Vollstreckungsauftrag der Krankenkasse

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Cadi
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Vollstreckungsauftrag der Krankenkasse

Beitragvon Cadi » 06.12.2009, 18:46

Hallo an die Profis,
mein Sohn ist 24 Jahre alt und freiwillig bei meiner Krankenkasse versichert.
Er hat kein Einkommen und sucht momentan nach einer Lehrstelle. Er ist aber beim Arbeitsamt nicht gemeldet. Da sich bei ihm und seinem Einkommen im Vergleich zu vorigem Jahr nichts geändert hat, habe ich die Meldung über sein Einkommen zu spät eingereicht. Die Krankenkasse hat daraufhin den Beitrag auf über 500 Euro erhöht wegen fehlender Mitwirkungspflicht und will das Geld jetzt eintreiben. Was kann ich jetzt tun?

Vielen Dank für eine Antwort
Cadi

Czauderna
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Beitragvon Czauderna » 06.12.2009, 19:19

Hallo,
also wenn es zum "Eintreiben" kommt, da hat dein Sohn wahrscheinlich einiges versäumt. Er sollte schleunigst zur Kasse gehen und eine Einkommenserklärung abgeben damit er wieder in den vorherigen Stand zurückgesetzt wird - wenn alles stimmt wird dies die Kasse auch machen. und die "Zwangseinstufung wegen fehlender Mitwirkungspflicht" zurücknehmen
Du selbst kannst da nix machen, schliesslich ist er volljährig und selbstverantwortlich für sein Tun und Handeln. Du könntest höchstens die Beiträge für Ihne bezahlen aber das wäre die schlechteste aller Lösungen.
Gruß
Czauderna

Cadi
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Beitragvon Cadi » 06.12.2009, 19:43

Hallo Czauderna,

die neue Erklärung ist schon seit Oktober bei der Kasse. Daraufhin wurde ihm der Beitrag auch ab November wieder auf den alten Betrag (ca. 138 Euro) gesetzt. Aber die Berechnung für die vorherigen Monate (Juli - September) hat er noch am Hals mit dieser Vollstreckung. Hier bin ich der Meinung, daß sich ja nichts geändert hat, warum dann diese hohen Beiträge?
Kann ich da wirklich nichts machen?
Cadi

heinrich
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Beitragvon heinrich » 06.12.2009, 20:56

Hallo Cadi,

ich gehöre zu den "Bekloppten", die hier als Mitarbeiter einer Krankenkasse hier freiwillige nach Feierabend oder am Wochenende Ratsuchen g e r n e helfen.

Jedoch muss ich an dieser Stelle ganz heftig mit Dir schimpfen.

Du schreibst, dass Dein Sohn bei Deiner KK versichert ist. Falsch, denn Dein Sohne ist bei SEINER KK versichert. Er ist selbst versichert.

Wie läuft so eine Einkommensanfrage normalerweise bei Krankenkassen ab.
1. normalerweise einmal jährlich erfolgt die Einkommensanfrage
Das dürfte bei Deinem Sohn wohl im April oder Mai 2009 der Fall gewesen sein. Kurisosweise und mir völlig unverständlich antworten hier innerhalb dieser ersten gesetzten Frist NUR ca. 40-50 % aller Versicherten.

2. normalweise erfolgt dann durch die KK eine Erinnerung an die Einkommensanfrage, worin steht, dass wenn jetzt nicht innerhalb einer nochmaligen Frist geantwortet wird, der Höchstbeitrag (Beiträge aus der so genannten Beitragsbemessungsgrenze) berechnet wird.
Diese Erinnerung dürfte wohl so im Mai oder Juni 2009 erfolgt sein.
Mit dieser "Androhung" von Höchstbeiträgen gelingt es uns KK dann, dass nochmals 40-49 % antworten. Diese Versicherten werden dann nach dem tatsächlichen Einkommen eingestuft.

3. bei den ganz wenigen, die dann nicht geantworten haben, versuchen wir (ohne, dass wir dazu verpflichtet sind) auch noch anzurufen, damit die Versicherten doch bitte antworten sollen, damit sie keinen Schaden haben und nicht unnötigerweise zwangsweise in den Höchstbeitrag eingestuft werden müssen.

Danach haben wir es dann mit viel Mühe geschafft, dass von 1000 Versicherten 999 geantwortet haben.

EINER aber nicht. Das ist Dein Sohn. Der war ja rechtlich dazu verpflichtet. Oder eben moralisch Du, wenn Du Dir den Schuh anziehen willst.

Der muss dann in den Höchstbeitrag eingestuft werden. Das machen die KK nicht zum Spaß. Sie sind dazu verpflichtet.

4.
Dieses Schreiben mit dem Höchstbeitrag müsste im Juni oder Juli 2009 erfolgt sein.

Einreichung der Einkommensanfrage innerhalb eines Monats (innerhalb der Widerspruchsfrist) mit dem Vermerk: "Ich habe keine Einkünfte und werde von meinem Eltern mit Kost und Wohnung unterstützt" hätte sicherlich gereicht, um noch alles "wieder gut zu machen".

5.
Rechtlich besteht überhaupt KEIN Anspruch rückwirkend vom Höchstbeitrag (dieser müsste bei 606 EUR liegen und nicht bei 500 EUR) wegzukommen. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 5 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler des GKV-Spitzenverbandes.

6.
Da rechtlich nichts möglich ist, sollte Dein Sohn (er kann Dich ja mitnehmen) gaaaaaaaanz schnell mal mit der KK reden, wie man aus der Sache noch mit "einem blauen Auge" rauskommt. Zu diesem Gespräch sollte man auch schon mal Geld mitnehmen, damit der gute Wille erkennbar ist.

Ansonsten passieren da noch Dinge, mit denen Du noch überhaupt nicht rechnest im Rahmen der Vollstreckung. Das Ruhen von Leistungen wegen Nichtzahlung (Rückstand von mehr als 1 Monat) wird zwischenzeitlich sicherlich auch schon ausgesprochen worden sein. Oder ???


7. Was mich interessiert. Wann ist denn das Schreiben der KK über den Höchstbeitrag tatsächlich erfolgt und ab wann wirkte dann der Höchstbeitrag ??

Cadi
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Beitragvon Cadi » 06.12.2009, 21:36

Hallo Heinrich,
erstmal danke für die klare Darstellung. Mein Sohn hat im Mai das Formular zurückgeschickt, leider ohne Kopie für sich und der Brief ist ja folglich auch nicht angekommen. Ansonsten wäre ja alles prima gewesen. Danach wurde einfach im August und September der hohe Betrag (Du hast Recht: ca. 606 Euro) abgebucht.
Diese beiden Beträge habe ich im Oktober zurückbuchen lassen und die normalen Beiträge überwiesen. Gleichzeitig habe ich das Formular über das Einkommen nochmals verschickt. Daraufhin kam dann eine neue Berechnung des Beitrages, den ich bis 15.12.09 überweisen soll. So dachte ich, daß alles in Ordnung wäre. Bis jetzt die Vollstreckung kam. Ich rief gleich den Mitgliederbetreuer an. Der sagte mir, daß die Akte bereits bei der Vollstreckung sei und er nichts mehr tun könnte. Tja, was mach ich jetzt?
Cadi

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Beitragvon heinrich » 07.12.2009, 15:31

Hallo Cadi,

beantworte mir doch bitte noch meine Frage zu Punkt 7.

Welches Datum trägt der Bescheid, der den Höchstbeitrag (anscheinend ab 01.07.2009) verlangt ??

Cadi
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Beitragvon Cadi » 07.12.2009, 19:55

Hallo Heinrich,

entschuldige bitte, hab ich in der Aufregung übersehen. Das Schreiben ist datiert mit 16.07.09 und der Betrag gilt ab (Du bist Hellseher) 01.07.09. Da steht auch drin, daß weiterhin abgebucht wird. Eine Rechtsbehelfsbelehrung steht ganz unten - Frist: 1 Monat nach Bekanntgabe ...
Bis ganz unten hat mein Sohn wahrscheinlich gar nicht gelesen - hat gesehen, wird abgebucht - alles ok. Bis ich dann die Kontoabbuchungen bemerkt habe. Hast Du vielleicht einen brauchbaren Rat oder muß ich wirklich in den sauren Apfel beissen?

Cadi

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Beitragvon heinrich » 07.12.2009, 20:19

hallo cadi,

gib mir über PN mal Deine Telefonnummer.

Dann ruf ich Dich mal an.

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Beitragvon Rossi » 07.12.2009, 21:53

Nun denn, Heinrich, Du solltest uns hier nicht im dunkelen lassen!?!

Aber mein Riechkolben geht schon in eine gewisse Richtung.


Bei dem Beitragsbescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. D. h., Cadi hat irgendwann vor dem 01.07.2009 einen Bescheid erhalten, wonach er bspw. 140,00 Euronen löhnen muss. Aufgrund der Aufforderung der Kasse hat er nicht seine Hose runtergelassen und neue Angaben zum Einkommen gemacht.

Jetzt kommt die Kasse mit den einheitlichen Grundsätzen des Spitzbubenverbandes um die Ecken und sagt: "Du hast keine Angaben gemacht, deswegen zahlt Du jetzt den Höchstbeitrag".

Es handelt sich hierbei um eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen. D.h., der alte Beitragsbescheid muss unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X aufgehoben werden und ein neuer Bescheid muss her.

Und dann geht es nämlich los.

Ich kann den alten Bescheid grundsätzlich nur für die Zukunft aufheben und in dieser Konstellationen niemals rückwirkend. Zukunft bedeutet hier, am 15.07.2009 geht es erst ab dem 01.08.2009 und nicht rückwirkend ab dem 01.07.2009.

Einige Kassen sind hier creativ und innovativ und behaupten: der Beitrag für Juli 2009 ist erst am 15.08.2009 fällig, von daher kann man bis zum 15.08.2009 ab dem 01.07.2009 aufheben.

Als ich jenes zum ersten mal gehört habe, bin ich erneut rückwärts vom Stuhl gefallen.

Meine bescheidene Auffassung, am 15.07.2009 geht es erst ab dem 01.08.2009 und nicht vorher.

Ferner sollte man sich den Beitragsbescheid ganz genau unter die Lupe nehmen. Dort sollte nämlich explizit drinnestehen, dass der alte Bescheid vom XX.XX.XXXX aufgehoben wird.

Meistens fehlt dieser Zusatz.

Und wenn dieser Zusatz fehlt, dann haben wir mit mal 2 Beitragsbescheide in der Welt, einen mit 140,00 Euro und eine mit 650,000 Euro.

Gretchenfrage, welcher gilt denn jetzt?

Auf solche Klamotten reiten die Sozialrichter im einem Verfahren so etwas von gerne herum.

Jenes sind die Erfahrungen, die die Sozialhilfeträger schon vor über 10 Jahren gemacht haben. Ich bezeichne diese Phase, als Babyjahre der Sozialhilfeträger.

Czauderna
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Beitragvon Czauderna » 07.12.2009, 22:41

Hallo,
und wieder etwas zum Thema Theorie und Praxis - wir haben (bislang jedenfalls) es immer so gehalten - wenn uns der Betreffende nachweisen konnt dass er eben nur ein bestimmtes Einkommen hatte, dann haben wir das rückwirkend wieder geändert. Natürlich war das immer mit dem Hinweis versehen, dass das nur einmal geht und das hat jedesmal gefruchtet.
Wir bekamen unsere Einkommenserklärungen künftig immer sofort.
Auch hier gilt - das muss nicht allgemeingültig sein.
Gruß
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 07.12.2009, 23:25

Eben Günni,

Theorie und Praxis gehen auseinander!

Es gibt Kassen, die auf den Wortlaut der einheitlichen Grundsätze des Spitzbubenverbandes von A - Z herumreiten, aber selber nicht die Verfahrensvorschriften einhalten.

Nur mal so ein kleiner Joke.

Es gab schon Fälle, wo die Kunden offensichtlich Sozialhilfe bekamen und den Berechnungsbogen nicht eingereicht haben.

Die Kanone wurde aus dem Schoppen geholt und es wurde geschossen mit dem Höchstbeitrag, weil der Kunde den Sozialhilfeberechnungsbogen nicht eingereicht hat.

Es kam dann zum sozialgerichtlichen Verfahren. Die Richter haben den Kassen, Du, Du gesagt, so geht das nicht. Wenn offensichtlich Sozialhilfebedürftigkeit vorliegt, dann muss die Kanone im Schoppen bleiben.

Cadi
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Beitragvon Cadi » 09.12.2009, 20:47

Hallo zusammen,

wenn ich mir das so durchlese, was geschrieben wird, ist mein Hoffnungsschimmer schon fast abgetaucht. Einen Brief der Krankenkasse als "Bescheid" zu erkennen, ist für einen Laien nicht drin. Es heißt in der Betreffzeile "Ihr Beitrag ab ..... + Versicherungsnummer .... + Freundliche Grüße" oder "Beitragsrückstand + Versichertennummer ... + freundliche Grüße" oder "Das Ruhen der Leistungen ... + Versichertennummer ... + Freundliche Grüße" oder "Zur Vorlage beim Team Beitragsrückstand + Versichertennummer. Was sollte ich eigentlich damit? Nirgends ein Hinweis, daß dies oder jenes ein "Bescheid" oder ein Verwaltungsakt wäre. Nirgends erscheint eine Rechtsbehelfsbelehrung außer in dem Schreiben vom 16.07.09. Das hat den Betreff "Ihr Beitrag ab 01.07.09 + Versichertennummer. Und ganz unten unter der Unterschrift ohne Leerzeile steht die Rechtsbehelfsbelehrung.

Nichtsdestotrotz muß eine Lösung her, bevor mich der Kuckuck besucht. Ich habe von einem § 44 SGB gelesen "Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts" - vielleicht komme ich damit weiter.

Danke für eine Rückmeldung.

Cadi


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