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Krankenversicherungspflicht für EU-Bürger

Verfasst: 05.07.2010, 22:33
von andreuccio777
Hallo,

ich bin ein (zurzeit leider noch) nicht erwerbstätiger EU-Bürger und bin in Deutschland seit dem 1.11.2005 behördlich gemeldet.

Da ich mich wegen des Studiums im Heimatland und der daran anschließenden Promotion nicht ständig in Deutschland aufgehalten habe, bin ich bis jetzt in Notfällen mit der Europäischen Krankenversicherungskarte (trotz Anfangs- und Sprachschwierigkeiten) einigermaßen gut zurechtgekommen.

Vor kurzem habe ich aber über einen Freund erfahren, dass seit dem 1.1.2009 jede Person mit Wohnsitz in Deutschland verpflichtet ist, eine Krankenversicherung bei einem in Deutschland zugelassenen Versicherungsunternehmen abzuschließen.

Diesbezüglich hätte ich folgende Fragen:

1) bin auch ich jetzt verpflichtet, mich bei der AOK oder einer privaten Krankenkasse "freiwillig" zu versichern?

2) wenn ja, muss ich rückwirkend auch die Beitragssätze bzw. Prämien vom 1.1.2009 bis heute nachzahlen?

3) was passiert, wenn ich mich bei einer deutschen Krankenkasse nicht anmelde?

4) wie hoch wäre der Monatsbeitrag für einen Nichterwerbstätigen?

5) da meine Lebensgefährtin – mit der ich in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe – deutsch, erwerbstätig und gesetzlich krankenversichert ist, gäbe es außer der Eheschließung eine andere Möglichkeit, mich über sie krankenversichern zu lassen?

6) da ich ab dem 1.11.2010 die nach dem § 4a des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern erforderlichen Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht erfülle und da laut § 4 dieses Recht mit einem ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichenden Existenzmitteln unabdingbar verbunden ist, könnte es sein, dass am 2. November jemand bei mir an die Tür klopft und von Amts wegen entsprechende Nachweise verlangt?

7) könnten mir dabei eventuell das Sozialamt oder die Arbeitsagentur weiterhelfen oder mich irgendwie unterstützen?


Vielen herzlichen Dank im Voraus für Eure Antworten.

Andreuccio

Verfasst: 05.07.2010, 22:52
von Rossi
Okay, zunächst Verständnisfragem.

Da ich mich wegen des Studiums im Heimatland und der daran anschließenden Promotion nicht ständig in Deutschland aufgehalten habe, bin ich bis jetzt in Notfällen mit der Europäischen Krankenversicherungskarte (trotz Anfangs- und Sprachschwierigkeiten) einigermaßen gut zurechtgekommen.


Du bist also noch in Polen versichert und nutzt die polnische Versichertenkarte hier in Deutschland, richtig?

Wie lange kannst Du die polnische Versichertenkarte noch nutzen, bzw. von welchen Voraussetzungen ist diese abhängig?

Bist Du vielleicht in den letzten Jahren für bspw. nur 1 Tag (Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt) in der deutschen Kv. versichert gewesen?

Verfasst: 06.07.2010, 09:40
von andreuccio777
Hallo Rossi und vielen Dank für Deine blitzschnelle Rückmeldung!

Nun zu Deinen Fragen:

1) Ich bin Italiener und in Italien versichert.

2) Meine italienische Versicherungskarte wird in Deutschland nicht akzeptiert.

3) Ich bin in Deutschland noch nie gesetzlich krankenversichert gewesen.

Bis bald

Andreuccio

Verfasst: 06.07.2010, 17:56
von Rossi
Okay, dann kannst Du dir normalerweise eine x-beliebige Krankenkasse in Deutschland aussuchen und denen mitteilen, dass Du in Italien noch versichert bist. Du bittest die deutsche Kasse um Betreuung für die italienische Kasse. Dafür müssen bestimmte E-Formulare zwischen der deutschen und italienischen Kasse ausgetauscht werden.

Nach dem Austausch der E-Formulare solltest Du eine normale deutsche Versichertenkarte bekommen, und dann sollte es funtzen!

Verfasst: 07.07.2010, 00:35
von andreuccio777
Danke für den Tipp!

Da das Formular E-128 am 31.05.2004 aufgehoben wurde und das Formular E-111 ab dem 1.1.2006 durch die Europäische Krankenversicherungskarte ersetzt wurde, könntest Du mir bitte sagen, welche E-Formulare für mich (Nichterwerbstätigen) in Frage kämen?

Hier hast Du eine Übersicht:

http://www.krankenkassen.de/ausland/E-F ... ebersicht/

Verfasst: 07.07.2010, 04:54
von RHW
Hallo,
welche Versicherung besteht denn aktuell in Italien?
Eine eigene Versicherung mit Beitragszahlung? Wonach richtet sich ggf. die Höhe der Beiträge? Oder eine Familienversicherung über die Eltern (ggf. Alters- und Einkommensgrenzen beachten!)?
Wird eine (Hinterbliebenen-)Rente bezogen (oder wurde sie beantragt)?

Je nach Personenkreis gelten unterschiedliche Vordrucke.

Gruß
RHW

Verfasst: 07.07.2010, 10:21
von andreuccio777
Hallo RHW,

Italien hat eigentlich einen nationalen öffentlichen Gesundheitsdienst, der aus Steuermitteln finanziert ist.

Als Nichterwerbstätiger zahle ich also (noch) keine eigenen Beiträge, und beziehe außerdem auch keinerlei Rente.

Vielen Dank für Dein Engagement!

Andreuccio

Verfasst: 07.07.2010, 18:39
von RHW
Hallo,
ich bin nicht ganz sicher, vermute aber, dass man einen E106 aus Italien braucht (sonst besser nochmal bei einer deutschen Krankenkasse erkundigen).
http://www.eu-info.de/sozialversicherun ... Formulare/

Es kann passieren, dass in Italien dieser Schein (oder der passendere) nicht ausgestellt wird, da keine Leistungsansprüche in Italien mehr bestehen. Dann wird aufgrund des deutschen Wohnsitzes eine Krankenversicherung in Deutschland erforderlich (ggf. auch rückwirkend). Der Beitrag beträgt 140 Euro monatlich. Das Ende des italienischen Leistungsanspruchs wird mit dem E104 bescheinigt.

Am besten eine deutsche Krankenkasse aussuchen, die sich um die E106 kümmern soll. Falls das wegen des weggefallenen Leistungsanspruchs nicht klappt, wird diese Kasse wahrscheinlich auch die deutsche Versicherung durchführen.

Gruß
RHW

Verfasst: 07.07.2010, 23:01
von andreuccio777
Hallo,

ich werde mich also bei einer deutschen Krankenkasse näher erkundigen.

Ich hoffe sehr, dass ich mir damit nicht ins eigene Fleisch schneide…

Auf jeden Fall: vielen Dank für Eure Ratschläge!

Andreuccio

Verfasst: 07.07.2010, 23:35
von Rossi
Nun, ich denke, man muss hier unterscheiden!

Wenn der Poster aus der italienischen Versicherung ausscheidet, dann kann er sich leider nicht freiwillig in der deutschen GKV versichern. Denn dies ist nur möglich, wenn der Poster zuvor mindestens 1 Tag im deutschen System versichert war. Nur in dieser Konstellation (min. 1 Tag deutsche GKV) wird die Vorversicherungszeit in einem EU-Land berücksichtigt. Dies ist hier nicht der Fall.

Sooh, und nun kommen wir zu der Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Deutschland. Jeder soll ja abgesichert sein.

Die sog. Kralle wird hier leider auch nicht ausgelöst. Zwar war der Poster zuletzt gesetzlich versichert - weil die italienische geseztliche Versicherung einer gesetzlichen Versicherung in Deutschland gleichzustellen ist - aber dann kommen noch die Einschränkungen von § 5 Abs. 11 SGB V ins Boot.

Danach schnappt die Kralle bei den EU-Bürgern nicht zu, wenn das Recht zum Aufenthalt als EU-Bürger nicht von einer Krankenversicherung im Sinne von § 4 FreizügG abhängig ist.

Der Poster hast es doch schon geschrieben, er genießt nur dann ein Recht auf Freizügigkeit, wenn er ne Krankenversicherung nachweisen kann. Jenes kann er leider nicht, somit greift die Kralle auch nicht!

Verfasst: 07.07.2010, 23:38
von Rossi
Will heißen, keine Versicherungspflicht in der GKV!

Dann aber Versicherungspflicht in der PKV und die PKV muss zumindest den Basistarif anbieten. Aber der kostet unter Umständen incl. Pv. schlappe 650,00 Euronen im Monat.

Verfasst: 09.07.2010, 10:36
von andreuccio777
Noch einmal vielen Dank für Eure kompetenten Ratschläge!

Andreuccio