Rückkehr in die GKV

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dodoo
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Rückkehr in die GKV

Beitragvon dodoo » 19.12.2015, 01:03

Hallo,

(als Ausländer bin ich nicht besonders mächtig in Deutsch, so bitte ich um Nachsicht, lieben Dank.)

Ich bin seit 25 Jahren immer bei der gesetzlichen AOK gewesen. Bis heute bin ich nie in einer privaten KV gewesen:
  • Vom 2005 - 2011: war ich zuletzt bei der AOK, dann wurde ich arbeitslos.
  • Vom 2011 - 2014: war ich abwechselt, jedoch nicht abgemeldet in Deutschland, ohne KV im In-und Ausland. Staatliche Hilfe wie Sozialhilfe, Hartz4, Artzbesuch etc... wurden nicht in Anspruch genommen.
  • Vom 2014 - bis heute: mache ich mich hauptberuflich selbstständig. Nebenberufliche Tätigkeit nicht vorhanden und Ohne jegliche KV.
Kurzum: Vom 2011 bis heute lebe ich ohne KV.

Ich suche einen Weg um in die freiwillige oder pflichtige GKV zu kommen, so meine Fragen:
  1. Ich war zuletzt bei der AOK im Bundesland X, nun lebe ich mit meinem angemeldeten Wohnsitz in einem anderen Bundesland Y. Mit der AOK im Bundesland X habe ich jetzt nichts mehr zu tun. Würde man mich aufnehmen, wenn ich nun bei der AOK im Bundesland Y Antrag auf eine freiwilige GKV stelle?
  2. Wie 1) Könnte ich bei einer anderen GKV als AOK Antrag mit Aufnahmechance auf eine freiwilige GKV stellen? Sozusagen, als ein völlig neues Mitglied in einem neuen Unternehmen.
  3. Muss ich nun für die versicherungslose Zeit rückwirkend nachzahlen, um überhaupt nun freiwilig gesetzlich versichert zu sein?
  4. Fall ja, wie wird die Nachzahlung im Hinblick auf die nun anschließende hauptberufliche Selbstständigkeit berechnet in meinem Fall? bzw. Ungefähr wieviel EUR gesamt an Nachzahlung?
  5. Würde die Zeit, in der ich im Ausland war, zur Nachzahlung mitberechnet? (ich habe Pass-stempel+Tickets als Nachweis)
  6. Ich möchte keinesfalls in die private KV, ich möchte unbeding bei der GKV bleiben, sei es freiwillig oder vollwertig. Welche Optionen hätte ich da noch als Selbstständige?
  7. Theoretisch: Ich hätte einen Teilzeitjob gefunden, der mehr Lohn und mehr Arbeitszeit bringt als mein selbstständiger Hauptjob. Ich wäre also nun in einer Angestelltenverhältnis mit selbstständiger Tätigkeit nebenbei. Bekomme ich nun Anspruch auf eine vollwertige - (ohne freiwillig) - GKV? Und muss ich da auch noch für die genannten versicherungslosen Zeiten nachzahlen?
  8. Stimmt das, dass eine Freiwillige GKV einen Anspruch auf die kostenlose Familienversicherung wie bei einer Pflichtige GKV?

Ich wäre sehr dankbar für eure Antworten!
Liebe Grüße

Czauderna
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Re: Rückkehr in die GKV

Beitragvon Czauderna » 19.12.2015, 13:50

Hallo,
Ansprechpartner wäre in jedem Fall die AOK für dich. Solange du deinen 1. Wohnsitz in Deutschöand hattest bzw. hast, solange musst du dich auch grundsätzlich in Deutschland krankenversichern - dies gilt seit dem 01.04.2007 - d.h. für dich - im schlimmsten Fall muss du dich ab 2011 rückwirkend bei der AOK versichern - wobei die Beiträge für 2011 am 31.12.2015 bzw. 31.01.2016 verjährt sein werden. Was die Höhe der Nachzahlung angeht - wenn es gut läuft, kommt du mit ca. 45,00 € mtl. davon - wenn es schlecht läuft könnten es schon ca .600,00 € werden.
Auch wenn du eine kranken versicherungspflichtige Tätigkeit aufnimmst kann die die Nachversicherung treffen.
Endgültig und verbindlich klären kannst du das nur mit der AOK.
Eine andere GKV-Kasse wird dich wahrscheinlich nicht aufnehmen wollen, eben weil die AOK als letzte Kasse zuständig wäre.
Gruss
Czauderna

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Re: Rückkehr in die GKV

Beitragvon dodoo » 19.12.2015, 14:15

Hallo Czauderna,

Vielen Dank für Ihre Einschätzung!
Sie sprechen von einer Verjährung was ich bisher nicht wusste. Mein letzter Tag bei der AOK war 25.02.2011, so sind alle Beiträge bis zum 31.12.2011 verjährt, wenn ich 31.01.2016 Antrag stelle, verstehe ich da richtig?

Vielen Dank für Ihre Hilfe nochmals,
Liebe Grüße

Dipling
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Re: Rückkehr in die GKV

Beitragvon Dipling » 19.12.2015, 16:39

Die Beiträge bis November 2011 sind am 01.01.2016 verjährt. Darum macht es Sinn, sich erst im neuen Jahr bei der Kasse zu melden.
Der Beitrag für Dezember 2011 ist erst in 2012 fällig geworden und verjährt daher ein Jahr später, d.h. für Beiträge 12/2011 bis 11/2012 setzt die Verjährung erst am 01.01.2017 ein.

Nach der Ermäßigungsregelung des § 256a SGB V in Verbindung mit dem GKV-Rundschreiben von September 2013 sind die nachzuzahlenden Beiträge auf den sogenannten Anwartschaftsbeitrag zu ermäßigen. Das sind, wie Czauderna schon schrieb, ca. 45-50 EUR pro Monat. Ergäbe als nachzuzahlenden Betrag für den Zeitraum 12/2011-11/2015 ca. 2000-2500 EUR. Für den Antrag auf Ermäßigung dürfen im Nacherhebungszeitraum kein Kassenleistungen in Anspruch genommen werden.

Ab dem Monat der Meldung sind volle Beiträge zu zahlen. Hauptberufliche Selbständigkeit hat den Nachteil, dass die Mindestbeiträge relativ hoch sind (regulär mindestens ca. 350 EUR monatlich, einkommens-und vermögensabhängig ist auf Antrag eine Ermäßigung auf ca. 250 EUR möglich). Vermeiden kann man das (wie selbst vorgeschlagen) mit einem hauptberuflichen sozialversicherungspflichtigen Job. Dann sind als Pflichtversicherter nur Beiträge auf das Gehalt zu zahlen.
Eine freiwillige GKV ist leistungsmäßig nicht schlechter als eine Pflichtversicherung, auch ist eine Familienversicherung genauso möglich. Nur sind die Beiträge meist höher, da bestimmte Mindestbemessungsgrenzen gelten und weitere Einkommensbestandteile verbeitragt werden.

dodoo
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Re: Rückkehr in die GKV

Beitragvon dodoo » 19.12.2015, 19:01

Hallo Dipling,

Vielen Dank für Ihre erläuternde Erklärungen!
Alle meine Fragen sind damit vollständig beantwortet.
Mit dem Schnäpchenspreis von 2500 komme ich gerade noch mit einem blauen Auge davon.
Ohne Sie, lieber Czauderna und Dipling, weiß ich nicht an wen ich noch in meinem persönlichen Umfeld wenden soll.
Dafür haben Sie meinen herzlichen geschätzten Dank nochmal!
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Liebe Grüße

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dodoo
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Re: Rückkehr in die GKV

Beitragvon dodoo » 03.01.2016, 08:07

Hallo zusammen,

wenn ich richtig informiert bin, gab es zum 1.8.2013 eine Rechtsänderung: nach § 188 Absatz 4 SGB V wird man zwangsweise automatisch freiwilliges Mitglied bei der bisherigen Krankenkasse wenn die Pflichtmitgliedschaft endet.

In meinem Fall wäre ich seit dem letzten Tag der Mitgliedschaft im Jahre 2011 bis heute 2016 de facto unversichert, jedoch de jure freiwilliges Mitglied bei der AOK gewesen ohne dass ich davon wusste. Dies hätte zur Folge, dass ich anstatt 45,00 € mtl. vielleicht 350,00 € mtl. für diese obligatorische Anschlussversicherung nachzahlen muss? 350 * 4 * 12 = 16.800 € = tod

Ich hoffe ihr könnt mir weiter helfen,
Vielen Dank nochmal,
LG

Dipling
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Re: Rückkehr in die GKV

Beitragvon Dipling » 03.01.2016, 21:23

Die automatische "freiwillige" Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V betrifft nur Neufälle; d.h. bei denen die Pflichtversicherung oder Familienversicherung im August 2013 oder später endete.

Endete eine GKV vor August 2013 ohne anderweitige Anschlussversicherung, greift unverändert § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V - nur für diese Fälle und ggf. für Auslandsrückkehrer gilt die Ermäßigungsregelung.

Siehe auch die Regelung im Detail:
https://www.gkv-spitzenverband.de/media ... rmteil.pdf

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Re: Rückkehr in die GKV

Beitragvon dodoo » 04.01.2016, 20:36

Hallo Dipling,

Vielen herzlichen Dank für Ihre sehr informative, existenzrettende Informationen!

Anhand Ihrer Informationen fand ich weitere Hinweise im GKV-Rundschreiben, die mir auch hilfreich sind. Ich poste es hier, falls jemand in Not braucht:
Grundsätzliche Hinweise zur Umsetzung der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V vom 17. Juni 2014

VI. Anwendungszeitpunkt
Aufgrund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitrags-
schulden in der Krankenversicherung zum 1. August 2013 ist das Verfahren nach § 188 Abs. 4
SGB V für alle Sachverhalte anzuwenden, bei denen die Versicherungspflicht oder die Familienver-
sicherung kraft Gesetzes nach dem 31. Juli 2013 endet.

Grundsätzliche Hinweise vom 17.06.2014.pdf

Heute kam ich zur AOK. Nach Rücksprache mit ihrem Chef sagte die Mitarbeiterin, ich solle für die noch-nicht verjährte 4 Jahre ab 2012 rückwirkend nachzahlen.
Und zwar ca. 50 EUR/mtl * 4 * 12 = 2.500 EUR.
Das ist in Ordnung.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Danke nochmal, dass es Sie gibt!
LG

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