GKV nimmt mich nach Auslandaufenthalt nicht mehr auf

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

Moderatoren: Rossi, Czauderna, Frank

Mabi
Postrank1
Postrank1
Beiträge: 7
Registriert: 09.06.2007, 18:12

Beitragvon Mabi » 09.06.2007, 20:24

Hi, liebe Diskutanten,

... auch ich habe die Fragen hier kürzlich von vorn nach hinten und retour mit der BARMER zu klären versucht:
fwilke hat geschrieben:Stimmt - bitte nich Versicherungspflicht mit Pflicht zur Versicherung verwechseln!
... und ich kapiere den Unterschied zwischen "Versicherungspflicht" und Pflicht zur [freiwilligen] Versicherung" leider noch immer nicht !!

Vielleicht kann mir ja in diesem Thread endlich auf die Sprünge geholfen werden...

Ich fasse mal aus meiner Sicht zusammen, so weit ich die Sachlage kapiert habe:

Wer nichtselbständig ist und nur geringe/keine Einkünft erzielt, muss in die "Pflichtversicherung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ".
Das ergibt dann einen monatl. Beitrag um die 130,00 €. (der nicht selten über den Sozialhilfeträger oder das JobCenter an die Krankenversicherung bezahlt wird.)
Ist das soweit richtig?

Wer jedoch selbständig ist und nur geringe Einkünfte erzielt, konnte bis 01.04.07 unversichert oder freiwillig versichert sein. Neu MUSS der kleinen Selbständige sich ab 01.April nun versichern. Er zahlt dafür ab 01.04.07 (inkl. Pflegevers) als MIndesbeitrag monatlich um die 200,00 €.

Wenn er diese "freiwilligen" Pflichtbeiträge nicht bezahlen kann, pfändet die Krankenversicherung in sein Vermögen. Wenn er sozialhilfebedürfitg wird, kann die Sozialhilfe seine Beiträge übernehmen. [... dann dürfte der Selbständige vermutlich allerdings auch nicht mehr selbständig sein, sondern vor lauter Verarmung kränker denn je... ;-( ]


Alternativ kann der Selbständige mit geringen Einkünften auch ALG-II beantragen. Zur Situation unter ALG-II jedoch später.
ERst einmal so weit: stimmst das so?

Gruß!
Mabi

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 10.06.2007, 13:24

Nun denn, es gibt wesentliche Unterschiede zwischen einer freiwilligen KV und der Versicherungspflicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Für eine freiwillige KV muss man eine bestimmte Vorversicherungszeit erfüllt haben (12 Monate unmittelbar vor dem Ausscheiden oder 24 Monate in den letzten 5 Jahren). Ferner muss diese freiwillige KV innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach dem Ausscheiden beantragt werden.

Wenn man diese Voraussetzungen nicht erfüllt, dann gehört man unter Umständen zum Personenkreis der Pflichtversicherten im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Diese Versicherungspflicht ist ebenfalls von verschiedenen Voraussetzungen abhängig

§ 5 Versicherungspflicht

....

13. Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und

a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder

b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

....

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht


Grundsätzlich setzt diese Versicherungspflicht voraus, dass keine ausreichende Absicherung im Krankheitsfall (bspw. private KV mit Tarif der gesetzlichen) besteht und muss man zuletzt in der gesetzlichen KV versichert gewesen sein.

Eine weitere Personengruppe ist diejenige, die in § 5 Abs. 1 Nr. 13 b SGB V gennant ist, diese Personengruppe wird vermutlich die Minderheit darstellen.

Die meisten Fällen dürften nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V wieder in die gesetzliche KV münden.

Ist Jemand bspw. freiwillig als Selbständiger versichert, dann gehört er nicht zu diesem Personenkreis. Früher war es auch so, dass die freiwillige KV endete, wenn der Versicherte 2 Monatsbeiträge nicht gezahlt hat. Dieses ist heute nicht mehr so. Die freiwillige KV endet nicht mehr, vielmehr werden die Leistungsansprüche begrenzt; hierzu wurde § 16 Abs. 3 SGB V ergänzt.

Erhält er ALG II als Selbständiger dann gehört er auch nicht zu diesem Personenkreis, da die ALG II-Bezieher vorrangig durch § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V pflichtversichert sind. Diese Pflichtversicherung bricht die Versicherungspflicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Grundsätzlich hat der Versicherte den Beitrag selber zu zahlen. Zahlt der Pflichtversicherte den Beitrag nicht, so kann unter Umständen das Sozialamt ins Boot kommen. Hierfür wurde § 32 SGB XII ein wenig modifiziert.

Die Geschichte mit dem Pflichtversicherten ist eine unendliche Geschichte; sie ist völliges Neuland und beschäftigt die Krankenkassen und den Sozialhilfeträger heftig. Es gibt noch zahlreiche ungelegte Eier. Ergo werden noch ein paar Monate vergehen, bis sich alles eingependelt hat.

Mabi
Postrank1
Postrank1
Beiträge: 7
Registriert: 09.06.2007, 18:12

Beitragvon Mabi » 11.06.2007, 18:05

Ganze herzlichen Dank, Rossi - supergut &ausführlich erklärt! Jetzt verstehe ich den Unterschied endlich...
rossi hat geschrieben:Nun denn, es gibt wesentliche Unterschiede zwischen einer freiwilligen KV und der Versicherungspflicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V....
Für eine freiwillige KV ....
Wenn man diese Voraussetzungen nicht erfüllt, dann gehört man unter Umständen zum Personenkreis der Pflichtversicherten im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Diese Versicherungspflicht ist ebenfalls von verschiedenen Voraussetzungen abhängig.......

[b]§ 5 Versicherungspflicht
.... Eine weitere Personengruppe ist diejenige, die in § 5 Abs. 1 Nr. 13 b SGB V gennant ist, diese Personengruppe wird vermutlich die Minderheit darstellen.

Die meisten Fällen dürften nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V wieder in die gesetzliche KV münden.

Ist Jemand bspw. freiwillig als Selbständiger versichert, dann gehört er nicht zu diesem Personenkreis. Früher war es auch so, dass die freiwillige KV endete, wenn der Versicherte 2 Monatsbeiträge nicht gezahlt hat. Dieses ist heute nicht mehr so. Die freiwillige KV endet nicht mehr, vielmehr werden die Leistungsansprüche begrenzt; hierzu wurde § 16 Abs. 3 SGB V ergänzt.

Erhält er ALG II als Selbständiger dann gehört er auch nicht zu diesem Personenkreis, da die ALG II-Bezieher vorrangig durch § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V pflichtversichert sind. Diese Pflichtversicherung bricht die Versicherungspflicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Grundsätzlich hat der Versicherte den Beitrag selber zu zahlen. Zahlt der Pflichtversicherte den Beitrag nicht, so kann unter Umständen das Sozialamt ins Boot kommen. Hierfür wurde § 32 SGB XII ein wenig modifiziert.

Die Geschichte mit dem Pflichtversicherten ist eine unendliche Geschichte; sie ist völliges Neuland und beschäftigt die Krankenkassen und den Sozialhilfeträger heftig. Es gibt noch zahlreiche ungelegte Eier. Ergo werden noch ein paar Monate vergehen, bis sich alles eingependelt hat.


.... und damit hast Du sicher das Gelbe der vielen ungelegten Eier getroffen!
Denn bestimmt nicht nur ich,die ich - wie ich vermute - zu einer gar nicht mal so kleinen Minderheit gehöre, die als kleine Selbständige ALGII wegen Auftragseinbrüchen beantragen müssen [und nun ab 1. April auch nicht mehr einfach sagen können, in der allergrößten Finanzklemme mache ich es mal einige Monate ganz ohne Krankvenversicherung... zugegeben: ein dummer Notnagel schon immer], darf auf einen ALG-II-Bescheid warten u. warten u. warten. Derweil man von seiner Krankenkasse (bei der ich z.B. 35Jahre treu zahlendes Mitglied war) bereits erste Zwangsvollstreckungsdrohungen erhält.
Also habe ich wohl einfach zu warten, bis ich wg der ungelegten Eiern der Politik, der Träger usw. vollends in die Insolvenz gedrückt bin..? Na prost!

...diese ganzen "Reformen" in ihrem für auch akademisch Gebildete kaum entwirrbarem Juristen-Neu-Sprech, die einem seit ein paar Jahren Schlag auf Schlag halbausgegoren um die Ohren fliegen, sind m.E. einfach eine unglaubliche Zumutung gegenüber den Bürgern.

Aber Dir trotzdem ganz herzlichen Dank - nun blicke ich zu diesem Punkt zumindest theoretisch bestens durch!
Gruß, Mabi

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 12.06.2007, 17:11

Nun denn, ich kann Deinen Frust verstehen.

Aber warum wartest und wartest ... Du auf das ALG II. Das ALG II stellt das Existenzminimun dar. Beantrage die vorläufige Gewährung und einen entsprechenden Vorschuss von ALG II. Dieses löst auch schon eine Pflichtversicherung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V aus und somit bist Du krankenversichert.

Über diesen Antrag hat die ARGE innerhalb 1 Monats zu entscheiden. Sehe Dir mal § 40 SGB II / § 42 SGB I und § 328 SGB III an. Hier steht alles drinne.


Zurück zu „Allgemeines GKV“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 35 Gäste