Selbständiger nicht versichert - Rückkehr in GKV möglich?

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Claire
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Selbständiger nicht versichert - Rückkehr in GKV möglich?

Beitragvon Claire » 05.04.2008, 11:22

Hallo,

mein Vater hatte am Ostermontag zwei Schlaganfälle. Er kam erst in eine Spezialklinik und anschließend ins örtliche Krankenhaus. Im Augenblick wartet er auf die Reha.
Mit Schrecken mußten wir, nach Anrufen aus den Krankenhäusern, feststellen, dass er gar nicht krankenversichert ist.
Er ist 73 Jahre alt und bezieht eine Rente. Allerdings arbeitet er immer noch als Selbständiger Architekt. Die letzte Krankenversicherung war somit eine Private.
Seine Frau ist bei ihm angestellt und gesetzlich versichert.
Gibt es eventuell die Möglichkeit, wenn er seine Selbständigkeit aufgibt, ihn über seine Frau in die GKV zu bringen?
Mit der Gesundheitsreform 2007 bin ich mir da nicht so sicher.
Gibt es Voraussetzungen, die dazu außerdem noch erfüllt sein müssen?

Ich hoffe, mir kann jemand diese Frage beantworten.
Vielleicht hatte auch jemand schon einmal so eine ähnliche Situation.

Vielen Dank im Voraus
Claire

Ben
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Beitragvon Ben » 06.04.2008, 00:59

Hallo Claire.

Ein privates Versicherungsunternehmen wird deinen Vater, so hart es klingt, wohl auch nicht aufnehmen. Erstens wegen des hohen Alters und Zweitens wegen des jüngst erfolgten Schlaganfalls. Und wenn sie ihn doch aufnehmen, dann werden sie die Kostenübernahme für Leistungen, die auf den Folgen des Schlaganfalls basieren, ausschließen. Mal abgesehen, das er wegen des Alters und der Risiken sehr hoch eingestuft werden würde.

Eine freiwillige Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse ist leider auch ausgeschlossen, da man vor Antragsstellung entweder 12 Monate am Stück gesetzlich versichert gewesen sein muss, bzw. 24 Monate in den letzten 5 Jahren (Nicht zeitlich zusammenhängend)

Dein Vater kann nicht familienversichert werden, solange er selbstständig Erwerbstätig ist.

Wie alt ist die Frau deines Vaters?
Sie kann evtl. für sich eine Altersrente beantragen. Sie erfüllt ja womöglich die Vorversicherungszeiten für eine Pflichtmitgliedschaft als Rentenantragsstellerin bzw. Rentnerin. Wenn dein Vater seine Selbstständigkeit aufgibt und seiner Frau "kündigt", kann sie als Rentenantragsstellerin bzw. nach Bewilligung als Rentnerin pflichtversichert sein, und dein Vater nach § 10 SGB V familienversichert werden.

Auf jeden Fall sollte sie sich bei der Kasse, bei der sie derzeit versichert ist, erkundigen. Es besteht ja Auskunfts und Beratungspflicht.

Frank
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Beitragvon Frank » 06.04.2008, 12:13

Hallo Claire,

dein Vater ist der privaten Versicherung zuzuordnen.
Er kann sich nach Standardtarif versichern. Mehr Infos hier
viewtopic.php?t=1053

Claire
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Beitragvon Claire » 06.04.2008, 13:44

Vielen Dank erst einmal für eure Antworten Ben und Frank,

@ Frank: habe mich durch den gesamten thread gelesen. Äußerst interessant, aber auch frustrierend.
Meine ursprüngliche Idee, meinen Vater (sobald er seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hat) bei seiner Frau zu versichern, scheint nicht realisierbar zu sein, da die Rente meines Vaters über 355 € liegt und er somit nicht familienversichert werden kann.

@ Ben: Seine Frau ist erst 57 Jahre alt. Das mit der Altersrente wird, denke ich mir, daher auch nicht funktionieren. Wir müssten Ihr auf jeden Fall eine Stelle suchen.

Zum Modell von Rossi könnte ich mir für unsere Situation höchstens vorstellen, meinen Vater, sobald er aus der Reha ist und soweit wiederhergestellt ist, dass er zumindest sitzend tätig sein kann, eine Anstellung nach dem 50 Tages-Prinzip zu suchen. Mal abgesehen davon, dass ich mir meinen Vater ohne Beschäftigung gar nicht vorstellen kann.
Er ist ja geistig fit, auch nach dem Schlaganfall. Die Einschränkung ist lediglich körperlicher Art, so dass er seiner bisherigen Beschäftigung in näherer Zukunft eh nicht nachgehen kann. Bedeutet natürlich schon jetzt seine Selbständigkeit aufzugeben.
Ich gehe davon aus, dass die PKV die Kosten für die Reha, selbst wenn er jetzt aufgenommen wird, sowieso nicht zahlen wird, da es ja um Folgekosten einer vor Abschluß des Vertrags aufgetretenen Erkankung handelt.

Liebe Grüße
Claire

Rossi
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Beitragvon Rossi » 14.04.2008, 23:26

Okay, dann gibt es nur noch einen Weg.

Es ist sogar ein völlig legaler Weg.

Wenn Dein Vater noch keinen Schwerbehindertenausweis hat, dann würde ich ihm empfehlen im Schweinsgalopp einen Schwerbehindertenausweis beim nächsten Versorgungsamt zu beantragen.

Wenn er mindestens 50 % bekommt, dann hat er gewonnen und kommt wieder als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche KV rein. Aus der Rente bekommt er dann noch einen Beitragszuschuss.

Die gesetztliche Grundlage ist in § 9 SGB V zu finden:

§ 9 SGB V Freiwillige Versicherung

(1) Der Versicherung können beitreten

...

....

4. schwerbehinderte Menschen im Sinne des Neunten Buches, wenn sie, ein Elternteil, ihr Ehegatte oder ihr Lebenspartner in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre versichert waren, es sei denn, sie konnten wegen ihrer Behinderung diese Voraussetzungen nicht erfüllen; die Satzung kann das Recht zum Beitritt von einer Altersgrenze abhängig machen,

....

(2) Der Beitritt ist der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten anzuzeigen,
...

4. im Falle des Absatzes 1 Nr. 4 nach Feststellung der Behinderung nach § 68 des Neunten Buches,



Okay, hier besteht die exotische Möglichkeit die erforderliche Vorversicherungszeit über die Ehegattin - die ja gesetzlich versichert ist - abzuleiten. Also kein Problem.

Einige KV´s haben auch ein Eintrittsalter festgelegt, in der Regel zwischen 40 und 55 Jahren maximal. Aber es gibt auch schon Krankenkassen die kein Eintrittsalter mehr festgelegt haben.

Bspw. hat die Vereinigte IKK Münsterland kein Höchstalter mehr.

D. h., wenn der Papi noch kein Schwerbehindertenausweis hat und er diesen jetzt beantragt, dann wird es mit mindestens 50 % dort klappen.

Zur Fristwahrung dort die Aufnahme zur freiwilligen KV schon jetzt beantragen und die Entscheidung aussetzen lassen, bist über den SBA entschieden worden ist.

Sofern er allerdings einen SBA hat, dann geht es nicht mehr!!!!

Sonst fällt mir nichts ein.

Rossi
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Beitragvon Rossi » 14.04.2008, 23:29

Ach ja, mit der 50 Tagesregelung musst Du aufpassen.

Die Beschäftigung muss oberhalb von 50 Tagen liegen, sonst könnte der Schuß nach hinten losgehen.

Es grüsst der Rossi

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Beitragvon Rossi » 15.04.2008, 00:06

Tja und die KKH hat auch keine Altersbegrenzung.

Das gute an der Geschichte ist auch, dass der Papi ein Wahlrecht hat. Er kann sich also ne KV aussuchen, die keine Altersbegrenzung in der Satzung hat. Es geht also nicht nach der vorherigen Versicherung der Ehefrau.


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