen erfüllt sind, muss man noch gucken, welches Recht vorrangig gilt. Denn es könnte ja sein, dass er derzeit sowohl in Österreich über die SVA versichert ist, als auch die über die deutsche KVdR. Dann gilt aber nur 1 Recht, denn einmal versichert reicht vollkommen aus, oder?

Die Gretchenfrage ist dann, ob man die SVA kündigen kann - damit dann die KVdR in Deutschland zum tragen kommt.

Aber ich sage bei solchen Geschichten auch immer, Leute passt bitte uff.

Denn im Rahmen der sog. Auslandsbetreuung (KVdR in Deutschland) tauschen die Krankenkassen immer nur die sog. Sachleistungen aus. D.h, man kann ganz normal mit der Versichertenkarte zum Onkel Doktor gehen. Die Leistungen sind immer gleich.

Aber dann gibt es - ausser den Sachleistungen (Onkel Doktor gehen) auch noch teilweise Geldleistungen, die man von der Krankenkasse erhalten kann. Und hier erfolgt keine Aushilfe durch die österreichische Krankenkasse. Man muss sich dort dann immer - bei Geldleistungen - in der Regel an die ausländische Kasse (Deutschland) wenden. Es gilt dann nur das Recht der ausländischen Kasse. Und genau dort geht es wieder dann los. Die Systeme der Krankenversicherung sind total unterschiedlich, natürlich auch die Geldleistungen. Manchmal bekommt man im Rahmen einer ausländische Betreuung mehr, manchmal aber auch weniger. Kommt darauf an, wie das Leistungsspektrum aussieht und wie lange man hinter Geldleistungen der ausländischen Krankenkasse hinterherrennt. Aber Deutschland soll ja ein super System haben.

Aber hierfür ist extra die DVKA geschaffen worden. Dort sollen angeblich Fachleute sitzen.

Viel Erfolg.

Gerade bei der Anerkennug von ausländischen Vorversicherungszeiten und der KVdR werden nach meiner Erfahung von den Kassen viele Fehler gemacht. Bzw. werden die ausländischen Zeiten nicht eingetragen und die KVdR wird einfach abgelehnt.

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Wirklich guter Tip - Danke!

Beitragvon flyover » 14.06.2011, 23:35

noch einmal danke für deine ausführlichen Antworten, du scheinst dich wirklich gut auszukennen!
es ist wirklich schwierig, fundierte Auskunft zu bekommen. Bei jeder Anfrage bekommt man zwar irgendwelche Formblätter, aber die ganz genau verstehen, ist absolut unmachbar, wenn man nicht gerade Germanistik studiert hat. Ich frage mich wirklich, wie das der "normale" Mensch hinkriegen soll.
Vor allem dachte ich immer, die Ämter und Behörden haben eh alle Unterlagen. Aber komischerweise muss dann am Schluss trotzdem immer der Antragssteller alles nachweisen. Leider wird einem das erst am Ende des Arbeitslebens klar.

Das mit den österreichischen Versicherungszeiten angeben ist eine wirklich hilfreiche Idee, da wäre ich nie drauf gekommen, dass das mitzählen könnte. Auf alle Fälle werden wir die Formblätter, die du angegeben hast, einschicken.
Ich hoffe es klappt mit der KvdR, denn ich denke, das wäre die am wenigsten umständliche Lösung. Aber sicher bin ich mir auch nicht. 90 % ist ja wirklich viel, da kann man sich eigentlich gar keine Fehlzeiten erlauben. Euer System ist wirklich sehr streng.

Was passiert, wenn man von der KvdR als deutscher Rentner abgelehnt wird? Eine andere Versicherung nimmt doch Rentner sicher nicht freiwillig auf, oder?

In unserem speziellen Fall dürfte Die Kündigung von der SVA, wenns darauf ankommt, kein Problem sein, da kann man, soweit ichs jetzt weiss, monatlich kündigen. Aber vielleicht sind wir noch mal froh, dass wir die haben :?


Ich glaube (wahrscheinlich bin ich als Österreicherin voreingenommen), dass das österreichische System viel einfacher ist. Es gibt eigentlich nur Pflichtversicherungen, und man kann auch nicht abgelehnt oder ähnliches werden. Und als Pensionist werden die Krankenbeiträge einfach einbehalten (ich glaube ca. 5 %) und du bist automatisch krankenversichert.

Jedenfalls möchte ich mich, auch wenn ich mich wiederhole, wirklich für deine Hilfe bedanken. Es ist wirklich hilfreich, im wahrsten Sinn des Wortes, wenn es da jemanden gibt, der sich, wenn auch nur in einem Forum, sich über Probleme anderer Menschen Gedanken macht und versucht zu helfen.

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Beitragvon Rossi » 14.06.2011, 23:49

Nun denn, ziehe erst einmal die Nummer mit der KVdR in Deutschland durch und warte ab, wie die KKH entscheidet.

Danach kann man die weitere Taktik entscheiden!

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Beitragvon flyover » 15.06.2011, 01:12

ja, du hast recht. das wird der nächste Schritt ;-)

eine Frage habe ich dazu noch:
muss man als Antragssteller bei der KvdR alle Krankenversicherungszeiten mit schriftlichen Unterlagen nachweisen können oder hat die KvdR die "normalen" Versicherungszeiten, die ja auch schon von der Rentenversicherung feststehen, irgendwie bereits vorliegen? Oder muss mann wirklich für jedes Jahr, Monat, Tag irgendein Schreiben von einer Krankenkasse haben, dass man von da bis da versichert war?

Und wenn ja, wie kommt man zu solchen Schreiben, wenn man gar nicht mehr genau weiss, bei welcher Kasse man in welchem Jahr eventuell war? Ist ja teilweise schon Jahrzehnte her :(

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Beitragvon Vergil09owl » 15.06.2011, 07:09

Auch hier hilft gern die Deutsche Rentenversicherung weiter, denn es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz und die Amtshilfe. Die KKH müßte sich denn im Zweifelsfall an den RV Träger wenden, der teilt denn die Kassen mit wo du versichert warst und denn die zuständigen Kassen anschreiben.

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Beitragvon Rossi » 15.06.2011, 18:03

Nun denn, wenn man ein Leben lang bei der gleichen Kasse versichert war, dann braucht man in der Regel keine Unterlagen, denn die Kasse dürfte alle Daten gespeichert haben.

Sind allerdings auch andere Kassen im Boot, dann sind 'Bescheinigungen über Mitgliedszeiten auf jeden Fall nicht schlecht.

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Beitragvon flyover » 20.06.2011, 14:52

Vielen Dank für die Auskünfte.

Haben jetzt die Meldung zur KvdR eingesendet. Mal sehen, was rauskommt.
Lt. meinen Rechnereien mit dieser 9/10 Regel müsste es sich eigentlich ausgehen *hoff*

1. Tag des Erwerbslebens war im April 1964. bis 9/2002 war er bei der KKH versichert, ab 12/2003 bis jetzt bei der österreichischen SVA. Mit einer Versicherungslücke von 14 Monaten müsste es sich eigentlich ausgehen, wenn ich das Berechnungssystem verstanden habe. :roll:

Mal sehen, was die zuständige Stelle dazu sagt....

Vielen Dank noch einmal!

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Beitragvon Vergil09owl » 20.06.2011, 19:15

paßt auf den ersten Blick

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Beitragvon Rossi » 20.06.2011, 22:21

Nun denn, wenn man 1964 in das sog. Erwerbsleben eingestiegen ist und in 2011 den Rentenantrag stellt, dann ist eine Lücke von 14 Monaten nicht schädlich.

Es wird dann mit Sicherheit funtkionieren.

Wichtig in diesem Zusammenhang: es gilt nur 1 Recht! D. h., die Versicherung in Österreich muss beendet werden um einen sog. Sachleistungsanspruch über die KVdR in Deutschland realisieren zu können.

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Beitragvon Vergil09owl » 21.06.2011, 06:11

Am besten noch einen A1 Nachweis über die östreichischen ZEITen der dortigen Zeiten in der GKV beibringen, sollten die Kollegen die das bearbeiten lesen können.

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Beitragvon flyover » 23.06.2011, 16:44

Zitat: Wichtig in diesem Zusammenhang: es gilt nur 1 Recht! D. h., die Versicherung in Österreich muss beendet werden um einen sog. Sachleistungsanspruch über die KVdR in Deutschland realisieren zu können.

dazu habe ich noch eine frage:
derzeit läuft die österreichische Versicherung ja noch, weil es ja noch nicht sicher ist, ob die KvdR die Versicherung übernimmt. (Die österreichische Versicherung kann aber monatlich gekündigt werden.)
Also kündige ich diese, sobald man die Zusage von der KvdR hat?
Oder gibts keine Zusage von der KvdR, solange man die andere Versicherung noch hat?
Bin etwas verwirrt: ich kann ja die österreichische Versicherung nicht kündigen, dann lehnt die KvdR ab und dann steht man ohne Versicherung da?

Oder denke ich da zu kompliziert? Bin leider mit den Gegebenheiten so gar nicht vertraut :(


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