beitragspflichtiges Einkommen bei Selbstständigen

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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domo1000
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beitragspflichtiges Einkommen bei Selbstständigen

Beitragvon domo1000 » 14.06.2009, 13:06

Ich bin freiberuflich / selbständig und freiwillig in der GKV. Meine Krankenkasse will mir jetzt (Beitragsüberprüfung) einreden, dass sich mein Beitrag nach meinen EINNAHMEN richtet und nicht nach dem EINKOMMEN / erzielten Gewinn. Es geht also darum, was das beitragspflichtige Einkommen ist.

Ein Gegenbeispiel aus meiner Sicht. (Bei mir ist es nicht ganz so extrem wie in diesem Beispiel, aber es geht ja ums Prinzip.)

Ein Handwerker verkauft (als Bsp.) von ihm hergestellte Produkte und erzielt dabei Einnahmen von 100 000 Euro im Jahr. Um diese Produkte herzustellen musste er aber Material für 80 000 Euro einkaufen. Dann kann die Krankenkasse dem Handwerker doch nicht die 100 000 Euro Einnahmen als beitragspflichtiges Einkommen anrechnen, sondern (zumindest aus meiner Sicht) nur die 20 000 Euro, die er damit an Gewinn erzielt hat. Oder stoße ich hier auf die nächste Gerechtigkeitslücke in unserem Versicherungssystem??

Frank
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Beitragvon Frank » 14.06.2009, 14:38

Hallo,

Der Beitrag wird berechnet aus

Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben

Der Gewinn ist eine andere Geschichte und eher für das Finanzamt interessant.

Möchtegernalkoholiker
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Re: beitragspflichtiges Einkommen bei Selbstständigen

Beitragvon Möchtegernalkoholiker » 27.06.2009, 11:11

domo1000 hat geschrieben: .... Ich bin freiberuflich / selbständig und freiwillig in der GKV. Meine Krankenkasse will mir jetzt (Beitragsüberprüfung) einreden, dass sich mein Beitrag nach meinen EINNAHMEN richtet und nicht nach dem EINKOMMEN / erzielten Gewinn. Es geht also darum, was das beitragspflichtige Einkommen ist.


Meine BKK hat in Ihrer Beitragssatzung folgendes stehen:

"Alle Einnahmen, die für den Lebensunterhalt eingesetzt werden bzw. eingesetzt werden könnten, unterliegen ohne steuerliche Berücksichtigung
der Beitragspflicht"

in nahezu allen Satzungen ist das § 8

Andersherum wurde bei mir der negative Gewinn zugrundegelegt und daraus die 40/100 Grenze (aus der Sonderbestimmung über Deinen und meinen Personenkreis) angewendet. Ich habe deshalb ein Klage laufen, geringfügig anders gelagert.

Ein negativer Gewinn -also Verlust- kann ja wohl kaum für den Lebensunterhalt eingesetzt werden - denke ich mir.

Die BKK sagt ja, ich sagen nein. Also lassen wir mal das SG entscheiden.
Wenn Domo 1000 noch hier ist, möge er sich noch mal melden.

freundlicher

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Beitragvon Merchandiser » 29.06.2009, 17:30

Dasselbe Problem wie Domo1000 habe ich derzeit leider auch.
Nachdem ich lange Zeit meinen Angestelltenjob neben der Selsbtändigkeit behalten habe, bin ich jetzt "nur noch" selbständig, leider obendrein auch noch Vermieterin.
Die Krankenkasse weigert sich jegliche Kosten anzuerkennen (Wohnung kostet 600 € im Monat, die Mieteinnahmen liegen bei 400 €, Einnahmen als Selbständige von -sagen wir mal- 2000 €, davon locker 500 € die direkt wieder für Materialkosten weggehen); Krankenkasse interessiert sich nur für die Plusseite.
Ich schlage mich schon was länger mit denen rum und meine -meiner Ansicht nach durchaus logischen Argumente- interessieren die so gar nicht.
Das Beispiel von Domo habe ich denen auch schon gebracht (nur nicht als Handwerkerausgaben ;))- da schalten die komplett auf stur.

Gibt es nicht vielleicht noch irgendeine andere Möglichkeit als "gleich" alles über Anwälte und Gerichte zu klären ?!

So oder so interessiert es mich natürlich auch, wie es bei Euch ausgeht.

Möchtegernalkoholiker
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Beitragvon Möchtegernalkoholiker » 30.06.2009, 13:30

Gaaaanz kurz etwas dazu:

Merchandiser hat geschrieben:
.... Gibt es nicht vielleicht noch irgendeine andere Möglichkeit als "gleich" alles über Anwälte und Gerichte zu klären ?! So oder so interessiert es mich natürlich auch, wie es bei Euch ausgeht.....


Ich habe es bei meiner BKK erst telefonisch, dann schriftlich mit beigefügten Unterlagen, dann im Widerspruchsverfahren versucht. Hoffnungslos. Das Problem wird da liegen, dass man dort nicht in der Lage ist, Einkommensteuerbescheide richtig zu interpretieren. Da wird schnell mal "Erlös" oder "Gewinn" zu "Einkommen" umdeklariert.

Weiteres Problem ist die wörtliche Umsetzung der eigenen Beitragssatzung. Da wird dann eine sinngemäße Umsetzung vorgezogen, die mit dem SGB V nicht passig ist.

Wie gesagt, das Problem liegt in der Satzung und in der dortigen Unterscheidung zwischen "Freiwillig versichert" und "Freiwillig selbständig versichert". Eine Unterscheidung wird dort nicht möglich sein, obwohl es so von der KV gesehen wird.

Gemeint sein dürfte nur eine Unterscheidung bezüglich des Nachweises des
Einkommens und eines nach oben hochpauschalierten Mindesteinkommen. Es ist nicht einzusehen, wonach ein "freiwillig Selbstständiger" mehr als solche Mittel, die er für seinen Lebensunterhalt einsetzen kann oder einsetzen könnte, verbeitragen muß. Er dürfte hier nur ebenso behandelt werden, wie der "Freiwillige", jedenfalls nicht schlechter.

Dann heisst es noch in allen mir bekannten Satzungen "... ohne steuerliche Berücksichtigung ...". Das bedeutet doch nicht, dass nur steuerliche Vorteile NICHT , steuerliche Nachteile dagegen DOCH berücksichtigt werden müssen.

Woher, frage ich mich, soll der Beitragsbearbeiter bei der KK wissen, welche Vor- oder Nachteile er unwissentlich berücksichtigt ? Lediglich mit dem vorgelegtem Einkommensteuerbescheid funktioniert das nicht, denn dieser enthält ja bekannterweise keinerlei Angaben über Abschreibungen. Weder bei "Einkommen aus Vermeitung und Verpachtung" noch bei "Gewinn aus Gewerbebetrieb". Ohne es zu wissen, wird hier durch die KV bereits ein "steuerlicher Vorteil" - die jähliche Afa- mit berücksichtigt. Die AfA kann (und wird auch meistens) ein steuerlicher Vorteil sein, es kann aber, besonders bei negativen Einkünften, auch ein Vorteil entstehen.

Weder so noch andersherum darf es berücksichtigt werden, auch wenn es meistens einen Vorteil bietet. Da die KV das aus dem Steuerbescheid nicht erkennen kann. Dazu müsste schon die GuV bzw. die Anlage VuV eingesehen werden. Wird aber nicht.

Eine AfA wird ja nicht als "Geld" irgenwohin bezahlt, sondern hat nur bilanztechnische Auswirkungen. Allein schon hier kann erkannt werden, dass es so, wie bisher gehandhabt, nicht sein darf. Eine "steuerliche AfA" steht sicher dem Beitragsplichtigen zur Verfügung, weil sie für ihn keinen tatsächlichen Aufwand bedeutet und er den entsprechenden steuerfreien Betrag für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung hat. Selbstverständlich ist nicht zu verkennen, dass es, anders herum (also für Lebensunterhalt einsetzbar) für den Versicherten ungünstig sein würde, wenn er die AfA der Beitragsberechnung unterwerfen müsste.

Entgegen der AfA, ob jetzt als Vorteil oder nicht als Vorteil, hat der Versicherte jedenfalls Aufwendungen zu tätigen, die ebenso wie die AfA nicht aus dem Einkommenssteuerbescheid ersichtlich sind. Ich denke da besonders an die Tilgungsleistung (nicht an die Zinsen) von Betriebsmittelkrediten eines Gewerbetreibenden ebenso wie an die Tilgungsleistungen eines im Privatvermögen des Versicherten stehenden Gebäudes.

Diese Tilgungsleistung darf steuerlich nicht abgesetzt werden. Trotzdem wird sie geleistet. Und gerade deswegen steht die Aufwendung NICHT für den Lebensunterhalt zur Verfügung.

Leider (oder Gott sei Dank- je nachdem) ist AfA nicht identisch mit der Tilgung. Deshalb zielen die Meinungen einiger Fachleute mit dem Konsenz "können abgeschrieben werden" in´s Leere. Hier sei noch darauf hingewiesen, dass AfA und Tilgung nur in exotischen Fällen gleiche beträge aufweisen. So z.B. ist der Kopiere nach 2 Jahren bezahlt, die AfA läuft jedoch noch lange weiter. Oder anderes Beisspiel: Tilgungsausetzung bei einem vermieteten Gebäude. Das bedeutet, Tilgung wird nicht aufgewendet, AfA läuft weiter.

Um die Angelegenheit noch zu toppen: Selbstgenutzter Wohnraum darf nicht abgeschrieben werden, weil er kein Einkommen aus VuV erbringt. Trotzdem wendet der Versicherte, eagl ob "freiwillig" oder "freiwillig selbständig" Tilgungsbeträge auf. Steuerlich erscheinen die überhaupt nicht, sie haben lediglich Auswirkungen (erhebliche Auswirkungen) auf die für den Lebensunterhalt verbleibenden Mittel des Versicherten. Also zahlt er sowieso schon mal Beiträge für etwas, was er überhaupt nicht hat.

Inwieweit sich Auswirkungen beitragsrechlicher Natur ergeben, hängt natürlich auch davon ab, welche Beitragsbemessungsgrenze gelten soll.
Es steht ja die volle Höchstgrenze (der Einfachheit wegen hier mal 3.600 €) zur Debatte oder die nachzuweisende Mindestgrenze (40/100) von 1.440 €. zur Debatte. Gerade jetzt fallen Versicherte in Massen irgendwo dazwischen und es ist ein weiteres Problem vorprogrammiert.

Zwischen 1.440 und 3.600 liegen Welten. Warum und wieso hier noch ganz kurz:

Ein "freiwilliger" muß oberhalb der Pflichgrenze liegen, sonst dürfte er nicht freiwillig versichert sein. Da kommt doch kein Mensch bisher auf den Gedanken, seine Tilgungsleistungen für die eigene Wohnung vor Verbeitragung abzuziehen, obwohl er ja für diesen Betrag keinen Beitrag zahlen muss. Steht ihm ja nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung...

Warum soll nicht auch ein "freiwilliger" geringere Mittel für den Lebensunterhalt nachweisen ?

Im Weiteren ist es nicht einzusehen, daß bei der Festsetzung der Beitragbemessungsgrenze bei einem "freiwillig Selbständigen" nicht ebenso verfahren werden darf. Auch dort muss es möglich gemacht werden, nur die Mittel (erhöht durch Afa -leider- / gemindert durch Tilgung / gemindert durch Tilgung für eigenen Wohnraum usw.) für die Festlegung der Beitragsbemessungsgrenze heranzuziehen. Erst daraus resultiert dann der Beitragssatz.

Bis hierher erstmal. Eigentlich steht es genauso, wie beschrieben, in den Satzungen. Immer den gesamten § 8 lesen und miteinander in Bezug setzen. Ausschluß bei einem der Punkte bedeutet nicht, es gilt im anderen Punkt doch wieder.

"Mittel für den Lebensunterhalt" ist das Zauberwort beim SG.

freundlicher


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