Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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bertl1
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Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon bertl1 » 27.09.2023, 15:20

Ich werde demnächte Rente beziehen und damit Mitglied in die KVdR (Voraussetzungen sind erfüllt).
Für mich unklar ist aber, ob pflichtversichert oder freiwillig.
Ich werde zu Rentenbeginn ca. folgende Einkünfte haben:
Rente 6000
Selbständige Tätigkeit 40000
Vermietung 25000
Kapitalerträge 10000
Die Hinweise des GKV-Spitzenverbandes zum Begriff hauptberuflich selbständig habe ich gelesen.

Demnach wird eine hauptberufliche Selbständigkeit zunächst angenommen, wenn das Arbeitseinkommen 75% der Bezugsgröße übersteigt. Das ist bei mir ja gegeben (die anderen Kriterien wie Arbeitnehmer, Arbeitszeit sind nicht gegeben).

Es wird aber weiterhin ausgeführt: "..es ist zu ermitteln, ob der Lebensunterhalt deutlich überwiegend aus dem Arbeitseinkommen bestritten wird." Das "deutlich überwiegend" wird dann noch spezifziert als "mindestens 20% über den weiteren Einnahmen". Dies ist ja bei mir nicht der Fall.

Sehe ich es also richtig, dass ich nicht hauptberuflich selbständig bin sondern plichtversichert in der KVdR. Damit würden dann auch die Einkünft aus Vermietung und Kapitalerträgen nicht für die Beitragsberechnung herangezogen.

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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon Czauderna » 27.09.2023, 15:50

Hallo und willkommen im Forum
die endgültige Entscheidung trifft die Krankenkasse, aber wenn ich lese Rente 6000,00 € im Jahr und Arbeitseinkommen 40.000 €, dann liegt das Arbeitseinkommen doch schon sehr deutlich über dem Renteneinkommen. Nur noch als Hinweis, selbst wenn es zur Krankenversicherung der Rentner (Pflichtversicherung) kommt, ist das Arbeitseinkommen (ca. 3333,00 € mtl.) beitragspflichtig. Ich bin wirklich gespannt, was die anderen Experten dazu meinen und wie dann die Kasse entscheiden wird.
Gruß
Czauderna

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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon GS » 27.09.2023, 21:45

Hallo zusammen,
ich bin insoweit zwar kein Experte, aber habe dazu eine Meinung:
Wenn einer nach eigener Aussage mit 81.000 Euro Jahreseinkommen nach Hause geht,hat, dann sollte er gefälligst auch nicht meckern, wenn ihn seine Kasse zum Höchstbeitragszahler befördert, also adelt.

Die Rechtslage ist natürlich eine andere: Er kommt billiger weg, weil er außer den Einnahmen aus selbständiger Arbeit obendrein auch noch 35.000 Euro mithin beitragsfreie Kapital- und Mieterträge hat.

Hätte er statt dessen z. B. nur 10.000 statt 35.000 €, wäre er "freiwillig versichert" und müsste auf die dann verbleibenden 56.000 € freiwillige Beiträge zahlen statt jetzt auf 46.000 (81.000-25.000-10.000) Pflichtbeiträge zu zahlen.

Der Unterschied (KV + PV mit 1 Kind)
56.000 x (0,156+0,034) = 10.640 € Jahresbeitrag
46.000 x (0,162+0,034) = 9.016 € Jahresbeitrag

Prozentvergleich:
10.640 von 56.000 = 19,0 % Beitrag an GKV+SPV
9.016 von 81.000 = 11,1 % Beitrag an GKV+SPV

Also @bertl1, in gewisser Hinsicht hast du alles richtig gemacht :mrgreen:

Gruß
von GS

heinrich
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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon heinrich » 28.09.2023, 07:28

ich könnte jetzt viel aus den Grundsätzlichen Hinweise (GH) zum Thema Hauptberufliche Selbstständigkeit zitieren.

Ich sehe, dass Bertl sich schon in herausragender Art damit beschäftigt hat.

Wenn man nur nach den Pfeilen (Spiegelstrichen) im GH geht- müsste man zur Lösung kommen, dass eine Hauptberuflichkeit vorliegt.

Liest man weiter (machen nur wenige) , so hat Bertl die richtige Passage gefunden, die ihm helfen müsste.

Diese musst Du der Krankenkasse aber zitieren. Ich empfehle Dir vorab ein Gespräch mit Entscheider bei der KK, bevor der Zug in die anderen Richtung abfährt.

Das Thema Hauptberuflichkeit ist sehr komplex und vielfach auslegungsbedürftig. In deinem Fall könnte ein Richter auch eine andere Entscheidung treffen. Stellt die diese Frage 2 KK-Mitarbeitern, dann bekommst du evt 3 bis 5 verschiedenen Antworten.

Czauderna hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass auch aus nebenberuflicher Selbstständigkeit (Arbeitseinkommen, AEK) Beiträge zu berechnen sind.
Diese werden nicht mit dem ermäßigten Beitragssatz, sondern mit dem um 0,6 % höheren allgemeinen Beitragssatz angesetzt.
Wenn die Rente plus AEK dann mal oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen sollten , dann wird der tatsächliche Beitrag höher sein, als wenn es sich um eine freiwillige Versicherung handelt. Dies nur am Rande. Lass dich aber nicht davon abhalten in die KVDR zu kommen.

10.000 Zinsen, Kompliment. Gib mir mal nen Tipp, welche Anlageformen diese sind. OK, hier bekomme ich keine Antwort drauf.

GS: der nicht-Experte ist--- Kompliment für deine Wissen als Nichtexperte--- ich weiß, jetzt wirst Du wieder rot :P

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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon bertl1 » 28.09.2023, 19:40

Danke für eure Einschätzungen und den Hinweis auf die unterschiedlichen Beitragssätze.

GS
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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon GS » 28.09.2023, 21:43

heinrich hat geschrieben:GS: der nicht-Experte ist--- Kompliment für deine Wissen als Nichtexperte--- ich weiß, jetzt wirst Du wieder rot :P
Das geht bei mir schnell. Ich werde sogar schon dann rot, wenn man mich beim Sagen der Wahrheit ertappt, man mir aber unterstellt, dass ich eigentlich lieber gelogen hätte, mich nur nicht getraut hätte. :oops:

Eigentlich laufe ich den ganzen Tag mit rotem Kopf durch die Gegend. :mrgreen:

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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon bertl1 » 30.09.2023, 16:21

Ich habe jetzt noch eine ergänzende Frage:

Angenommen ich gebe die selbständige Tätigkeit z.B. Ende 03/2024 auf und erlöse mit dem Betriebsverkauf einen steuerlichen Veräußerungsgewinn von z.B. 30.000 EUR (das Thema steuerliche Freibeträge etc. lasse ich hier mal außen vor). Dann hätte ich also in 2024
- in den Monaten 01- 03 einen regulären Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von 10.000 (plus Rente etc.)
- im Monat 03 zusätzlich den Veräußerungsgewinn 30.000
- in den Monaten 04 - 12 keine Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit.
Wie wird dieser Veräußerungsgewinn bei der Beitragsberechnung berücksichtig, falls ich
a) 2024 durchgängig pflichtversichert (drei Monate nebenberuflich selbständig) in der KVdR bin
b) bis zur Betriebsaufgabe freiwillig in der KV und danach pflichtversichert in der KVdR bin.
Nach meinem Verständnis wäre es in beiden Fällen so, dass der Veräußerungsgewinn das Arbeitseinkommen der ersten drei Monate erhöht auf 40.000 und somit ca. 13.000 pro Monat in die Beitragsbemessung eingehen.
Für die Monate 04 – 12 spielt die selbständige Tätigkeit keine Rolle und die Beiträge werden nur auf Basis Rente berechnet.
Vom Prinzip richtig?

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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon Czauderna » 30.09.2023, 17:21

Hallo,
guckst du hier -https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/grundprinzipien_1/finanzierung/beitragsbemessung/2020-03-20_Einnahmekatalog_240SGBV_final.pdf

zum Thema Veräußerungsgewinne - nach meinem Verständnis sowohl (freiwillige Versicherung) also auch (Krankenversicherung der Rentner)
Gruss
Czauderna

heinrich
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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon heinrich » 01.10.2023, 14:38

ja, die gängige Auffassung bei vollständiger Einstellung der Selbstständigkeit
ist, dass
3 Monate 13.000 angesetzt werden.
Die Berechnung erfolgt natürlich höchstens aus der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze
Diese beträgt im Jahr 2023 nach 4987,50 und wird im Jahr 2024 voraussichtlich 5175 EUR betragen.

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Re: Einstufung hauptberuflich selbständig bei KVdR

Beitragvon bertl1 » 02.10.2023, 09:37

Danke für eure Antworten.
Daß der Veräusserungsgewinn in beiden Fällen beitragspflichtig ist, war mir klar. Es ging mir mehr um die Zuordnung zu einzelnen Perioden.

Wenn also jemand vor der Alternative steht Betriebsaufgabe und Veräußerung zum 31.12. oder zum 01.01 im Fogejahr ist - rein unter diesem Aspekt - der Januar tendenziell günstiger, weil dann der Veräußerungsgewinn nur den Beitrag einer Periode in die Höhe treibt.

Ich bin im übrigen beeindruck wie sachlich und fachkundig hier beraten wird. Habe mich zwar erst jetzt hier angemeldet, aber auch früher schon zu einzelnen Aspekten Antworten gesucht und gefunden.


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