Nachzahlungen - Artabana

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Markus321
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Nachzahlungen - Artabana

Beitragvon Markus321 » 13.04.2011, 21:12

Hallo,

ich habe eine Frage bezüglich Nachzahlungen.
Müsste ich eine Nachzahlung leisten wenn ich eine bestimmte Zeit bei der Artabana Solidargemeinschaft versichert bin in der Arbeitslosigkeit und dann wieder ein Angestelltenverhältnis eingehe?

Auf der Internetseite der Artabana steht dass seit 2007 eine Krankenersicherungspflicht besteht von der Personen ausgenommen sind die anderweitig vergleichbar abgesichert sind und dass die Artabana als solche anderweitige Absicherung gilt.

Also müsste ich auch keine Nachzahlung leisten wenn ich mich wieder gesetzlich versichern müsste bei aufnahme einer Arbeit? Wenn ich mich überhaut gesetzlich versichern müsste weil als Artabana Mitglied ist man ja nicht versicherungsfplichtig.

Hier der orginaltext von der Internetseite:

"Der Gesetzgeber hat in Deutschland mit dem Gesundheitsreformgesetz im Jahr 2007 eine generelle Krankenversicherungspflicht eingeführt. Von dieser Pflicht ausgenommen sind Personen, die anderweitig vergleichbar abgesichert sind und daher der Allgemeinheit nicht mit Kosten aufgrund von Krankheit zur Last fallen.
Die ARTABANA Deutschland Solidargemeinschaft e.V. ist eine aufsichtsfreie Unterstützungseinrichtung gemäß § 1 Abs. 3 Ziff. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) Sie bietet nach dem Sozialgesetzbuch eine anderweitige vergleichbare Absicherung in Krankheits- und Unglücksfällen (§ 5Abs. 1 Nr. 13 SGB V als auch in § 193 Abs.3 Nr.2 VVG), also außerhalb von Krankenkassen und Krankenversicherungen."

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Beitragvon DKV-Service-Center » 13.04.2011, 21:41

Hallo Markus,
Mir ist kein Fall bekannt in welchem das anerkannt wurde.
Gruß

Markus321
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Beitragvon Markus321 » 13.04.2011, 21:58

Hallo Service-Center,
nach dem Gesetz entfällt ja die Versicherungspflicht wenn man bei der Artabana Mitglied ist. Wie kann dann eine Nachzahlung verlangt werden'?

Rossi
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Beitragvon Rossi » 13.04.2011, 22:33

Nun denn die Artabana.

Auszug aus meinen Seminarunterlagen:

7.12.4 Solidargemeinschaften zur Absicherung von Krankheitskosten
(Artabana e.V., Samarita e.V., Werk gegenseitiger Hilfe e.V., Pfarrverein in Baden e.V.)


Aus der Schweiz kommt die Idee, neben den bestehenden Systemen GKV und PKV eine dritte Form zu gründen, eine alternative Gesundheitsvorsorge in Form einer Solidargemeinschaft. Derartige Solidargemeinschaften existieren seit 1987 in der Schweiz, seit 1999 in Deutschland. Sowohl die Artabana (www.artabana.org) als auch die Samarita (www.samarita.de) sind vergleichbar strukturiert. Es handelt sich um lokale Solidargemeinschaften von 5-30 Menschen auf der Grundlage von Selbstverantwortung und Solidarität. Die kleinen Solidargemeinschaften sind übergeordnet auf regionaler und nationaler Ebene zusammen geschlossen.

Die Beiträge richten sich entweder nach Einkommenstabellen oder werden von den Mitgliedern selber festgelegt. Sie werden sowohl in einen lokalen Solidarfonds als auch in einen überregionalen Notfallfonds abgeführt. Die finanzielle Absicherung der Artabana-Gemeinschaften wird durch einen staatlichen Versicherungsprüfer (Aktuar) überwacht. Die Leistungen umfassen auch alternative Heilmethoden, sind aber nicht einklagbar (kein Rechtsanspruch) oder garantiert, sondern erfolgen in Form von Zuwendungen, über die ein Vorstand entscheidet. Es gibt Beitrags- und Zuwendungsordnungen, weiterhin Satzungen. Die Verwaltung erfolgt überwiegend ehrenamtlich.

Im BE des Spitzenverbandes der Krankenkassen vom 12.6.08 wurde entschieden, dass konkret die Artabana nicht als Absicherung im Krankheitsfall i.S.d. § 5 (1) Nr. 13 zählt, da auf die Leistungen dort kein Rechtsanspruch besteht. Diese Entscheidung wurde in einem Rechtsgutachten vom 5. Juni 2009 durch Eckart Stevens-Bartol, Vorsitzender Richter am Bayerischen Landessozialgericht a.D., widerlegt. Herr Stevens-Bartol bestätigt, dass die Artabana ihren Mitgliedern eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall gemäß § 5 (1) Nr. 13 SGB V bzw. § 193 Abs.3 Nr.2 VVG bietet. Nach Angaben des Vorstandes von Artabana Deutschland e.V. wurde das o.a. BE inzwischen durch den Spitzenverband der GKV revidiert (das konnte ich aber bislang nirgendwo finden). Gefunden habe ich aber einen Beschluss des SG Landshut vom 10.8.09 (also zeitlich nach Erstellung des o.a. Rechtsgutachtens), S 4 KR 124/09 ER, der die Artabana als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nicht anerkennt.

Weitere Solidargemeinschaften, das Werk gegenseitiger Hilfe e.V. (http://www.pfarrerblatt.de/werk.pdf, Träger ist der Verein pfälzischer Pfarrerinnen und Pfarrer e.V.) und der Pfarrverein Baden (http://www.pfarrverein-baden.de/index.p ... eftsstelle) wurden in 2 Schreiben des BMG als „Absicherung im Krankheitsfall“ i.S.d. § 5 (1) Nr. 13 SGB V (Schreiben vom 15.4.08) und des § 193 VVG (Schreiben vom 17.4.08) anerkannt.

Die Solidargemeinschaften e.V. sind aufsichtsfreie Unterstützungseinrichtungen gemäß § 1 (3) Nr. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Alle sind Mitglieder der BASSG (Bundesarbeitsgemeinschaft der sozialen Selbsthilfeeinrichtungen – Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen, http://www.bassg.de) und von dort zertifiziert.




Also, die Nachzahlungspflicht im Bereich der GKV hängt einzig und allein davon ab, wie die entsprechende Kasse informiert ist bzw. wie die Kasse es sieht.

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Beitragvon Vergil09owl » 14.04.2011, 20:38

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/043/1704386.pdf

Ergebnis

Die ARTABANA Deutschland Solidargemeinschaft e. V. ist eine privatrechtlich organisierte Vereinigung und kein privates Krankenversicherungsunternehmen oder privater Versicherungsverein, da ihre Satzung keinen Rechtsanspruch auf Kostenerstattung vorsieht, sondern in jedem Einzelfall über die Auszahlungen entschieden wird.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen sind der Auffassung, dass es sich bei einer Mitgliedschaft in der ARTABANA Deutschland Solidargemeinschaft e. V. nicht um eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall handelt, da die in dieser sozialen Selbsthilfeeinrichtung abgesicherten Personen auch keinen faktischen Leistungsanspruch, der dauernd erfüllbar ist, haben. Insofern ist für Mitglieder der ARTABANA Deutschland Solidargemeinschaft e. V. die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht ausgeschlossen. ](*,)

Rossi
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Beitragvon Rossi » 14.04.2011, 22:34

Ups, Asche auf mein Haupt!


In meinen Seminarunterlagen lasse ich diese Frage noch ein wenig offen, weil mir die unterschiedliche Praxis der Kassen bekannt ist.

Die eine Kasse sieht es so - weil sie völlig unwissend ist - und die andere Kasse sieht es eben ganz anders - weil sei auch völlig unwissend ist!.


Na ja, irgendwelche Anfragen aus dem Bundestag hier einzustellen, mache ich schon lange nicht mehr.

Jenes habe ich schon bis zum Erbrechen bei der Nachzahlungspflich nach § 186 Abs. 11 SGB V gemacht. Niemand - zumindest die Kassen - haben mir hier zugehör und betreiben dort ihre Wunschvorstellungen.

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Beitragvon Vergil09owl » 15.04.2011, 16:13

Ist halt immer noch ein weites Feld, leider.

Frank
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Beitragvon Frank » 10.04.2012, 14:39

http://www.versicherungsjournal.de/unte ... 111552.php

10.4.2012 – Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat einen Abwickler für die „Neudeutsche Gesundheitskasse“ bestellt. Die Gesellschaft verstand sich als eine Art „Unterstützungskasse“. Sie betreibe Versicherungsgeschäft ohne Genehmigung, so die Auffassung der Aufseher.

felispirit
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Re: Nachzahlungen - Artabana

Beitragvon felispirit » 05.05.2024, 22:34

Hallo, liebe Forums-Teilnehmer*innen,
habe heute durch Zufall dieses Forum und die sehr unterschiedlichen (auch kritischen und abwertenden) Beiträge zu Artabana entdeckt.

Nur ganz kurz:
Es gibt seit 2013 die Solidago-Solidargemeinschaft, quasi eine Tochter der Artabana-Deutschland-Solidargemeinschaft. Sie haben - im Gegensatz zu Artabana - den Bestandsschutz beantragt und erhalten, d.h. sie gelten als vollwertige Alternative zur GKV und PKV!

Ich bin selbst seit 2007 Artabana-Mitglied, war im 2011/12 im Bundesvorstand von Artabana-Deutschland und habe mich für die offizielle Anerkennung als anderweitige Absicherung neben GKV und PKV eingesetzt.
Heute war ich mit meinem Mann zum ersten Mal auf einem Regional-Treffen von Solidago in Chemnitz, um für mich zu prüfen, ob wir von Artabana zu Solidago wechseln und damit eine echte Alternative zu GKV und PKV hätten.

Und für alle unwissenden Kritiker*innen von Artabana:

Wir haben in den letzten 25 Jahren zahlreiche Großschadensfälle gehabt und "locker" gewuppt:
Schlaganfälle, Schädel-Hirntraumen, AIDs-Erkrankung, Krebs, Hirnblutungen, schwere (Auto- u.a.) Unfälle uvm., alles mit vollem Notfallprogramm.

Artabana Deutschland funktioniert, ganz undogmatisch und unbürokratisch. <3
Es ist immer wieder beeindruckend und berührend, was in einer so großen Solidargemeinschaft mit inzwischen 3000 Mitgliedern deutschland weit, abgesichert über den Nothilfefonds bei der GLS-Bank, möglich ist.
Wir sind immer mit unserem zusätzlichen Bundes-Nothilfe-Fonds über 50 Tausend Euro zur ersten Überbrückung gut zurecht gekommen.
Alle OP- und Krankenhausrechnungen konnten oft schneller als von PKVs und GKVs bezahlt werden. Deshalb sind Artabana-Mitglieder normalerweise im Krankheitsfall auch "gern" gesehene Patient*innen.
Und es braucht sehr viel Mut und Vertrauen in Solidarität und Mitmenschlichkeit, um diesen in Deutschland ungewöhnlichen Absicherungsweg zu gehen. Es geht um spirituelle Weiterentwicklung. Die gibt es bei Artabana und Solidago gratis dazu.
Bei GKV und PKV gibt es vor allem Geld, was auch viel wert ist.
Danke für dieses Forum und Gute Nacht zusammen.

Czauderna
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Re: Nachzahlungen - Artabana

Beitragvon Czauderna » 06.05.2024, 10:15

Hallo,
hier meine Antwort, bzw. die von der KI. aus dem Nachbarthread :

Artabana ist in Deutschland nicht als offizielle Krankenversicherung anerkannt. Es handelt sich vielmehr um eine solidarische Gemeinschaft, in der Mitglieder regelmäßig Geld einzahlen, um sich gegenseitig im Krankheitsfall finanziell zu unterstützen. Es ist wichtig zu beachten, dass Artabana keine formelle Krankenversicherung ist und nicht die gleichen rechtlichen und regulatorischen Standards erfüllt wie gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) oder private Krankenversicherungen (PKV). Es kann jedoch für einige Menschen eine interessante Alternative sein, insbesondere für diejenigen, die sich von traditionellen Versicherungssystemen distanzieren möchten und bereit sind, sich auf solidarische Modelle einzulassen.

Gruss
Czauderna

Saxum
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Re: Nachzahlungen - Artabana

Beitragvon Saxum » 07.05.2024, 21:39

Ich verweise zum einen auf meinen anderen Beitrag (Link) den ich heute auch hier verfasst hatte. Jedenfalls auch um hier meine Ansicht einzubringen, ich würde mich - bei aller Liebe - nicht auf solche Solidargemeinschaften alleine verlassen, insbesondere wenn bis dato ein "Leistungsanspruch" auf zumindest die Leistungen nach § 192 Abs. 1 VVG fehlt. Salopp gesagt, hier fehlt ein Anspruch auf Kostenerstattung, selbst wenn die Gemeinschaft als medizinische Laien meint, dass der kleine Schnupfen nicht behandlungsbedürftig wäre, auch wenn eine objektive medizinische Notwendigkeit bestanden hat bzw. besteht.

Es ist für mich, wie im anderen Beitrag erwähnt, höchstens als eine Unterstützung zu sehen - ähnlich zu den privaten Zusatzversicherungen der privaten Krankenversicherungen und dann kann es vielleicht ok sein, aber keineswegs derzeit als "alleinige Absicherung".

felispirit hat geschrieben:[...]Wir haben in den letzten 25 Jahren zahlreiche Großschadensfälle gehabt und "locker" gewuppt:
Schlaganfälle, Schädel-Hirntraumen, AIDs-Erkrankung, Krebs, Hirnblutungen, schwere (Auto- u.a.) Unfälle uvm., alles mit vollem Notfallprogramm. [...]


Schön und gut, mal hier komplett offen gelassen, ob es um "unterstützende Leistungen" gehandelt hat im Sinne von, dass die Hauptleistungen bereits durch eine Krankenkasse oder Krankenversicherung erbracht worden sind und es nur noch um "darüber hinausgehende" Sachen handelt.

Das vielleicht mal ein oder zweimal die "kompletten Kosten" tatsächlich übernommen worden sind, kann machbar sein - jedoch sieht man schon alleine an der Summe des erwähnten Notfallfonds in höhe von "50.000 Euro", dass das nicht langt für "komplette Kostendeckung" wenn mehrere solcher schwerer Ereignisse innert eines aufeinanderfolgenden Zeitraums geschehen. Man muss es auch in Relation setzten, die Behandlung des Herzinfarkt kostet vielleicht 2.500 € aber die gegebenenfalls darauf folgende Stent-Prothese kostet vielleicht um 17.000 Euro und ein Bypass um die 30.000 Euro. Daher mEn knicken solche mehrere kurz darauf einander folgender Fälle schon gut den Notfallsfonds weg.

Geht es aber jetzt nur darum, dass durch die Unterstützungseinrichtung nach den Hauptleistungen der Chefarzt fürs Händeschütteln bezahlt worden ist, einige Akupunktur-Sitzungen, Heilmittel-Sitzungen und das Einbett-Zimmer, was die Krankenkasse oder Krankenversicherung nicht übernommen hätte, ist das wieder was anderes.

felispirit hat geschrieben:[...]Es geht um spirituelle Weiterentwicklung. Die gibt es bei Artabana und Solidago gratis dazu. [...]


Bei allem Respekt, die Aussicht auf eine mögliche "spirituelle Weiterentwicklung", ist für mich kein Entscheidungskriterium. Ich will diesen Unterstützungsformen im Krankheits- oder Schadensfall keineswegs Ihr Bestehen oder Ihre Idee absprechen, jedoch sind diese schlichtweg derzeit kein adäquater "alleiniger Ersatz". Man muss es neutral und objektiv sehen wie es ist, als bürgerschaftliches Engagement für eine mögliche "darüber hinausgehende" finanzielle Unterstützung im Krankheitsfall, ohne Anspruch.

Existiert aber ein (rechtlicher ggf. einklagbarer) Anspruch auf die mindestens "vergleichbare medizinisch notwendige Leistungen", nach § 192 Abs. 1 VVG wie es etwa für bestehende Gemeinschaften im Rahmen des Bestandschutzes § 176 SGB V vorsieht und deren Voraussetzungen erfüllt würden und es einen "Kündigungsschutz" (wirksame Kündigung erst bei vorliegen einer anderen Absicherung) sowie eine "Rückversicherung" bestehen: Hm.. "okay": Warum nicht.


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