Von der Privatversicherung in die Verschuldung

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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CybernooN
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Von der Privatversicherung in die Verschuldung

Beitragvon CybernooN » 20.04.2010, 19:08

Hallo liebe Gemeinde,

es geht um eine Bekannte von mir. Sie ist hat eine PKV seit ca. einem Jahr. Davor war sie nicht versichert. Jetzt bekommt sie Hartz IV, also den Regelsatz und 70€ Zuschuss zur Krankenversicherung. Die PKV kostet im Monat 230€ welche Sie nicht bezahlen kann. Sie muss regelmässig zum Arzt gehen weil sie chronisch krank ist. Sie kann natürlich die PKV nicht zahlen und die Ärzte auch nicht. Die Medikamente und Arztrechnungen die sie teilweise zahlt gibt es von PKV wegen Schulden nicht zurück.

Gibt es eventuell wie sie da raus kommen kann? Man kann doch nicht eine Frau einfach so hängen lassen und auf sich selbst stellen.

Ich bin über jede Hilfe dankbar.

Chris

Lord Dragon
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Beitragvon Lord Dragon » 20.04.2010, 20:13

Deine Bekannte sollte in Basistarif der PKV wechseln. Dann Halbierung des Beitrages wegen ALG II bei PKV beantragen. Und dann kann Sie bei ARGE beantragen, dass die Beiträge für PKV komplett übernommen werden.

CybernooN
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Beitragvon CybernooN » 20.04.2010, 20:38

vielen dank für die schnelle antwort.
soviel wie ich verstanden habe ist der basistarif ca. 50€ teurer als das was sie jetzt bezahlt.
die 2. problematik ist, dass sie ca. 2000€ schulden hat bei der jetzigen PKV. und jede rechnung die sie einreicht wird einfach mal nicht ausgezahlt und mit den schulden verrechnet. desweiteren ist es nicht möglich für einen hartz IV empfänger die hohen arztrechnungen vorzuschiessen.

Dipling
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Beitragvon Dipling » 20.04.2010, 21:12

Für akute Erkrankungen bzw. Notfälle und Schmerzzustände haftet die PKV stets und darf in diesen Fällen auch keine Verrechnung mit Rückständen vornehmen.
Da Hilfsbedürftigkeit nach SGB II besteht, ist die PKV sogar zur vollen Leistung verpflichtet.

"Beitragsverzug

Ist der Versicherungsnehmer mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand und begleicht er seinen Rückstand trotz Mahnung des Versicherers nicht, ruhen die Leistungen des Versicherers. Während der Ruhenszeit haftet der Versicherer ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind (§ 193 Abs. 6 VVG). Dies entspricht der Regelung nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz.

Die versicherte Person hat demzufolge (mit Ausnahme von Schwangerschaft und Geburt) nur Anspruch auf die Erstattung von Kosten für die Behandlung akuter Erkrankungen oder von Schmerzzuständen.
Das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Sozialrechts wird. Die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Berechtigten vom zuständigen Träger zu bescheinigen und dem Versicherer nachzuweisen. "

Siehe z.B.
http://www.pkv.de/positionen/gesundheit ... sicherung/

Gesetzliche Grundlage § 193(6) VVG:
"(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Ist der Rückstand zwei Wochen nach Zugang der Mahnung noch höher als der Prämienanteil für einen Monat, stellt der Versicherer das Ruhen der Leistungen fest. Das Ruhen tritt drei Tage nach Zugang dieser Mitteilung beim Versicherungsnehmer ein. Voraussetzung ist, dass der Versicherungsnehmer in der Mahnung nach Satz 1 auf diese Folge hingewiesen worden ist. Das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinn des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Berechtigten vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen. Während der Ruhenszeit haftet der Versicherer ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Angaben zum Ruhen des Anspruchs kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Abs. 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken. Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer für jeden angefangenen Monat des Rückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag von 1 vom Hundert des Beitragsrückstandes zu entrichten. Sind die ausstehenden Beitragsanteile, Säumniszuschläge und Beitreibungskosten nicht innerhalb eines Jahres nach Beginn des Ruhens vollständig bezahlt, so wird die Versicherung im Basistarif fortgesetzt. Satz 6 bleibt unberührt."

Also: Den Versicherer auf §193(6) VVG hinweisen und die Hilfsbedürftigkeit nach SGB II nachweisen. Außerdem bei der Arge die Übernahme des vollen Beitrags beantragen. Tut die Arge dies nicht, bleibt nur der Klageweg.

Rossi
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Beitragvon Rossi » 20.04.2010, 22:12

Öhm niedlich, dass noch einige PKVén die Leistungen nicht den Rückständen aufrechnen. Dieses Thema hatten wir doch schon Mitte 2009!

Der PKV-Verband hat hierzu eine eindeutige Empfehlung ausgesprochen, dass eine Verrechnung des Beitragsrückstands nicht den Leistungen nicht möglich ist. Dabei ist es ganz egal, ob man in dem berücktigten Basistarif oder in einem Normaltarif ist.

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Beitragvon Czauderna » 20.04.2010, 22:19

Rossi hat geschrieben:Öhm niedlich, dass noch einige PKVén die Leistungen nicht den Rückständen aufrechnen. Dieses Thema hatten wir doch schon Mitte 2009!

Der PKV-Verband hat hierzu eine eindeutige Empfehlung ausgesprochen, dass eine Verrechnung des Beitragsrückstands nicht den Leistungen nicht möglich ist. Dabei ist es ganz egal, ob man in dem berücktigten Basistarif oder in einem Normaltarif ist.


Hallo Rossi,
ich habe gehört, wie gesagt nur gehört, und auch ausnahmsweise nicht von uns, das eine GKV-Kasse bei einer rückwirkenden Herstellung einer Mitgliedschaft und dem daraus resultierendem Beitragsrückstand die bislang angefallenen Leistungen (Privatrechnungen) zu 100% mit dem Beitragsrückstand verrechnet hat - was sagt der Fachmann dazu ?
Gruß
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 20.04.2010, 23:04

Okay Günni,

die Frage habe ich mir auch schon gestellt.

Die Fälle kommen ja auch in der Praxis wohl vor.

Jemand wird von der Kralle erwischt (kraft Gesetz), bekommt nen fetten Nachzahlungsbescheid.

Er ist aber de facto in der GKV rückwirkend versichert; jenes ist der kleine feine Unterscheid gegenüber der PKV.

Damit hat der Krallenkunde auch einen Leistungsanspruch. Und dann geht es los. Im Bereich der GKV hat man grundsätzlich nur einen Sachleistungsanspruch und nur in Ausnahmefällen einen Anspruch auf Geldleistungen. Aber wie der Krallenkunde überhaupt zu stellen, gilt für ihn jetzt auch der Sachleistungsanspruch, oder kann er Geldleistungen verlangen?

Die Gretchenfrage kann wohl derzeit noch keiner beantworten, weil es hierzu noch gar keine Rechtsprechung gibt.

Aber eins ist für mich schon mal klar. Im Bereich der PKV haben wir ähnliche Sachverhalte. Da hat die PKV auch versucht Beitragsrückstände mit den Leistungsansprüchen zu verrechnen. Der PKV-Verband hat schon eingelenkt; es gibt hierzu auch schon teilweise Aussagen in LSG-Entscheidungen, dass dies nicht möglich ist.

Ich persönlich würde diese Aussagen im Bereich der PKV zur GKV übertragen und sagen, so einfach ist das nicht, was die GKV dort macht.

Es widerläuft dann den eigentlichen Grundsätzen des GKV-WSG!

Aber die Theorie geht hier mit der Praxis auseinander!

Lord Dragon
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Beitragvon Lord Dragon » 20.04.2010, 23:05

CybernooN hat geschrieben:vielen dank für die schnelle antwort.
soviel wie ich verstanden habe ist der basistarif ca. 50€ teurer als das was sie jetzt bezahlt.
die 2. problematik ist, dass sie ca. 2000€ schulden hat bei der jetzigen PKV. und jede rechnung die sie einreicht wird einfach mal nicht ausgezahlt und mit den schulden verrechnet. desweiteren ist es nicht möglich für einen hartz IV empfänger die hohen arztrechnungen vorzuschiessen.

Basistarif ist teuerer, aber es gibt einige Gerichtsurteile, dass ARGE kompletten Beitrag für Basistarif übernehmen muss. Für normale Tarife aber nicht. Das bedeutet, dass ARGE dann schon Mal kompletten Beitrag für PKV übernimmt. Ihre Bekannte muss dann aus dem Regelsatz wenigstens keine Beiträge mehr zahlen.

Rossi
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Beitragvon Rossi » 20.04.2010, 23:10

Basistarif ist teuerer, aber es gibt einige Gerichtsurteile, dass ARGE kompletten Beitrag für Basistarif übernehmen muss.



Sorry, Lord Dragon, mit dieser Begründung kannst Du dir besser ne Frikadelle an Knie kloppen, sie wird nicht ziehen.

Es kommt leider im Einzelfall immer darauf an, in welchem Bundesland man wohnt und wie die dort zuständige Kammer oder Senat des SG oder LSG´s es sieht. Selbst in den jeweiligen Bundesländer gibt es unterschiedliche Rechtspositionen!


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