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Freiwillig nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 SGB V - Erste Beschäftigung
Verfasst: 08.08.2013, 16:10
von gianni
Hallo zusammen,
ich bin derzeit in der PKV, werde ab dem 1.9.2013 in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und die Verdienstgrenze iSv. §6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V überschreiten. Ich möchte gerne ab dem 1.9. in die GKV wechseln, weil ich denke/hoffe, dass dies meine erste Beschäftigung als Arbeitnehmer im Inland ist.
Ich habe in der Vergangenheit folgendes gemacht:
98-01 Azubi (selber GKV oder familienversichert? weiß nicht mehr genau)
01-08 Studium abgeschlossen (Beschäftigung: Werkstudent 20Std/Woche in GKV als Student)
08-13 Ausbildung zum Steuerberater; leider 1x durchgefallen (Beschäftigung: freier Mitarbeiter mit PKV)
ab 1.9.13 Angestellter
Besteht die Möglichkeit freiwillig Mitglied in der GKV zu werden? Und ist der Job ab 1.9. meine erste Beschäftigung? Welche berufliche Ausbildung ist hier maßgebend? die erste oder die letzte? Alle Beschäftigungen vor oder während der beruflichen Ausbildung sind doch gem. §9 (1) Nr. 3 beitrittsunschädlich oder?
LG Gianni
Verfasst: 08.08.2013, 16:47
von Czauderna
Hallo, so wie geschildert ist es nicht deine erste Beschäftigung - die Ausbildung (Azubi) gilt auch schon.
Das wird dann schwierig mit der GKV.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 08.08.2013, 17:20
von gianni
hi Czauderna,
danke für deine Antwort.
So in etwa hatte ich das auch schon in einem Kommentar zum SGB gelesen. Ist für mich nicht nachvollziehbar, dass eine betriebliche Ausbildung, die ja zweifelsfrei zu einer Berufsausbildung iSd SGB zählt, die erste Beschäftigung sein soll.
Hätte ich auf die Ausbildung verzichtet und wäre in den 3 Jahren vor dem Studium in Vollzeit arbeiten gewesen, würde es gehen oder? Weil das dann eine frühere Beschäftigung VOR dem Studium/Berufsausbildung war und nicht berücksichtigt wird?? das ist echt
Ok die andere Möglichkeit ist noch der Gehaltsverzicht. Der Arbeitgeber prüft die JAEG bei Beschäftigungsbeginn und am Jahresanfang oder?
Ein Überschreiten im lfd. Jahr führt nicht sofort zur Vers.freiheit, sondern erst zum Jahresende, sofern im Folgejahr auch überschritten wird.
Dh. bis einschl. Januar Gehaltsverzicht und ab Febr. dann Gehalt über JAEG?? und ab Jan. 2014 dann Vers.freiheit mit Beitrittsrecht gem. § 9 Abs. 1 Nr.1, weil 12 Monate Vorvers.zeit erfüllt??
Geht bis Febr. 2014 noch ein Minijob bis 450€? der wird ja nicht mit einbezogen, richtig?
LG Gianni
Verfasst: 08.08.2013, 18:59
von gianni
Hi,
also so ganz will ich und kann ich nicht glauben, dass eine betriebliche Ausbildung gem. BBiG schon als erste Beschäftigung iSd § 9 SGB V zu werten sein soll.
Ich habe eine Lehre zum steuerfachangestellten gemacht und die ist definitiv eine Ausbildung gem. BBiG.
Was genau ist denn das Merkmal einer betrieblichen Ausbildung, das darauf schließen lässt, dass es sich um eine erste beschäftigung handelt?
Das kv-pflichtige Azubi-Gehalt kann es auf jeden Fall nicht sein.
In der Literatur wird immer auch auf eine betriebl. Ausbildung gem. BBiG verwiesen, wenn es um die Frage geht, was denn eine berufliche Ausbildung iSd SGB ist.
In § 17 BBiG ist aber auch geregelt, dass der Azubi anspruch auf eine Vergütung hat. Und das diese nunmal kv-pflichtig ist, spielt lt. Literatur auch keine Rolle.
Also wenn das SGB sich nicht eindeutig dazu äußert, was eine Berufsausbildung ist und die herrschende Meinung sagt, dass es sich hierbei in jedem Fall auch um eine Ausbildung gem. BBiG handelt, dann sollte auch klar sein, dass ein Azubi einen Anspruch auf eine kv-pflichtige Vergütung hat.
Sonst müsste es ja bei der Frage heißen: was ist eine Berufsausbildung iSd SGB? Es ist eine betriebl. Ausbildung gem BBiG, aber nur wenn der Azubi KEIN Lohn bekommt und das wäre rechtswidrig iSd § 17 BBiG.
Ich glaube, ich werde um eine Anwalt nicht herumkommen....
§ 17 Vergütungsanspruch
(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Sie ist nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt.
(2) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.
(3) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen.
Tit. A.IV.2 RdSchr. 99j
Gemeinsames Rundschreiben zum GKV-GRG 2000; hier: Versicherungs- und beitragsrechtliche Auswirkungen
Titel: Gemeinsames Rundschreiben zum GKV-GRG 2000; hier: Versicherungs- und beitragsrechtliche Auswirkungen
Normgeber: Bund
Redaktionelle Abkürzung: RdSchr. 99j
Referenz: [keine Angabe]
Abschnitt: Tit. A - Versicherungsrecht → Tit. A.IV - Freiwillige Krankenversicherung
Tit. A.IV.2 RdSchr. 99j - Beitrittsrecht für Berufsanfänger
(1) Durch die Ergänzung des § 9 Abs. 1 [jetzt] Satz 1 Nr. 3 SGB V um einen Halbsatz, wonach Beschäftigungen vor oder während der beruflichen Ausbildung unberücksichtigt bleiben, wird klargestellt, dass das Beitrittsrecht für höherverdienende Arbeitnehmer, die erstmals eine Beschäftigung aufnehmen (Berufsanfänger), nicht dadurch verwirkt ist, dass im Rahmen der beruflichen Ausbildung bereits Tätigkeiten ausgeübt wurden.
(2) Der Begriff der beruflichen Ausbildung wird im SGB nicht näher definiert. Nach § 1 [jetzt] Abs. 3 BBiG hat die berufliche Ausbildung - als Teil der Berufsbildung im Sinne dieses Gesetzes - die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen. Zu der beruflichen Ausbildung im Sinne des § 9 Abs. 1 [jetzt] Satz 1 Nr. 3 SGB V zählt aber nicht nur die betriebliche, sondern auch die schulische Berufsausbildung nach den Gesetzen und Ordnungen der Länder sowie die Ausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Die Gesetzesbegründung führt beispielhaft auf, dass Beschäftigungen als Schüler, während eines Studiums oder als Beamter auf Widerruf zur Vorbereitung auf das 2. juristische Staatsexamen unberücksichtigt bleiben sollen, d. h. als Beschäftigungen vor oder während der beruflichen Ausbildung zu qualifizieren sind.
(3) . . . Auch der [im] Rahmen der Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen abzuleistende (nach Landesrecht geregelte) Vorbereitungsdienst ist als Beschäftigung während der beruflichen Ausbildung zu werten.
LG Gianni
Verfasst: 09.08.2013, 11:15
von heinrich
Beschäftigung während Ausbildung (98/01) zählt NICHT mit.
Dies gilt nach meiner FESTEN Rechtsauffassung doch erst recht für die Ausbilding und nicht nur für (weitere) Beschäftigung während der Ausbildungszeit.
ALSO: es besteht eine Beitrittsrecht nach 9,1 3 SGB V.
Du brauchst keinen Anwalt.
REDEN ist das Mittel. Rede mit der Krankenkasse.
Es wird klappen.
Verfasst: 09.08.2013, 12:22
von Czauderna
Hallo,
rein gefühlsmäßig bin ich da natürlich auch eher auf Heinrichs Seite und somit auch für die Beitrittsmöglichkeit zur GKV. Ich hatte nur die Rechtsgrundlage dafür nicht so parat. Deshalb gilt natürlich Heinrichs Rat, wie eigentlich immer in solchen Fällen, erst mal mit der Kasse reden und wenn für die sogar ein neues Mitglied dabei raus springt, dann wird das Engagement um so intensiver sein.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 09.08.2013, 13:21
von gianni
puh, ich bin sehr erleichtert, dass wenigstens ihr meine Rechstauffassung teilt.
Das mit dem Reden ist so ne Sache. Ich habe in den letzten Tagen zig Telefonate mit diversen KK geführt und musste mir so Sprüche anhören wie "einmal privat immer privat" oder "...seien sie doch froh, dass sie so viel verdienen..." oder eben "...ne tut mir leid, die Ausbildung ist schon die erste Beschäftigung..." oder "...es geht nur über Gehaltsverzicht...".
Teilweise hatte ich das Gefühl, dass meine Gesprächspartner gar nicht wussten, wovon ich rede.... Vor allem, wenn man anfängt seinen Standpunkt mit Gesetzestexten zu untermauern, war bei den meisten Schluss...leider.
naja, ich werde jetzt nochmal mit der KK reden bei der ich als Student versichert war. Wenn man wenigstens ne alte Vers.Nr. vorweisen kann, sind die KK-Mitarbeiter etwas gesprächsbereiter....habe ich zumindest den Eindruck.
Ich werde euch auf dem Laufenden halten...
LG Gianni
Verfasst: 09.08.2013, 14:59
von gianni
hallo,
kann mir jemand bestätigen, dass es ab 1.8.2013 eine gesetzesänderung gegeben hat, wonach der Nachweis einer Vorversicherungszeit entfällt, wenn man aus der PKV kommt und einen Monat lang unter der JAEG und im Folgemonat wieder drüber liegt.
Ein netter KK-Mitarbeiter sagte mir das vorhin.
Das wäre ja noch eine Alternative. Aber auch der bzw. die Rechtsabteilung meinte, dass die betriebl. Ausbildung eine erste Beschäftigung sei. Kann ich nicht nachvollziehen....
LG Gianni
Verfasst: 09.08.2013, 16:21
von Czauderna
Hallo, so richtig bestätigen kann ich das noch nicht, da uns die Durchführungsbestimmungen noch fehlen. Allerdings deutet einiges daraufhin. Es ist nämlich jetzt so, dass bei Ende einer Versicherungspflicht oder einer Familienversicherung der Betroffene von der Kasse informiert wird über seine Weiterversicherungsmöglichkeiten - meldet er sich nicht innerhalb von 14 Tagen nach dieser Information wird er kraft Gesetz "freiwillig" zwangsversichert. Demnach spielt eine Vorversicherungszeit keine Rolle mehr - ob das allerdings auch für die geschilderte Fallkonstellation auch so gelten wird - man weiß es noch nicht - also, abwarten.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 09.08.2013, 16:45
von heinrich
gianni,
du musst mit den richtigen Leuten reden.
Nicht mit einer Hotline, nicht mit einem Sachbearbeiter.
Frage direkt nach dem Teamleiter, Gruppenleiter oder Abschnittsleiter für den Bereich (Achtung) freiwillige Versicherung.
Stell ihm Deine Frage. Dann bekommst du auch die Antwort: ja es geht ein Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 SGB V.
Zu deiner Frage mit der Vorversicherungszeit.
Ab 1.08.2013 ist es so, dass dass OHNE Vorversicherungszeit (also im Anschuss an eine noch so kurze Vorversicherung) eine freiwillige Versicherung möglich ist.
Hier steht es im § 188 Abs. 4 SGB V
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__188.html
Verfasst: 09.08.2013, 19:08
von Czauderna
Hallo heinrich,
ich bin zwar meist mit dir einer Meinung, nur finde ich, dass du offenbar den Sachbearbeitern (Kundenberatern) nicht viel zutraust - das führt in der Praxis meist dazu, dass die Versicherten immer den Chef oder die Chefin sprechen wollen, weil ja die "gewöhnlichen" Mitarbeiter oft keine Ahnung haben sollen - ich könnte mir vorstellen, dass es bisweilen umgekehrt ist, vielleicht sogar auch bei dir im Hause ??
Gruss
Czauderna
Verfasst: 10.08.2013, 15:35
von heinrich
hi Czauderna,
das Niveau der Frage, die hier gestellt wurde (Beitritt nach 9,1,3 SGB V) ist sooooo selten in der Praxis, dass ein Sachbearbeiter diesen Fall möglichweise niiiiiiemals im Leben zu lösen hatte.
Ich selbst (Teamleiter Bereich freiwillige Versicherung und bereits nahezu 30 Jahre bei einer Krankenkasse) hatte so eine Fall SELBST erst ein einziges Mal in der Praxis zu lösen.
Daher bin ich der Meinung, dass so eine Frage bei einem Teamleiter besser aufgehoben ist.
Ich geben Dir total recht, dass viel zu viele Leute oft den Chef sprechen wollen. Dies ist üüüüberhaupt nicht nötig.
Die Normalfälle können meine Sachbearbeiter viiiiel besser als ich.
Ich sprach auch nicht davon, dass man den Chef sprechen sollte.
Wenn die am Blinddarm operiert werden sollst, dann sollte man dies auch nciht den Chef des Krankenhauses machen lassen. Dies macht dieser viel zu selten. Dies können die Assistenzärtze wohl viel besser.
Sorry, wenn Du mich falsch verstanden hattest. Ich glaub schon, dass wir auch hier einer Meinung sind.
Grüße Heinrich