Frage zur Zuordnung von Einnahmen durch Veräußerungen von Wertpapieren

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daniel_m
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Frage zur Zuordnung von Einnahmen durch Veräußerungen von Wertpapieren

Beitragvon daniel_m » 23.09.2022, 09:23

Wunderschönen guten Morgen,

ich bin ein wenig am Verzweifeln nach mehrtätiger Recherche und dem Lesen und versuchtem Verstehen aller rechtlichen Grundlagen sowie unzähliger Urteile, die ich finden konnte. Für jeden Gedanken dazu wäre ich daher sehr dankbar!

Der Sachverhalt ist der folgende:
Ich bin als selbstständiger IT-Berater freiwillig krankenversichert. Kürzlich hatte ich meinen Steuerbescheid für 2021 eingeschickt.

In der darauf folgenden endgültigen Beitragsfestsetzung für das Jahr 2021 ordnet meine Krankenkasse nun Einkünfte aus Veräußerungen von Aktien aus dem Steuerbescheid des Jahres 2020 dem Jahr 2021 zu und zwar ab dem 01.07.2021, mit der Begründung der Steuerbescheid 2020 sei am 03.06.2021 ausgestellt worden, und die sonstigen Einkünfte seien nach Ausstellung zu berücksichtigen.

Diese Zuordnung kann ich absolut nicht verstehen. Dann würde bspw. eine Veräußerung vom Januar 2020 auch noch dem Juni 2022 zugeordnet werden, so sagte es auch ein Mitarbeiter der Krankenkasse am Telefon.

Falls es wichtig ist, sowohl in den Jahren 2020 und 2021 hatte ich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Veräußerung von Aktien.

Nach meinen Recherchen:
(1) § 240 Absatz 4a spricht von "dabei ist der Einkommensteuerbescheid für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen" - jedoch nur für den vorläufigen Bescheid und nur Arbeitseinkommen betreffend. Zum endgültigen Bescheid steht da "Die nach den Sätzen 1 und 2 vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalenderjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides endgültig festgesetzt."
Hiernach müsste - meinem Verständnis nach - der Bescheid und die Einnahmen des jeweiligen Kalenderjahrs gelten und nicht ein Bescheid aus dem Jahr davor herangezogen werden.

(2) Der Einnahmekatalog verweist unter "Veräußerungsgewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (z.B. bei Grundstücken, Wertpapieren und Rechten)" auf die Regelung in den "Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler" §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 3 Satz 3. §5 Abs. 3 Satz 3 lautet: "Einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die nicht im Voraus zu erwarten sind, sind vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des Betrags für zwölf Monate zuzuordnen."

Hiernach sind die Einkünfte - meinem Verständnis nach - eindeutig nach Zufluss zuzuorden, also beginnend im Jahr 2020 im Monat ihres Zuflusses für 12 Monate (also ggf. auch in den Beginn des Jahres 2021 hinein). Trotzdem auf eben diesen Satz verwiesen wird, hatte ich überlegt, ob das "die nicht im Voraus zu erwarten sind" vielleicht nicht zutrifft. Aber es sind Aktienverkäufe, könnte ich da Einnahmen im Voraus erwarten, müsste ich die Kurse vorhersagen können und wäre Millionär...

(3) Es gibt ein Beispiel von einer Fachtagung des GKV Spitzenverbands. Ich weiß nicht, ob ich das Dokument verlinken darf, daher: Eine Suche nach "Ergebnisniederschrift über die Sitzung der Fachkonferenz Beiträge am 14. Juni 2018" oder nach "14_06_18_RS-2018-395-Anlage-01.pdf" sollte es im ersten Treffer zurückgeben.
Dort gibt es auf Seite 14 ein Beispiel (und auf Seite 15 ein Bild dazu), das aus meiner Sicht exakt meinen Fall schildert. Freiwillig Versicherter mit Arbeitseinkommen und Einkommen aus privater Veräußerung im November 2018, gemeldet durch Steuerbescheid vom 7. Mai 2019, endgültig zugeordnet zu November 2018 bis Oktober 2019.

Ich hatte bisher drei Gespräche mit der Krankenkasse. Die erste Mitarbeiterin sagte sofort: Das sei ein Fehler, es tue ihr leid, sie melde das weiter und es würde korrigiert werden, ich bräuchte keinen Widerspruch einlegen.
Nachdem ich dann mehr als eine Woche nichts hörte fragte ich nach. Der zweite Mitarbeiter sagte: Das sei richtig so, stehe so in den "Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler". Ich sagte "ok", ich würde mir die dann durchlesen. Das tat ich und stelle fest, dass ich das nicht rauslesen kann und rief wieder an.
Der dritte Mitarbeiter sagte auch, dass das so stimme. Darauf legte ich ihm das dar, wie hier geschehen. Er sagte bei dem Beispiel kurz, dass meine Veräußerungsgewinne ja nicht privat seien wie im Beispiel. Ich fragte irritiert, ob er mir das erklären könne (ich bin schließlich kein Wertpapierhändler) und er antwortete darauf "Nein", er kenne sich da nicht aus. Sie würden die Vorschriften raussuchen und sich melden. Das ist bisher nicht passiert und ich mag die Zeit für den Widerspruch nicht verstreichen lassen.


Meine Fragen sind jetzt:

(F1) Sieht hier jemand eine Erklärung für die Zuordnung meiner Krankenkasse von Veräußerungsgewinnen 2020 zum Zeitraum Juli 2021 - Juni 2022? Habe ich da was falsch verstanden? Wo könnte ein Unterschied zum Beispiel des Spitzenverbandes sein?

und

(F2) Wenn ich es nicht falsch verstanden hätte: Ich habe Aktieneinkünfte (und auch Verluste) in vielen Monaten in 2020. Verstehe ich das richtig, dass dann die Einkünfte (abzüglich Verluste) bspw. vom Januar 2020 zu je einem Zwölftel dem Januar 2020 bis Dezember 2020, die Einkünfte vom Februar dem Februar 2020 bis Januar 2021 zu je einem Zwölftel zugeordnet werden müssten und so fort? Dann hätte ich potentiell in jedem Monat einen anderen Beitrag (und mein Beitragsbescheid wäre 12 Seiten lang). Das sähe nach viel Arbeit für die Krankenkasse aus...

Herzlichen Dank alleine für das Lesen dieses Romans :)
Liebe Grüße,
Daniel

Czauderna
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Re: Frage zur Zuordnung von Einnahmen durch Veräußerungen von Wertpapieren

Beitragvon Czauderna » 24.09.2022, 21:57

Hallo und willkommen im Forum
Ich bin derzeit im Urlaub, deshalb nur eine Kurzmeldung dazu.
Also, wenn es um das Jahr 2020 geht, dann ist auch der Bescheid für 2020 für die endgültige Einstufung für 2020 gültig.Für 2021 wäre der Bescheid für 2020 gültig, wenn es um die vorläufige Einstufung für 2021 geht. Erst, wenn dann der Bescheid für 2021 vorliegt, wird dieser für die endgültige Einstufung hergenommen. Zahlen aus dem Bescheid für 2020 spielen da keine Rolle mehr.
Folgerichtig wird für die vorläufige Einstufung für 2022 der Bescheid für 2021 hergenommen.
Sicher meldet sich noch ein oder mehrere, aktiven Experten zu Wort.
Gruß
Czauderna

daniel_m
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Registriert: 23.09.2022, 08:37

Re: Frage zur Zuordnung von Einnahmen durch Veräußerungen von Wertpapieren

Beitragvon daniel_m » 26.09.2022, 07:41

Vielen lieben Dank für Deine Antwort aus dem Urlaub, Czauderna! :)


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