Privat - Gesetzlich - privat - Probeme mit meiner KV

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poldi
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Privat - Gesetzlich - privat - Probeme mit meiner KV

Beitragvon poldi » 19.06.2008, 22:39

Hier die kurze Geschichte:
Ich war mehr als 5 Jahre krankenversichert. Ende 2007 gab ich meine Selbstständigkeit auf. Anfang 2008 ging ich ein Angestelltenverhältnis ein, wobei das Einkommen unterhalb der Bemessungsgrenze fiel. Ich habe bei einer gesetzlichen Versicherung angefragt, dabei alle notwendigen Daten angegeben. Die KV wurde angenommen. Aufgrund der Zusage habe ich im Februar meine private KV gekündigt.
Anfang Juni kündigte die gesetzl. Versicherung rückwirkend meinen Vertrag mit folgender Begründung:
a) ich bin über 55 Jahre alt - stimmt
b) ich war in den vergangenen 5 Jahren nur privat versichert - stimmt

Diese Daten habe ich beim Antrag ausgefüllt. Zusätzlich musste ich der Versicherung bestätigen, dass ich meine Selbstständigkeit aufgegeben habe.

Die Sachbearbeiterin gab mir gegenüber zu, dass Sie einen Fehler gemacht hat. Dafür kann ich mir nichts kaufen.

Ich habe versucht, den alzen privaten Vertrag aufleben zu lassen, aber dies gelang zu den bisherigen Beiträgen nicht. Eine zweite Versicherung hat einen Vertrag abgelehnt - ohne Begründung. An meinem Gesundheitszustand liegt es nicht.

Was kann ich gegen die gesetzliche KV unternehmen ? Aufgrund der Zusage dieser KV habe ich meine private KV gekündigt.
Zuletzt geändert von poldi am 19.06.2008, 23:02, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon dij » 19.06.2008, 22:53

Das ist natürlich Mist. Grundsätzlich sieht es mir nach einem Fall von Amtshaftung aus (Schadensersatzansprüche in Höhe der zusätzlich anfallenden PKV-Prämien gegen die Krankenkasse).

Was hat die Krankenkasse genau gemacht? Einen "Vertrag" "rückwirkend gekündigt" hat sie bestimmt nicht. Kamen die Worte "Widerruf", "Rücknahme" oder "nichtig" vor?

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Beitragvon poldi » 19.06.2008, 23:01

"Wir haben ihren Vertrag zum 1.2. storniert." Datum des Briefes war der 4.6.

Problem ist, dass ich nicht krankenversichert bin.

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Beitragvon Rossi » 19.06.2008, 23:03

Ehrlich gesagt, manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr.

Sowohl die private KV als auch die gesetzliche KV wissen nicht was tuten und was blasen ist.

Wie war das noch einmal, ein Blick in die einschlägige Rechtlektüre hilft immer wieder zur Rechtsfindung.

Hierfür hat der Gesetzgeber die Bestimmungen des § 5 Abs. 9 SGB V geschaffen:

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zustande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben

Hier ist doch eindeutig eine Versicherungspflicht nach § 5 SGB V nicht eingetreten, da dieses durch § 6 Abs 3 a SGB V verhindert wird.

Ergo ist die private KV gesetzlich verpflichtet nach den alten Konditionen wieder aufzunehmen.

Ist das so schwer für die private KV?!?!?

Und wenn man die Bestimmungen des § 5 Abs. 9 SGB V weiterliest, dann stellt man fest, dass die private KV wieder nahtlos auflebt.

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Beitragvon Rossi » 19.06.2008, 23:08

Tja, Dij, dat hat mit Mist nix zu tun.

Unser lieber Gesetzgeber hat offensichtlich die manchmal fehlende Fachkompetenz sowohl der privaten als auch gesetzlichen KV berücksichtigt.

Solche Klamotten scheinen wohl kein Einzelfall darzustellen.

Es grüsst der Rossi

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Beitragvon dij » 19.06.2008, 23:10

Leider geht es in Satz 5 noch so weiter: "Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde." Das heißt, die Frist für die nahtlose Wiederaufnahme ist wahrscheinlich verstrichen. Der private Versicherer hat also richtig gelesen. :)

Was man von der Krankenkasse nicht gerade behaupten kann. Ist der Satz mit dem stornierten Vertrag wirklich von ihr (und nicht vom privaten Versicherer)? Dann sollte man denen dort nicht nur einen Kurs "SGB 5 für Anfänger und Wiedereinsteiger", sondern auch "Verwaltungsrecht für Einsteiger" spendieren, angefangen bei "Was ist eigentlich ein Verwaltungsakt?".

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Beitragvon dij » 19.06.2008, 23:12

Rossi hat geschrieben:Tja, Dij, dat hat mit Mist nix zu tun.

Unser lieber Gesetzgeber hat offensichtlich die manchmal fehlende Fachkompetenz sowohl der privaten als auch gesetzlichen KV berücksichtigt.


Aber offenbar nicht, daß es erst nach fast einem halben Jahr auffällt ...


Die vermeintlich versicherungspflichtige Tätigkeit hat am 1. Februar begonnen?

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Beitragvon poldi » 19.06.2008, 23:21

Sie hat am 1.2. begonnen.

Der Text ist übrigens von der gesetzlichen !!

Die Sachbearbeiterin hat ihen Fehler zugegeben, aber wie gesagt, kann ich mir dafür nichts kaufen.

Was kann ich jetzt tun. Wenn mirheue was passiert, bin ich nicht versichert. Also Klage ich gegen die geeetzliche Versicherung.

Das ist doch ein Unding ? Ich will nicht klagen, ich will schlicht und einfachnur krankenversichert sein.

Ich habe gegen diese Entscheidung Widerspruch nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes eingelegt.

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Beitragvon Rossi » 19.06.2008, 23:23

Nee, dij, jetzt muss man in die teleologische Auslegung des Gesetzes gehen.

Zunächst hatte Poldi doch wohl ne Zusicherung für die Pflichtversicherung, da gilt natürlich die 3 Monatsfrist.

Aber dann wurde diese Versicherungspflicht leider wiederrufen, warum auch immer.

Auf der anderen Seite hat unser lieber Gesetzgeber, dann für Fallkonstellationen in denen im Anschluß an die gesetzliche Pflichtversicherung keine freiwillige Versicherung möglich ist (Vorversicherungszeit von 12 Monaten nicht erfüllt) extra wieder eine Aufnahmerecht zu den alten Bedingungen beschlossen. Hier gilt nicht die 3-Monatsfrist. Die Intention dürfte eindeutig gewesen sein. Jeder soll versichert sein.

Also, in verfassungskonformer Auslegung der Bestimmung, muss es dazu führen, dass Poldi wieder zu den alten Bedingungen aufgenommen wird.

Ist zumindest meine bescheidene Rechtsauffassung.

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Beitragvon poldi » 19.06.2008, 23:24

Ach ja: Wann kann eine private KV einen Antrag ablehnen (außer bei Gesundheitlichen Problemen) ?

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Beitragvon Rossi » 19.06.2008, 23:35

Nun denn, wie hat die gesetzliche KV denn die Mitgliedschaft ( bwz. deren Fehler) bestätigt.

Hast Du evtl. ne Bescheinigung bekommen und war es nur fernmündlich.

Aber dürfte ganz egal sein. Ein sog. Verwaltungsakt kann auch mündlich erteilt werden.

Eins ist schon mal klar, die Krankenkassen haben es nicht so mit den Verfahrensvorschriften.

Ups, merke schon, die Klamotte hier wird wieder total spannend. Es geht jetzt um Köddelanspitzereien und um die Verfahrensvorschriften.

Aber eins dürfte doch klar sein. So eine Klamotte wollte unser lieber Gesetzgeber definitiv nicht. Die KV macht irgendwie und irgendwo irgendwelche Zusicherungen und nachher heisst es ätsch, bätsch und der Kunde steht im Regen.

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Beitragvon Rossi » 19.06.2008, 23:43

Wie schon gepostet, man muss es wörtlich nehmen:

"Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde


Was wurde denn hier begründet. Die Tante von der KV hat es doch offensichtlich bestätigt, ergo wurde die Versicherungspflicht begründet.

Oh man, ist das spannend. Aber ich sehe gute Chancen der KV die Verfahrensvorschriften um die Ohren zu hauen.

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Beitragvon poldi » 19.06.2008, 23:51

Auf diese Spannung müchte ich verzichten (reicht scon die EM).
Was kommt für mich raus ?

Muss die gesKV den Vertrag einhalten ?

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Beitragvon dij » 20.06.2008, 00:02

poldi hat geschrieben:Auf diese Spannung müchte ich verzichten (reicht scon die EM).
Was kommt für mich raus ?
Muss die gesKV den Vertrag einhalten ?


Ich befürchte stark, über die Mitgliedschaft wird eines Tages ein Gericht entscheiden müssen. Ich würde mir auf jeden Fall einen spezialisierten Anwalt nehmen.

poldi hat geschrieben:Ach ja: Wann kann eine private KV einen Antrag ablehnen (außer bei Gesundheitlichen Problemen) ?


Im Prinzip: Wann immer sie will, es herrscht Vertragsfreiheit. Nur für den Basistarif/modifizierten Standardtarif gilt unter bestimmten Umständen ein Kontrahierungszwang.

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Beitragvon Rossi » 20.06.2008, 00:10

Nee, dij, sehe ich genau anders.

Wenn die gesetzlichen Vorschriften im Bereich des SGB V den privaten Versicherer zwingen, dann hat es nix mehr mit Vertragsfreinheit zu tun.


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