Familienversicherung und Kapitaleinkünfte

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Winston
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Familienversicherung und Kapitaleinkünfte

Beitragvon Winston » 27.07.2010, 21:49

Hallo,

habe gerade dieses hervorragende Forum entdeckt und nachdem ich per Suchfunktion nicht fündig geworden bin, will ich auch gleich mal eine Frage loswerden.

Bin freiwilliges GKV Mitglied und meine Frau ist per Familienversicherung mitversichert. Aus freiberuflicher/künstlerischer Tätigkeit hatte sie bislang monatl. Einkünfte von unter 365€, lag also unter der Einkommensgrenze.

Aufgrund einer Erbschaft werden für sie in Zukunft einige Kapitalerträge dazukommen. Diese lassen sich naturgemäß nicht genau vorhersagen, dürften jedoch jährlich im unteren bis mittleren fünfstelligen Bereich liegen (Zinsen, Dividenden, Wertsteigerung von Aktien).

Soweit ich die Angelegenheit verstehe, kann sie nicht in der Familienversicherung bleiben. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, welchen Tarif sie jetzt wählen muss und welche Kosten auf uns zukommen. Gibt es hier Gestaltungs-/Verhandlungsspielräume?

Ebenfalls unklar ist mir das Prozedere für den Nachweis der Kapitaleinkünfte gegenüber der KK. Seit Einführung der Abgeltungssteuer werden Kapitaleinkünfte bekanntlich nicht mehr im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen. Muss man jetzt einmal im Jahr mit sämtlichen Bankbelegen zur KK rennen?

Für Aufklärung bin ich sehr dankbar, da ich meine KK erst ansprechen möchte, wenn die Sachlage etwas klarer ist.

Viele Grüße
Winston

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Beitragvon Winston » 28.07.2010, 10:31

Muss noch eine Korrektur hinzufügen:

Bin Angestellter und zahle den Höchstbeitrag, da ich über der Beitragsbemessungsgrenze liege. Wenn ich die Definitionen richtig verstehe, bin ich also pflichtversichert und nicht wie oben geschrieben freiwillig versichert.

Winston
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Beitragvon Winston » 28.07.2010, 11:52

Will einmal versuchen, meine eigene Frage zu beantworten:

1. Meine Frau müßte sich zukünftig freiwillig krankenversichern
2. Auch das bisher freigestellte freiberufliche Einkommen wird beitragspflichtig
3. Pflegeversicherung fällt ebenfalls an

Rechenbeispiel:

Bislang wg. Familienversicherung freigestelltes Einkommen: 4380,00€ p.a.
Kapitalerträge: 20.000,00€ p.a.

Beitrag GKV 15%
Beitrag Pflegeversicherung 2%
Zinsabschlagssteuer + Soli + Kirchensteuer 28,48%

Das würde dann also einen Beitrag zur Sozialversicherung von 4145,00€ im Jahr bzw. 345,00€ im Monat bedeuten. Und von den Kapitalerträgen würden umgerechnet 49% vom Staat und Sozialversicherungsträgern kassiert.

Bin ehrlich gesagt einigermaßen erschüttert über diese Zahlen. Ist die Berechnung so richtig?

Kann man diesem Damoklesschwert irgendwie entgehen? Wie wäre es, wenn meine Frau ihr Vermögen an mich verschenkt, um in der Familienversicherung zu bleiben? Oder wenn sie einen beitragspflichtigen Job annimmt?

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Beitragvon Czauderna » 28.07.2010, 18:34

Winston hat geschrieben:Will einmal versuchen, meine eigene Frage zu beantworten:

1. Meine Frau müßte sich zukünftig freiwillig krankenversichern
2. Auch das bisher freigestellte freiberufliche Einkommen wird beitragspflichtig
3. Pflegeversicherung fällt ebenfalls an

Rechenbeispiel:

Bislang wg. Familienversicherung freigestelltes Einkommen: 4380,00€ p.a.
Kapitalerträge: 20.000,00€ p.a.

Beitrag GKV 15%
Beitrag Pflegeversicherung 2%
Zinsabschlagssteuer + Soli + Kirchensteuer 28,48%

Das würde dann also einen Beitrag zur Sozialversicherung von 4145,00€ im Jahr bzw. 345,00€ im Monat bedeuten. Und von den Kapitalerträgen würden umgerechnet 49% vom Staat und Sozialversicherungsträgern kassiert.

Bin ehrlich gesagt einigermaßen erschüttert über diese Zahlen. Ist die Berechnung so richtig?

Kann man diesem Damoklesschwert irgendwie entgehen? Wie wäre es, wenn meine Frau ihr Vermögen an mich verschenkt, um in der Familienversicherung zu bleiben? Oder wenn sie einen beitragspflichtigen Job annimmt?


Hallo,

richtig, die Schlussfolgerung - entweder dem Ehemann schenken oder
aufgrund einer Beschäftigung krankenversicherungspflichtig werden.
Sie schreiben von Einkünften aus künstlerischer Tätigkeit - lassen Sie , bzw. Ihre Ehefrau, sich doch von Ihrer Krankenkasse mal zur Künstlersozialversicherung beraten.
Gruss
Czauderna

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Beitragvon heinrich » 28.07.2010, 19:34

bei Zinsen im unteren bis mittleren 5stelligen Bereich,
also 10.000 und 2 % Zinsen macht ein Erbschaft von 500.000 EUR.

Du selbst mit Einnahmen oberhalb BBG, wo das Einkommen oberhalb der BBG ja schon beitragsfrei ist.

Auf Bedauern wirst Du jetzt hier bei den Profi´s nicht stoßen.

Der Beitragssatz ist übrigens 14,3 % zur Krankenversicherung

zur Pflege 2,2 bzw 1,95 wenn Kinder vorhanden sind.

Czaudera hat es schon gut beantwortet.

Was noch möglich wäre= privat versichern, da spielt das Einkommen keine Rolle.

Winston
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Beitragvon Winston » 28.07.2010, 22:18

Vielen Dank für Eure Meinungen. Dann liege ich ja gar nicht so falsch.

Übrigends finde ich nicht, dass das sooo viel Geld ist, wenn man bedenkt, dass wir beide bislang eine recht wechselhafte Erwerbsbiographie hinter uns haben und das Geld im Rentenalter dringend brauchen werden. Wenn man so einen Betrag auf eine Rentendauer von 20-30 Jahre umlegt, dann reicht es so gerade um vernünftig zu leben. Porsche und Kreuzfahrt werden dabei nicht drin sein.

Damit unser kleines Vermögen nicht völlig von Inflation, Steuern und GKV Beiträgen aufgefressen wird, werden wir wohl nicht umhin kommen, uns etwas zu überlegen...

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Beitragvon Winston » 28.07.2010, 22:55

Mir kommt gerade eine Idee:

Wie verhält es sich, wenn man das Vermögen so anlegt, dass aktuell keine Kapitalerträge anfallen, sondern erst zum Zeitpunkt des Verkaufes? Weit verbreitet sind z.B. thesaurierende Aktienfonds, bei denen die Dividenden angesammelt statt ausgezahlt werden und die erst bei Verkauf besteuert werden.

Wäre das nicht eine einfache und rechtlich korrekte Möglichkeit, um das Vermögen von Familienmitgliedern unschädlich für die Familienversicherung anzulegen?

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Beitragvon Vergil09owl » 29.07.2010, 09:27

Akttuell ja, mittelfristig nein, und was die KK an Informatioen braucht wird sie bekommen.

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Beitragvon Winston » 29.07.2010, 10:31

Vergil09owl hat geschrieben:Akttuell ja, mittelfristig nein,


Ist das eine reine Mutmaßung oder gibt es Fakten, die diese Theorie belegen? Dies würde ja bedeuten, dass Krankenkassen und Finanzämter den Begriff Kapitalerträge unterschiedlich definieren.

Wundern würde es mich nicht, wenn unsere Gesetzgeber mal wieder den kompliziertesten Weg wählen und wir zukünftig zwei Einkommenssteuererklärungen abgeben dürfen: eine für das Finanzamt und eine für die Krankenkassen.

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Beitragvon Czauderna » 29.07.2010, 11:08

Winston hat geschrieben:
Vergil09owl hat geschrieben:Akttuell ja, mittelfristig nein,


Ist das eine reine Mutmaßung oder gibt es Fakten, die diese Theorie belegen? Dies würde ja bedeuten, dass Krankenkassen und Finanzämter den Begriff Kapitalerträge unterschiedlich definieren.

Wundern würde es mich nicht, wenn unsere Gesetzgeber mal wieder den kompliziertesten Weg wählen und wir zukünftig zwei Einkommenssteuererklärungen abgeben dürfen: eine für das Finanzamt und eine für die Krankenkassen.


Hallo,
solange die Einnahmen nicht geflossen sind kölnnen Sie auch nicht zur Beitragsberechnung herangezogen werden. Hier wird von einer einmaligen Zahlung der Kaiptalerträge geschrieben ?? -
dazu habe ich in Beitragsbemessungsgrundlagen (gültig für alle gesetzlichen Krankenkassen) folgendes gefunden :

"Einmalige beitragspflichtige Einnahmen sind ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt
ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit
einem Zwölftel des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Dies
gilt abweichend von § 23a SGB IV auch für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt
aus einer Beschäftigung. Einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im
Voraus zu erwarten sind, sind vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen
Beitragsmonat mit einem Zwölftel des Betrags für zwölf Monate zuzuordnen.
Abweichende Regelungen in den Absätzen 4 bis 6 bleiben unberührt.§

Gruss
Czauderna

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Beitragvon Winston » 29.07.2010, 12:45

Czauderna hat geschrieben:
Winston hat geschrieben:
dazu habe ich in Beitragsbemessungsgrundlagen (gültig für alle gesetzlichen Krankenkassen) folgendes gefunden :

"Einmalige beitragspflichtige Einnahmen sind ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt
ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit
einem Zwölftel des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Dies
gilt abweichend von § 23a SGB IV auch für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt
aus einer Beschäftigung. Einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im
Voraus zu erwarten sind, sind vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen
Beitragsmonat mit einem Zwölftel des Betrags für zwölf Monate zuzuordnen.
Abweichende Regelungen in den Absätzen 4 bis 6 bleiben unberührt.§

Gruss
Czauderna


Vielen Dank! Für mich als juristischen Laien liest sich das so, als würde meine oben genannte Idee mit thesaurierenden Fonds funktionieren.

Solange man einen solchen Fonds nur im Depot liegen hat, fallen keine Erträge an und die Familienversicherung ist nicht gefährdet. Erst im Jahr des Verkaufs entstehen Erträge und werden dann zu 1/12 dem monatlichen beitragspflichtigen Einkommen zugerechnet.

Frage mich nur, ob man das jetzt einfach ohne viele Worte so machen sollte oder ob man besser offiziell bei der KV anfragt, um sich die Unbedenklichkeit bestätigen zu lassen?

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Beitragvon heinrich » 29.07.2010, 19:58

die Antwort war ein beitragsrechtliche Antwort.


hier geht es aber erst einmal um eine leistungsrechtliche Antwort
§ 10 SGB V ist hier die richtige Vorschrift.

Da kommt es auf das regelmäßige Gesamteinkommen an.

Was regelmäßig ist, ist nicht definiert.

Wenn eine solche Anlage gewählt wird, sollte unbedingt mit der KK ein Gespräch gesucht werden.
Mit der eigenen KK meine ich.

Dies ist sicherlich eine Einzelfallentscheidung.

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Beitragvon Vergil09owl » 30.07.2010, 11:03

http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/b ... lt=#gld2.2

hier ist die Problematik mal noch ein wenig näher ausgeführt, als Grundsatz gilt Zinseinkünfte werden dem Jahr angerechnet in dem Sie anfallen.

Es gilt weiter hier § 16 SGB IV i. V.m mit dem EstG und es gilt § 40 AO, Es gilt aber auch auf die unterschiedlichen Bewertungen aus Sicht der GKV und des BMF zu achten.

Winston
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Beitragvon Winston » 30.07.2010, 11:16

heinrich hat geschrieben:Wenn eine solche Anlage gewählt wird, sollte unbedingt mit der KK ein Gespräch gesucht werden.
Mit der eigenen KK meine ich.

Dies ist sicherlich eine Einzelfallentscheidung.


Einzelfallentscheidung klingt nicht gut. Du hast ja selbst gesagt, dass so mancher Sachbearbeiter bei größeren Summen nicht unbedingt objektiv entscheidet ("Auf Bedauern wirst Du jetzt hier bei den Profi´s nicht stoßen.").

Wenn es keine klare Rechtsprechung/ Anwendungsvorschriften hierzu gibt, werden wir eher die Finger davon lassen. Das letzte was wir wollen, ist zu einem Musterfall zu werden und uns vor den Sozialgerichten mit der KK zu streiten. Dabei kann man nur verlieren, auch wenn es nur Zeit und Nerven sind.

Da ist es wohl vernünftiger, einen kleinen pflichtversicherten Job anzunehmen und das Thema damit abzuhaken.

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Beitragvon Vergil09owl » 30.07.2010, 11:31

nö ist keine Einzellfallentscheidung zu dem Thema gibt es eine ausgewählte BSG Rechtsprechung, jeder SB sollte ja auch das sGB LR neben sich stehen haben und die aOO und das EstG mit Kommentar und die Usk Sammlung online Haben, gute Kassen mit highperformern haben das. Kleiner Scherz, jdenfalls meine Kasse hat das ganze online stehen.


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