Ist Au-Pair-Versicherung private Vorversicherung?

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Manfred87
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Ist Au-Pair-Versicherung private Vorversicherung?

Beitragvon Manfred87 » 21.08.2015, 15:16

Hallo, ich hoffe Ihr könnt mir helfen.

Folgender Sachverhalt:
Meine Freundin (Staatsangehörigkeit: philippinisch) reiste nach ihrem Collegeabschluss im vergangenen Jahr in Deutschland ein, um eine Beschäftigung als Aupair für ein Jahr auszuüben. Sie war während der Aupairtätigkeit versichert über eine Aupairversicherung (Kranken- und Haftpflichtversicherung in einem für € 39/Monat). Noch während ihres Aupairaufenthaltes bekamen wir ein Baby und ihr wurde eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeit über drei Jahre zur Familienzusammenführung erteilt. Einer Tätigkeit geht sie wegen des Babys nicht nach und auf ALG2 hat sie auch keinen Anspruch, da mein Einkommen zu hoch ist.

Meine Schlussfolgerung:
Sie sollte durch die Erteilung des Aufenthaltstitels versicherungspflichtig geworden sein in der GKV nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 b) SGB V i. V. m. § 5 Abs. 11 S. 1 SGB V, wenn die Aupairversicherung nicht als eine private Vorversicherung angesehen wird. Beginn der Versicherungspflicht sollte entweder der erste Tag der Gültigkeit ihres den Anspruch begründenden Aufenthaltstitels sein oder der dem Ablauf der Aupairversicherung folgende Tag.

Diese Ergebnisniederschrift des Spitzenverbandes GKV zu "private Auslandskrankenversicherung als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall" kommt für den Fall des Deutschen Aupairs, das während seines Aupairaufenthalts im Ausland privat abgesichert ist, zu dem Ergebnis, dass dies nicht als private Vorversicherung zählt, die den Auschschluss von der Versicherungspflicht begründet. Man könnte annehmen, dass es für den Fall des ausländischen Aupairs in Deutschland analog gelten müßte, ich habe aber noch nirgendwo etwas explizit zu diesem Sachverhalt gefunden.

Frage 1: Wie schätzt ihr das ein, ist die Aupairversicherung eine private Vorversicherung, die den Ausschluss der Versicherungspflicht in der GKV begründet?

Nun hatte meine Freundin eine gesetzliche Krankenkasse gebeten, sie aufzunehmen, diese hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Aupairversicherung sei eine private Vorversicherung, zunächst abgelehnt und meiner Freundin geraten, sich bei der PKV zu versichern. Meine Freundin hat Widerspruch eingelegt.

Frage 2: Wenn sich meine Freundin jetzt in der PKV, wie von der GKV vorgeschlagen, zunächst versichert und ihrem Widerspruch wird im nächsten Monat entsprochen oder sie klagt bei vergeblichem Widerspruch vor dem Sozialgericht, das vielleicht 2017, frühestens im kommenden Jahr, zu ihren Gunsten entscheidet, wird dann die zunächst abgeschlossene PKV rückabgewickelt und sie kommt rückwirkend zum Sommer 2015 in die GKV?

Da eine Legaldefinition für "privat krankenversichert" anscheinend fehlt und die Entscheidung von Krankenversicherung zu Krankenversicherung, wohl auch von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter, unterschiedlich sein kann, ist es wahrscheinlich effizienter, Anträge auf Aufnahme bei mehreren Krankenkassen zu stellen und zu erwarten, dass mindestens einer davon Erfolg hat, als einen einzigen Antrag zu stellen und diesen über Widerspruch und Klage beim Sozialgericht bis zum Ende durchzuziehen.

Frage 3: Wenn meine Freundin ein Dutzend Krankenkassen anschreibt und die Aufnahme beantragt, kann es dann passieren, dass sie gleichzeitig bei mehreren Krankenkassen Mitglied wird, wenn mehr als ein Sachbearbeiter der Meinung ist, die Aupairversicherung sei keine private Vorversicherung?

Frage 4: Wenn sie in mehr als einer Versicherung Mitglied wird, wie schnell kommt sie dann aus den zusätzlichen Mitgliedschaften wieder raus?




Mit Krankenversicherung beschäftigt man sich ja im allgemeinen nicht so oft, deswegen schonmal Danke für Eure kompetente Hilfe!

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Beitragvon Rossi » 21.08.2015, 21:12

Nun ja, bei welcher PKV hat die Freundin den Versicherungsvertrag abgeschlossen? War es eine PKV, die in Deutschland zugelassen is?

Bei der BaFin findet man eine Überischt, welche PKV´en zugelassen sind!.

Manfred87
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Beitragvon Manfred87 » 21.08.2015, 23:49

Danke fuer den Hinweis, Rossi, Versicherungsmakler war die Dr. Walter GmbH und laut Versicherungsbestatigung stand hinter der Auslandsreise-Krankenversicherung die Central Versicherung in Koeln und hinter der Abschiebekosten- und Haftpflichtversicherung die Generali.
Hat meine Freundin nicht selbst abgeschlossen, sondern die Gastfamilie.

Hier ist ein Scan der Versicherungsbestaetigung:
http://postimg.org/image/tpu4k7dv7/

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Beitragvon Dipling » 23.08.2015, 18:51

Aus meiner Sicht gilt das in der Ergebnisniederschrift für die von Auslandskrankenversicherung dargestellte für eine ebenfalls nur befristete inländische Au-Pair-Versicherung analog.

"Bereits der befristete Charakter einer Auslandskrankenversicherung (vgl.
§ 195 Abs. 2 VVG) schließt die Ansicht, dass ein Systemwechsel stattgefunden hat, aus".

Würde bedeuten: Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, wenn auch die sonstigen Kriterien erfüllt sind.

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Beitragvon Rossi » 24.08.2015, 08:11

Sehe ich auch so.

Bei einer privaten Krankenversicherung in dem Sinne kann es sich nur handeln, wenn die Krankheitskostenversicherung den Anforderungen des § 193 Abs. 3 VVG entspricht. Kennzeichend für diese Krankheitskostenversicherung ist, dass diese nicht so ohne weiteres weder vom Versicherer noch vom Versicherten gekündigt werden kann. Dies ergibt sich aus § 205 und 206 VVG.

So kann die versicherte Person bspw. gem. § 205 Abs. 6 VVG eine Krankheitskostenversicherung (§ 193 Abs. 3 VVG) nur dann kündigen, wenn eine Anschlussversicherung vorliegt.

Eine Kündigung durch den Versicherer für Krankheitskostenversicherungen im Sinne von § 193 Abs. 3 VVG ist gem. § 206 Abs. 1 VVG grundsätzlich ausgeschlossen.

Und dies ist hier nicht der Fall. Es handelt sich von Anfang an um eine befristete Auslandskrankenversicherung.

Damit würde ich ggf. auch losziehen.

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Beitragvon Manfred87 » 24.08.2015, 13:33

Danke für die Antworten. Vielleicht hat der Widerspruch Erfolg, aber: Was soll meine Freundin machen, solange noch keine positive Entscheidung vorliegt und wie soll sie mit ihren Rechnungen von Labor und Ärzten bis dahin umgehen? Alleine für die Antwort auf den Antrag hat sich die Krankenkasse einen guten Monat Zeit gelassen. Ist es sinnvoll noch bei anderen Krankenkassen gleichzeitig Aufnahmeanträge zu stellen?

Rossi, wenn die Aupairversicherung nicht die Versicherungspflicht nach § 193 III VVG erfüllt, wie kann man dann im nächsten Schritt am saubersten zeigen, dass "privat krankenversichert" in § 5 I Nr. 13 b) SGB V nur solche Versicherungsverhältnisse meint, die auch die Pflicht § 193 III VVG erfüllen und nicht etwa Auslandsreisekrankenversicherungen, private Zusatzversicherungen oder eben Aupairversicherungen?

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Beitragvon Rossi » 24.08.2015, 14:37

Nun ja, Du musst auf das Besprechungsergebnis des Fachkonferenz Beiträge verweisen. Dort steht doch alles drinne.

heinrich
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Beitragvon heinrich » 25.08.2015, 07:34

ich habe mal kurz die Urteile der Sozialgerichtsbarkeit durchsucht.

Da ist so ein Fall noch nicht entschieden worden.

Da muss man mal abwarten wie so ein erster Fall entschieden wird.

Manfred: wäre schön, wenn Du berichtest , wie es ausgeht mit dem Widerspruch (und evt. Klage)

Rossi
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Beitragvon Rossi » 25.08.2015, 08:59

Hm Heinrich, reicht das Besprechungsergebnis nicht aus?!

Dort wird doch auf die wesentlichen Unterschiede (Befristung etc.) eingegangen.

Manfred87
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Beitragvon Manfred87 » 25.08.2015, 23:30

Es wäre ja schön, wenn keine Klage nötig wäre.

heinrich
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Beitragvon heinrich » 26.08.2015, 18:41

Rossi,

bin ehrlich. ich bin mir nicht sicher.

Die Risiken einer Eintragung als (zu Unrecht) geführte Mitgliedschaft habe ich Dir ja heute erklärt.

Manfred87
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Beitragvon Manfred87 » 04.09.2015, 15:51

Update: Die GKV hat jetzt signalisiert, dass meine Freundin rückwirkend aufgenommen wird.

Es wird wahrscheinlich keine Entscheidung zu dem Problem geben, weil die Anzahl der Fälle sowieso gering ist und von denen, die es betrifft, beantragen die schlauen bei vielen verschiedenen Krankenkassen die Aufnahmenund und haben dann bei mindestens einer Glück und die anderen folgen einfach der Empfehlung der ablehnenden Krankenkasse, sich privat zu versichern.


Das nächste Problem ist jetzt noch der Arzt, der sie zwischenzeitlich behandelt hat, da meinte man, es sei jetzt "zu spät" den Versicherungsnachweis einzureichenund sie müßte die Rechnung privat zahlen. Ich habe aber dann § 18 IX BMV-Ä gefunden.


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