Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

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Michelle
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Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Michelle » 25.03.2018, 13:10

Hallo zusammen,

folgender Fall:

Person A hatte sich als Vertreter für eine Versicherungsagentur "selbstständig" gemacht,
bekam von der Arge einen mtl. Gründungszuschuss.

In dieser Tätigkeit, fanden 10 Überweisungen statt, inklusive des mtl. Gründungszuschusses.

Nach drei Monaten gab er diese Tätigkeit auf und begann eine unselbstständige Tätigkeit.

Für diese 3 Monate war er freiwillig Krankenversichert.

Nach knapp 3 Jahren meldet sich die Versicherung und begehrte den Steuerbescheid, aus dem Jahre seiner
dreimonatigen Selbstständigkeit.

Der Steuerbescheid wurde der Krankenversicherung geschickt.

Und nun begann das Problem:

Person A ließ den Gründungszuschuss, der ja eigentlich steuerfrei ist, trotzdem in die Steuerklärung mit einfließen
und dieser wurde auch vom Finanzamt als Einnahme, nachweislich, mit einbezogen.

Gut, wo steht geschrieben oder ist gesetzlich verankert, dass er dies nicht durfte...nirgends...war dumm, schon klar,
aber wer rechnet denn dann mit folgenden:

Nun addierte die Versicherung fleißig die Einnahmen, lt. Steuerbescheid, wo die Zuschüsse wie schon erwähnt als Einnahmen
mit eingeflossen sind, die Zuschüsse nochmals hinzu mit der Begründung:

"Der Gründungszuschuss ist steuerfrei und deshalb im Einkommensteuerbescheid nicht enthalten."

Daraus generierte sich dann eine Nachzahlungsforderung in Höhe v. 700 €.

Nach dem ersten Forderungsschreiben machte Person A die Versicherung schon darauf aufmerksam, dass der Zuschuss in der
Steuererklärung schon enthalten ist.

Das interessierte die Versicherung aber nicht und beharrt weiterhin auf ihre Forderung.

Das dieser Zuschuss in die Steuererklärung mit eingeflossen ist, ist beweisbar.

Wie kann man gegen diese Willkür vorgehen oder ist das etwa gerechtfertigt?

LG
Michelle

Frank1
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Frank1 » 25.03.2018, 14:18

Auch wenn der Gründungszuschuss in der Steuererklärung angegeben worden ist, wird er beim Steuerbescheid nicht berücksichtigt.
Ähnlich wie die Angabe eines 450,- Euro-Job. Die Einnahmen werden in der Steuererklärung aufgeführt aber steuerlich nicht berücksichtigt.
Bitte die Begriffe "Steuererklärung" und "Steuerbescheid" nicht verwechseln.
Sollte der Gründungszuschuss seitens des Finanzamtes doch als Einnahme gewertet und ausgewiesen worden sein, so ist dies im
Steuerbescheid sicherlich auf Seite 3 aufgeführt und somit nachweisbar.
Diesen Nachweis bitte an die Versicherung geben.
Da die Versicherung den Steuerbescheid vorliegen hat und die Mitarbeiter diesen auch lesen und verstehen können, gehe ich davon aus,
dass von einem Gründungszuschuss dort nichts zu finden ist.
Somit ist die Forderung der Versicherung okay.

Michelle
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Michelle » 25.03.2018, 21:10

Hallo,

vielen Dank.

Die "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" (inklusive Zuschuss) und die "Einkünfte aus einer
nichtselbstständigen Arbeit" (abzüglich Pauschalen) wurden addiert und als
Gesamtbetrag der Einkünfte aufgeführt.

Ich muss dazu sagen, dass der Zuschuss bei der Steuererklärung nicht als solches
angegeben worden war, sondern einfach zu den Einnahmen addiert wurde.

Dipling
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Dipling » 26.03.2018, 10:02

Dann hat das Finanzamt den um den Gründungszuschuss zu hohen Gewinn übernommen und wird das auch nicht in den Erläuterungen aufgeführt haben.
Der Gründungszuschuss ist weder in der Einnahmenüberschussrechnung (aus der sich der steuerpflichtige Gewinn ergibt) noch überhaupt in der Steuererklärung anzugeben, da auch kein Progressionsvorbehalt besteht.

Die Krankenkasse wiederum ist an den Steuerbescheid gebunden.

Denkbar ist eine Änderungs des Steuerbescheides: Ein Steuerbescheid ist nach Ablauf der Einspruchsfrist von einem Monat zwar grundsätzlich bestandskräftig und kann daher nicht mehr ohne weiteres geändert werden. Aber: Wenn ein Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO enthalten ist (was oft bei Existenzgründern der Fall ist), kann der Bescheid innerhalb der Festsetzungsfrist von vier Jahren jederzeit geändert werden.
Alternativ kommt eine Änderung nach § 173 AO in Betracht.
Auf jeden Fall sollte man beim Finanzamt nachfragen.

heinrich
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon heinrich » 26.03.2018, 19:42

Die Krankenkasse muss es erst einmal so sehen und würdigen, wie sie es gemacht hatte.
Denn: der Gründungszuschuss ist STEUERFREI.
Oben drauf rechnet die KK den steuerfreien Gründungszuschuss.

Es ist schon schwachsinnig, wenn man selbst einen steuerfreie Einnahme als steuerpflichtige mit angibt.

In meinem Team hatten wir so einen Fall einmal von ca. 3 Jahren.
Anscheinend hatte das Steuerbüro die steuerfreien Einnahmen als steuerpflichtig angegeben.

Zack haben wir dann auch "doppelt" berechnet. Ging ja gar nicht anders.

Rief der Steuerberater mich kleinlaut an, was wir denn da machen könnten und ob wir den Betrag
des Gründungszuschusses nicht rausrechnen können.

Bin ich dann doch tatsächlich zum Steuerbüro gefahren und habe mir alle Zahlen
schlüssig erklären , zeigen und nachweisen lassen.

So konnte ich erkennen, dass der steuerfreie Betrag irrtümlich als steuerpflichtig in der Summe mit drinne war.

Dann war ich so (wie ich halt bin) großzügig und habe den im Steuerbescheid irrtümlich (in der Gesamtsumme)
mit enthalten Gründszuschuss rausgerechnet.

Wenn Du jetzt fragst: wo steht das denn ?
Nirgendwo steht das. Ich habe mein Rechtsgefühl walten lassen und diese Entscheidung getroffen.

Jetzt musst Du jemand bei Deiner KK (bei der KK Deine Bekannten) finden, dessen Eier groß genug sind,
sich
1. so viel Arbeit zu machen wie
2. eine solche Entscheidung zu treffen.

Viel Glück

aldi110
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon aldi110 » 26.03.2018, 23:32

moin,

ist hier super beschrieben:

https://www.selbststaendig.de/gkv-wird- ... ngerechnet

gruß Aldi

Michelle
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Michelle » 28.03.2018, 11:19

Hallo,

vielen Dank für die Antworten.

Der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO ist vorhanden.

Person A hat mir einen Umschlag vom Finanzamt gegeben.

"Rückgabe von Belegen"

Darin 10 Kontoauszüge UND den Bewilligungsbescheid
für den Gründungszuschuss mit dem jeweiligen Betrag.

Die Einnahmen (13 Positionen incl. Zuschüsse) auf den Kontoauszügen,
wurden Grün gemarkert, auch die Zuschüsse.

Eben durch diese Zuschüsse, wurden die Einnahmen mehr als verdoppelt!

Hm, eigentlich hätte das dem Finanzamt (Sachbearbeiter) auffallen und dementsprechend
korrigieren müssen?!

Erhöhen sich durch diese Umstände eine Chance auf die Korrektur des Steuerbescheids
und wäre es sinnvoller mit diesem Sachbearbeiter darüber zu sprechen oder lieber
den Sachverhalt schriftlich dem Finanzamt mitzuteilen mit der gleichzeitigen Bitte
um Korrektur?

LG
Michelle

heinrich
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon heinrich » 28.03.2018, 19:46

ich hatte so einen Fall ein einziges Mal in 30 Jahren zu beurteilen.

Darüber hat es niemals in der Fachliteratur etwas gegeben. Keiner hat sich jemals dazu ausgelassen.

Wie soll ich denn jetzt sagen,ob sich dadurch bei jemand anderem, der das dann zu beurteilen muss,
eine größere Chance ergibt.

Du solltest jetzt mal zz (ziemlich zügig) mit den Menschen dort reden (und danach evt noch schreiben).

Ich würde zunächst ein Gespräch mit dem Mitarbeiter der KK sprechen und dann nötigenfalls mit dem Finanzamt sprechen.

Sollte die Einspruchsfrist beim Finanzamt vorbei sein, regt doch keiner mehr einen Finger (so habe ich es öfters erlebt).

Da kannst Du begründen uws. welche Auswirkung das auf die Krankenversicherung hat. Die regen sich dort micht mehr.
Sollte die Einspruchsfrist nicht abgelaufen sein: dann mal zügig einen Einspruch einlegen. Aber auch dann würde ich vorher
mit denen reden, was am schnellstens geht.

Dipling
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Dipling » 28.03.2018, 20:41

Zunächst mit den Mitarbeitern der Kasse und des Finanzamtes zu sprechen ist sicher richtig.

Zum Steuerbescheid: Der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO bedeutet, dass der Steuerbescheid bis zum Ende der Festsetzungsfrist - das sind vier Jahre - komplett offen ist, ohne dass es eines Einspruchs bedarf. Also: Eine korrigierte Steuererklärung bzw. korrigierte Einnahmenüberschussrechnung mit herausgerechnetem Gründungszuschuss einreichen, das Finanzamt erlässt daraufhin einen geänderten Steuerbescheid.

Michelle
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Michelle » 29.03.2018, 11:30

Hallo,

vielen Dank!

Widerspruch bei der KK wurde unverzüglich, mit Darlegung des Sachverhalts,
eingereicht und von der KK bestätigt.

Bei dem Antwortschreiben der KK wurde der Widerspruch zwar nicht abgelehnt
aber die KK pocht darauf, dass die Zuschüsse NICHT im Steuerbescheid
enthalten sind.

Zitat:

"Der Gründungszuschuss ist steuerfrei und deshalb im Einkommensteuerbescheid nicht enthalten."

Dazu sage und schreibe 4 Seiten mit etlichen Paragraphen, wie der Beitrag berechnet wird, woraus
ein solcher Fall natürlich nicht erkennbar ist.

Gut, die Zahlen liegen der KK noch nicht vor.

Es werden jetzt die Beläge, die auch dem Finanzamt bei der Steuerklärung
vorlagen, bei der KK eingereicht...schauen wir mal...

Werde Posten, wie es weitergegangen ist.

Falls noch jemand einen Tipp hat, würde ich mich sehr freuen.

Nochmals, vielen Dank für Eure Antworten!!!

LG
Michelle

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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Michelle » 29.03.2018, 14:17

......falls alle Stricke reißen sollten, wäre danach eine Klage
beim Sozialgericht überlegenswert?

LG
Michelle

Czauderna
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Re: Krankenkasse will Einnahmen doppelt berechnen

Beitragvon Czauderna » 29.03.2018, 17:35

Hallo,
und gegen wen willst du klagen - kann meiner Meinung nach nur das Finanzamt sein.
Gruss
Czauderna


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