Selbständiger hohe Beiträge, obwohl kein Einkommen

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Liebertwolka
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Selbständiger hohe Beiträge, obwohl kein Einkommen

Beitragvon Liebertwolka » 04.08.2012, 05:55

Hallo,

mein Vater ist über 55 Jahre alt und seit drei Jahren selbständig, nachdem er etwa 25 Jahre angestellt war. In der Selbständigkeit hat er sich bisher noch keinerlei eigenes Einkommen auszahlen können, da alles in den Aufbau der Firma geflossen ist.

Er ist gesetzlich krankenversichert bei der BARMER und muss monatlich seit 3 Jahren über 300 € Beitrag zahlen; vorher bei der BKK war es genauso. Die Kosten kann er von seinem Vermögen bald nicht mehr aufbingen.

Ich bin über ihn als Student mitversichert.

Den Sachverhalt finde ich kurios, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es in diesem Zusammenhang keine Möglichkeit zur Beitragsminderung geben soll. Ich habe ihn auch schon gefragt, ob es für ihn sinnvoll wäre, wenn ich mich als Student günstig selbst versichere, aber er meinte, es wäre dann immer noch so teuer.

Vielleicht kann ein Experte hier im Forum weiterhelfen.

Vielen Dank vorab!

Vergil09owl
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Beitragvon Vergil09owl » 04.08.2012, 08:34

Guten Morgen,

aufgrund welcher Grundlage wurden die jeweiligen Beitragsbescheide erlassen? Hat dein Vater die aktuellen Steuerbescheide vorgelegt?

Die Bemessung der Beiträge richtet sich nach:

http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/240.html

http://www.gkv-spitzenverband.de/media/ ... 052011.pdf

http://www.bkk.de/arbeitgeber/neu-lexik ... exikon_pi1[bkkl-item]=159255&tx_bkklexikon_pi1[bkkl-sub0]=0000001:263129_bv&tx_bkklexikon_pi1[bkkl-sub1]=0000004:263129_bv&tx_bkklexikon_pi1[bkkl-sub2]=0000005:263129_bv

So wie du das schilderst werden hier Beiträge von rund 338 € erhoben als Mindestbbemessungsgrundlage für freiwillige versicherte Selbstständige.

Kann das Mitglied niedrigere Einnahmen nachweisen, werden diese berücksichtigt. Als "Mindestgrenze" gilt jedoch der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz SGB V). Im Kalenderjahr 2012 ergibt sich somit eine Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 1.968,75 EUR.


Heißt also er müßte einen Antrag stelen auf Beitragsminderung für hauptberuflich Selbstständige.

Geht grundsätzlich müßte denn natürlich entsprechend nachgewiesen werden.

Gruss.

Jochen

Liebertwolka
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Beitragvon Liebertwolka » 04.08.2012, 11:47

Vielen Dank für die schnelle Auskunft.

Ich gehe davon aus, dass er Steuerbescheide vorlegen musste; weiß es aber gerade nicht 100-prozentig.

Würde es vom Beitragssatz grundsätzlich etwas bringen, wenn ich nicht mitversichert wäre in der Familienversicherung?

Und wenn so einem Antrag auf Minderung stattgegeben wird, wie hoch ist dann der Beitrag (wie gesagt, er hat kein Einkommen, und das seit 3 Jahren).

Vielen Dank vorab!

Czauderna
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Beitragvon Czauderna » 04.08.2012, 12:52

Liebertwolka hat geschrieben:Vielen Dank für die schnelle Auskunft.

Ich gehe davon aus, dass er Steuerbescheide vorlegen musste; weiß es aber gerade nicht 100-prozentig.

Würde es vom Beitragssatz grundsätzlich etwas bringen, wenn ich nicht mitversichert wäre in der Familienversicherung?

Und wenn so einem Antrag auf Minderung stattgegeben wird, wie hoch ist dann der Beitrag (wie gesagt, er hat kein Einkommen, und das seit 3 Jahren).

Vielen Dank vorab!



Hallo,
nein, die Familienversiherung ist "kostenlos", d.h. keine Auswikrungen auf den Beitrag.
Gruss
Czauderna

Dipling
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Beitragvon Dipling » 04.08.2012, 19:33

Um es nochmal klar zu sagen: Es gibt für hauptberuflich Selbständige auch niedrigere Beitragsbemessungen als der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Untergrenze ist 60. Teil, der aber nur unter weiteren Voraussetzungen gewährt wird.

Siehe § 240 Abs. 4 SGB V:
"Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde gelegt werden. Dabei sind insbesondere das Vermögen des Mitglieds sowie Einkommen und Vermögen von Personen, die mit dem Mitglied in Bedarfsgemeinschaft leben, zu berücksichtigen"

Wenn dem Antrag stattgegeben wird, ermäßigt sich der Beitrag auf ca. 230 EUR monatlich.
Der Antrag sollte rasch gestellt werden, denn die Ermäßigung gibt es grundsätzlich nicht rückwirkend.

Liebertwolka
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Beitragvon Liebertwolka » 05.08.2012, 13:16

Vielen Dank für die schnellen Rückmeldungen!

230 € ist also das Minimum, dass ein hauptberuflich selbstständiger pro Monat zahlen muss und darunter geht nichts?

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Beitragvon Vergil09owl » 05.08.2012, 15:08

Genau

heinrich
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Beitragvon heinrich » 05.08.2012, 17:19

genau, so ist es.

Es gibt viele viele Selbstständige, die sogar Minuseinkünfte laut Einkommensteuerbescheid haben.

Es muss Mindestbeiträge geben, sonst müsste man , wenn man den Prozentsatz von NULL berechnet, sogar NULL EUR Beitrag zahlen
oder
bei Minuseinkünfte sogar noch etwas ausbezahlt bekommen ?!?!?!

Dipling
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Beitragvon Dipling » 05.08.2012, 17:48

Oder man vermeidet den Status als hauptberuflich Selbständiger und nimmt z.B. einen sozialversicherungspflichtigen Job an.
Dann ist nur das Gehalt beitragspflichtig, also Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil.

Einige Voraussetzungen sind zu erfüllen: Der Job muss von Zeiteinsatz Und/oder der wirtschaftlichen Bedeutung her überwiegen. Im Rahmen der Selbständigkeit darf es keine sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geben. Besonderheiten gibt es auch, falls es sich bei der Firma um eine juristische Person (z.B. GmbH handelt).

Rossi
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Beitragvon Rossi » 05.08.2012, 22:48

Nun ja, die sog. Härtefallbemessung (ca. 230,00 €) mtl. ist aber nach den sog. einheitlichen Grundsätzen zur Beitragsbemessung nur in bestimmten Fällen möglich.

So kann eine Herabsetzung von 310,00 € auf 230,00 € in nachfolgenden Fällen nicht erfolgen.

Die Beitragsbemessung nach Satz 1 ist ausgeschlossen, wenn

1. die Hälfte der auf den Kalendertag entfallenden beitragspflichtigen Einnahmen der Bedarfsgemeinschaft mindestens 1/40 der monatlichen Bezugsgröße entspricht oder diesen Betrag übersteigt oder

2. die Bedarfsgemeinschaft steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt oder


3. die Bedarfsgemeinschaft positive oder negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt oder

4. das Vermögen des Mitglieds oder seines Partners jeweils das Vierfache der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Vor allen Dingen muss man für diese sog. Härtefallbemessung einen Antrag stellen.


Ich habe in dem Thread etwas von Vermögen gelesen!!!

Ferner glaube ich kaum, dass die Kasse hier einen rückwirkenden Antrag abzeptiert, oder?


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