Familienversicherung durch Widerspruch rückwirkend nicht machbar?

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LJH
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Familienversicherung durch Widerspruch rückwirkend nicht machbar?

Beitragvon LJH » 19.06.2018, 12:02

Hallo zusammen,
Ich bin Student und nebenberuflich selbstständig. Da ich über 30 bin, bin ich bei der TK freiwillig Krankenversichert.
Im August 2017 habe ich geheiratet und meine Frau ist voll berufstätig und ebenfalls bei der TK.
Da ich bei meiner Nebentätigkeit unter 425 Euro monatlich verdiene, dachte ich mir, dass ich mich über meine Frau Familienversichern könnte.
Am TK-Servicetelefon wurde mir gesagt, dass es kein Problem wäre dies rückwirkend zu tun, da beide Parteien über dieselbe KK laufen.
Der Antrag hierfür wurde im Januar 2018 gemeinsam mit dem Einkommensteuerbescheid für 2016 abgegeben.
Da ich nicht richtig darüber nachgedacht habe bzw. es auch nicht besser wusste, wurde der Antrag im Mai 2018 von der KK abgelehnt mit dem Vermerk, dass das monatliche Einkommen höher als 425 Euro ist. Was 2016 auch so war. Man könnte ich mich über meine eigene doofheit ärgern. Aber was solls...
Daraufhin habe ich Widerspruch eingelegt mit einer Gewinn und Verlustrechnung für 2017, die bestätigt, dass für den beantragten Zeitraum sehr wohl das monatliche Einkommen unter der besagten Grenze liegt.
Die TK hat mit dem Verweis auf §48 Abs. 1 SGB X, das Angebot gemacht mich ab dem 01.06.2018 in Familienversicherung aufzunehmen, wenn ich vom Widerspruch zurücktrete. Das wären 9 Monate KV-Beitrag, die ich nicht zurückbekommen würde.

Was meint ihr? Besteht die Chance mit dem Widerspruch doch rückwirkend oder zumindest auf Antragsstellung Famileneversichert zu werden? Falls ja, was muss da rein?

Vielen Dank für Eure Hilfe!

Dipling
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Re: Familienversicherung durch Widerspruch rückwirkend nicht machbar?

Beitragvon Dipling » 21.06.2018, 17:58

Maßgeblich für den Wechsel in die Familienversicherung ist die vorausschauende Betrachtung der Einkünfte. Die Einkünfte von 2016 zählen nicht.

Außerdem hat die TK in ihrer Satzung folgendes geregelt:
"(2) Die Kündigung der freiwilligen Mitgliedschaft ist abweichend von § 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V zum
Ablauf des Vortages möglich, an dem das Mitglied die Voraussetzungen einer Familienversicherung
nach § 10 SGB V erfüllt. "

Siehe auch:
LSG Urteil vom 25.04.2007
Aktenzeichen: L 5 KR 97/06

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/2o3m/page/bsshoprod.psml;jsessionid=C7DDBE0C3F649416A2D2BE582B113E12.jp14?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE070108247%3Ajuris-r02&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1

M.E. muss die TK rückwirkend die Familienversicherung durchführen.

heinrich
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Re: Familienversicherung durch Widerspruch rückwirkend nicht machbar?

Beitragvon heinrich » 23.06.2018, 09:56

Hallo LJH , hallo Dipling. FAMI = Familienversicherung, STB = Steuerbescheid


es gibt ein Besprechungsergebnis (BE) der Spitzenverbande der Krankenkassen von 27.09.2007.

Danach endet die FAMI bei nebenberuflicher Selbstständkeit mit Ende des Monats der Erstellung des STB,
wenn mit diesem STB Einkünfte festgestellt werden, die Oberhalb des Grenzwertes (derzeit 435 EUR mtl) festgestellt werden.

Umgekehrt beginnt die FAMI mit dem ersten des nächsten Monats, wenn in einem STB Einkünfte festgestellt werden, die unterhalb
des Grenzwertes (435 EUR mtl) festgestellt werden.

Es wird nichts rückwirkend geändert. Es wird vorausschauend zeitversetzt gehandelt.

Im Internet konnte ich das ganze BE noch nirgends vollständig finden. Liegt aber in meinem Büro.

Hier jedoch ein Auszug im Internet.
https://sozialversicherung-kompetent.de ... digen.html

Im von Dipling angeführte Urteil meine ich, dass dort genau so (vorauschauend und nicht rückwirkend) entschieden wurde.
Der Kläger hatte dort im Jahre 2003 KEINE Einkünfte, die oberhalb des FAMI-Grenzwertes lagen.
Trotzdem kam der Kläger NICHT rückwirkend für 2003 in die FAMI rein.


LJH:
Wenn die TK also jetzt sagt, dass sie Dich ab 1.6.2018 in die FAMI reinbringen könnte, dann ist dies nach meiner Auffassung eine sehr großzügige Enscheidung, da Du ja über den STB 2017 noch nicht mal verfügst.

heinrich
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Re: Familienversicherung durch Widerspruch rückwirkend nicht machbar?

Beitragvon heinrich » 23.06.2018, 17:51

sorry ich hatte mich verschrieben: statt oberhalb muss unterhalb in den Text rein

Falsch war
Im von Dipling angeführte Urteil meine ich, dass dort genau so (vorauschauend und nicht rückwirkend) entschieden wurde.
Der Kläger hatte dort im Jahre 2003 KEINE Einkünfte, die o b e r h a l b des FAMI-Grenzwertes lagen.
Trotzdem kam der Kläger NICHT rückwirkend für 2003 in die FAMI rein.


richtig ist:
Im von Dipling angeführte Urteil meine ich, dass dort genau so (vorauschauend und nicht rückwirkend) entschieden wurde.
Der Kläger hatte dort im Jahre 2003 KEINE Einkünfte, die u n t e r h a l b des FAMI-Grenzwertes lagen.
Trotzdem kam der Kläger NICHT rückwirkend für 2003 in die FAMI rein.

LJH
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Re: Familienversicherung durch Widerspruch rückwirkend nicht machbar?

Beitragvon LJH » 25.06.2018, 00:22

Hallo Dipling, hallo Heinrich,
vielen Dank, dass ihr euch mit meinem Fall außeinandergesetzt habt.

@Dipling Die Satzung habe ich mir auch angeschaut, aber ich fand die Formulierung "Die Kündigung... möglich,..." sehr schwammig, zumal da ja nichts von rückwirkend steht. Verstehe ich das falsch?

@heinrich Das hört sich ja alles nicht so gut für mich an. Diese Berechnung machte die KK ja auch, wenn man sich als selbstständiger freiwillig GKV. Aber seit 2018 hat sich das geändert. Wäre es dann nicht anzunehmen, dass die anderen Einkommensnachweise in anderen Bereichen der KK auch rückwirkend "verrechnet" werden?
Das habe ich dazu gefunden: [url]https://www.haufe.de/sozialwesen/versicherungen-beitraege/freiwillige-kranken-und-pflegeversicherung-fuer-selbststaendige/rueckwirkende-beitragsberechnung-fuer-selbststaendige_240_421994.html
[/url]
Vielen Dank und Grüße

LJH

heinrich
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Re: Familienversicherung durch Widerspruch rückwirkend nicht machbar?

Beitragvon heinrich » 25.06.2018, 23:11

Du schreibst, dass sich an der Berechnung was seit 2018 geändert hat.

Richtig: der Beitrag wird zunächst vorläufig berechnet und wenn der STB vorliegt dann endgültig.
Es geht dabei nuuuuur um die Berechnung.

ABER: es geht nicht darum, ob der Status rückwirkend geändert wird.

Das in die FAMI reinkommen und rausfallen geht weiterhin nach dem Besprechungsergebnis vom 27.09.2007, also zeitversetzt und nicht rückwirkend.


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