Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

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tsr
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Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon tsr » 13.10.2023, 16:03

Hallo,
ich hatte heute ein verstörendes Gespräch mit der GKV meiner Frau. Vielleicht hat jemand einen Rat für mich - hier kurz die Schilderung der Situation:

Im April hatte ich (privat versichert) eine Lohnerhöhung und den Nachweis zur Prüfung an die GKV geschickt. Daraufhin bekamen wir die Antwort "Das Einkommen Ihres Ehemannes haben wir überprüft und festgestellt, dass Ihre Kinder weiterhin bei uns familienversichert bleiben können."

Daraufhin habe ich bei der nächsten Lohnerhöhung im August erneut den Nachweis prüfen lassen mit dem Ergebnis, dass rückwirkend zum 30.4.23 die Familienversicherung meiner Kinder gekündigt wurde.

Die verstörte Rückfrage per Telefon wurde mir wie folgt beantwortet: Ich hätte meine Bezügenachweise Mai- Juli nicht zeitnah eingereicht und in diesen Monaten hätte mein Einkommen dann die Grenze überschritten. Das Einkommen hat sich in diesen Monaten aber nicht um einen Cent verändert. Hätte ich die Nachweise trotzdem prüfen lassen müssen oder liegt der Fehler hier nicht eindeutig bei der GKV?

Hat ein Einspruch hier Chancen auf Erfolg? Alternativ könnte ich im Dezember weniger arbeiten und somit unter die JAE-Grenze rutschen.

Viele Grüße

Czauderna
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon Czauderna » 13.10.2023, 16:20

Hallo,
sehe ich auch so, die Kasse liegt falsch.

1. Einreichung der Unterlagen im April
Prüfung der Kasse ergab weiterhin Familienversicherung für die Kinder
2. Einreichung im August - war die Gehaltserhöhung zum 01.08. ?
Und jetzt soll die Familienversicherung rückwirkend zum 30.04. beendet werden ?
Meiner Meinung nach kann die Kasse nur ein Ende der Familienversicherung für die Zukunft feststellen, da auch nur für die Zukunft die Einkommensgrenze überschritten wird. Das Einkommen vom 01.05. - 31.07. hat sich nicht gegenüber der letzten Erhöhung zum 01.04. verändert.
Die Grundlage für die Familienversicherung in solchen Fällen --https://www.haufe.de/sozialwesen/versicherungen-beitraege/familienversicherung/familienversicherung-anspruch-personenkreis-altersgrenzen_240_497592.html, d.h. dein Einkommen muss regelmäßig über der maßgebenden Grenze liegen und das tut es doch erst ab August 2023, oder ?
Wenn die Kasse auf das gesamte JAE abzielt, dann müsste, rein logisch die Familienversicherung rückwirkend ab dem 01.01. beendet werden, weil JAE geteilt durch 12 dann maßgebend wäre.
Wiederspruch würde ich auf jeden Fall einlegen und den Berechnungsweg der Kasse einfordern.
Gruss
Czauderna

tsr
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon tsr » 14.10.2023, 07:29

Czauderna hat geschrieben:Hallo,

2. Einreichung im August - war die Gehaltserhöhung zum 01.08. ?
Und jetzt soll die Familienversicherung rückwirkend zum 30.04. beendet werden ?


Ja, Gehaltserhöhung zum 01.08. und die Einkommensprüfung ergab die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung zum 30.04...

Das Problem liegt in meinem Einkommen ab 01.04.: Hier liege ich bereits über der monatlichen JAE-Grenze. Die Prüfung der Kasse war daher falsch (behaupte ich - die Kasse sagt, für April wäre der Mittelwert mit den Vormonaten noch ok, erst ab Mai läge ich hier über der JAE-Grenze, aber der Mai wäre ja (aufgrund meines Versäumnisses) nicht geprüft worden.
Ich ärgere mich vor allem darüber, dass die Mitarbeiterin der Kasse mir die Schuld dafür gibt, weil ich die folgenden Einkommensnachweise (Mai und Juli) nicht eingereicht hätte, obwohl sich das Einkommen hier nicht geändert hat.

Vielen Dank fürs Lesen!

GS
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon GS » 14.10.2023, 12:08

Hallo tsr,

tsr schreibt:
Das Problem liegt in meinem Einkommen ab 01.04.: Hier liege ich bereits über der monatlichen JAE-Grenze. Die Prüfung der Kasse war daher falsch (behaupte ich - die Kasse sagt, für April wäre der Mittelwert mit den Vormonaten noch ok, erst ab Mai läge ich hier über der JAE-Grenze, aber der Mai wäre ja (aufgrund meines Versäumnisses) nicht geprüft worden.
Ich ärgere mich vor allem darüber, dass die Mitarbeiterin der Kasse mir die Schuld dafür gibt, weil ich die folgenden Einkommensnachweise (Mai und Juli) nicht eingereicht hätte, obwohl sich das Einkommen hier nicht geändert hat.

Wie Czauderna schon nach dem Eingangsbeitrag geschriebenhat, liegt auch nmuE die Kasse falsch, und ihr ominöses Durchschnittsbezügeverfahren bzw. dessen Berechnungsgrundlage sollte sie mal offenlegen.

In einem Monat, in dem es keine Erhöhung der Bezüge (auch nicht etwa ein neu vereinbartes 13. Gehalt) gegeben hat und auch bei sonstigen Einkünften (es geht ja um das Gesamteinkommen, nicht nur um die Arbeitnehmerbezüge) nichts getan hat, kann sich auch nichts an der Einstufung gemäß § 10 (3) SGB V ändern.

Woher sollte ein Laie wissen, dass er reagieren muss, auch wenn sich bei ihm nichts geändert hat?

Du musst Dich allerdings darauf einstellen, dass die Familienversicherung dann schon rückwirkend zum 31.3. beendet wird (wovon Du wohl anfangs ohnehin augegangen warst). Ansonsten dürften Dir keine Nachteile daraus entstehen, dass die Kasse auf dem Holzweg war und wohl immer noch ist.

Gruß
von GS

tsr
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon tsr » 14.10.2023, 19:34

Hallo GS,


GS hat geschrieben:Wie Czauderna schon nach dem Eingangsbeitrag geschriebenhat, liegt auch nmuE die Kasse falsch, und ihr ominöses Durchschnittsbezügeverfahren bzw. dessen Berechnungsgrundlage sollte sie mal offenlegen.

In einem Monat, in dem es keine Erhöhung der Bezüge (auch nicht etwa ein neu vereinbartes 13. Gehalt) gegeben hat und auch bei sonstigen Einkünften (es geht ja um das Gesamteinkommen, nicht nur um die Arbeitnehmerbezüge) nichts getan hat, kann sich auch nichts an der Einstufung gemäß § 10 (3) SGB V ändern.

Woher sollte ein Laie wissen, dass er reagieren muss, auch wenn sich bei ihm nichts geändert hat?

Das bestätigt meine Ansicht.

GS hat geschrieben:Du musst Dich allerdings darauf einstellen, dass die Familienversicherung dann schon rückwirkend zum 31.3. beendet wird (wovon Du wohl anfangs ohnehin augegangen warst). Ansonsten dürften Dir keine Nachteile daraus entstehen, dass die Kasse auf dem Holzweg war und wohl immer noch ist.

Da verstehe ich nicht ganz, wie du das meinst (bzw. widerspricht sich das):
Wenn es doch der Fehler der Kasse war, die Familienversicherung zu bestätigen, dürften sie doch nicht rückwirkend kündigen! Sonst entstehen mir doch sehr wohl Nachteile, wie die rückwirkende Zahlung der Beiträge für die freiwillige gesetzliche Versicherung. (ca. 660€ pro Monat (bei 3 Kindern) * 5 Monate = 3300€).
Oder führt kein Weg an der Nachzahlung vorbei?

Viele Grüße
tsr

Czauderna
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon Czauderna » 14.10.2023, 19:56

Hallo,
ich antworte mal - normalerweise müsste die Kasse das Ende der Familienversicherung per Bescheid mitteilen, was dann einem belastenden Verwaltungsakt entspräche. Dieser Bescheid müsste mit der Entscheidung, einer gesetzlichen Begründung für diese Entscheidung sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung beinhalten. Gegend diesen Bescheid kannst du Widerspruch einlegen und das innerhalb von einem Monat - mein Rat - mach das - ob es was bringt, bleibt abzuwarten.
Gruss
Czauderna

tsr
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon tsr » 14.10.2023, 20:24

Czauderna hat geschrieben:Hallo,
ich antworte mal - normalerweise müsste die Kasse das Ende der Familienversicherung per Bescheid mitteilen, was dann einem belastenden Verwaltungsakt entspräche. Dieser Bescheid müsste mit der Entscheidung, einer gesetzlichen Begründung für diese Entscheidung sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung beinhalten. Gegend diesen Bescheid kannst du Widerspruch einlegen und das innerhalb von einem Monat - mein Rat - mach das - ob es was bringt, bleibt abzuwarten.
Gruss
Czauderna

Danke für den Hinweis. Einen (drei) Bescheide haben wir erhalten und Widerspruch werde ich einlegen. Allerdings glaube ich nicht, dass dieser ohne anwaltliche Hilfe Aussicht auf Erfolg hat (mein Gefühl nach dem Telefonat mit der Mitarbeiterin der Kasse). Gibt es in diesem Zusammenhang eine Schlichtungsstelle/Beschwerdestelle? Ich möchte ungern einen Anwalt einschalten (Aufwand, keine Rechtschutzversicherung), bekäme aber doch gerne Unterstützung... und sehe mich eigentlich im Recht?

Viele Grüße
tsr

GS
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon GS » 14.10.2023, 21:05

Hallo tsr,

verzwickt, verzwickt. Geh am besten so vor, wie Czauderna es empfohlen hat.

In der Zwischenzeit mache ich mal den advocatus diaboli, einverstanden?

Die Kasse wird sich momentan berappeln, ihre Abläufe überprüfen, diese korrigieren und dann die Schuld auf die ahnungslose kleine Teufelin {diabola parva nixwissa} schieben, mit der Du zuletzt Kontakt hattest.

Dann wird sie sich zwar zerknirscht geben, Dir aber gleich danach vermitteln, dass auch wenn alles von Anfang an korrekt gelaufen wäre, Du Dich von diesen inzwischen aufgelaufenen 3.300 € hättest trennen müssen. Um dann noch zum Trost nachzuschieben:
"Die gute Nachricht: Diese 3.300 € können Sie zu 100 % von der Einkommensteuer - sorry, vom einkommensteuerpflichtigen Einkommen - absetzen."

Womit sie ausnahmsweise sogar Recht hätte, was die Sache aber nicht viel besser macht.

Gruß
von GS

Czauderna
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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon Czauderna » 14.10.2023, 23:30

Hallo,
Gibt es in diesem Zusammenhang eine Schlichtungsstelle/Beschwerdestelle? Ich möchte ungern einen Anwalt einschalten (Aufwand, keine Rechtschutzversicherung), bekäme aber doch gerne Unterstützung... und sehe mich eigentlich im Recht?

Es gibt den Rechtsweg in Gestalt eines Gerichtes, aber bis dahin bedarf es eines abgeschlossenen Widerspruchverfahrens, welches grundsaetzlich folgenden "Fahrplan" hat.

1. Erteilung eines Bescheides als belastender Verwaltungsakt - hier: Ende der Familienversicherung wegen Einkommensüberschreitung
2. Widerspruch (innerhalb der gesetzten Frist, wenn vorhanden), möglichst mit Widerspruchsbegründung
3. Beginn des Anhörungsverfahrens seitens der Kasse, wenn dem Widerspruch nicht abgeholfen wird
4. Möglichkeit der Anhörung und Mitteilung, ob Widerspruch aufrechterhalten oder zurückgenommen wird.
5. Bei Aufrechterhaltung Abgabe des Vorgans an den Widerspruchsauschuss der Kasse, der nicht mit Mitarbeiter/innen der Kasse besetzt ist.
6. Entscheidung des Widerspruchsausschusses entweder Abhilfe (teilweise oder ganz) oder Erteilung eines klagefähigen Bescheides

Erst dann macht eine Klage vor dem Sozialgericht so richtig Sinn, weil meist die Gerichte, ohne dass das Widerspruchsverfahren abgeschlossen ist, solche Klagen nicht annehmen.
Eine Beschwerdestelle gibt es meines Wissens nach bei jeder Krankenkasse, bringt aber meiner Erfahrung nach bei laufenden Fällen in der Regel nix.
Man könnte sich noch bei der Aufsichtsbehörde beschweren, also für Krankenkassen, die bundesweit zugelassen sind, wäre das das Bundesamt für Soziale Sicherung, aber auch dort wird man, gerade bei laufenden Verfahren, auf den Rechtsweg verweisen.
Eine Schlichtungsstelle gibt es nicht, meines Wissens nach.
Gruss
Czauderna

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Re: Rückwirkende Kündigung der Familienversicherung

Beitragvon tsr » 17.10.2023, 17:11

Vielen Dank an Czauderna und GS! Ich habe mir das alles durch den Kopf gehen lassen, mehrmals mit der Kasse telefoniert und einen Widerspruch mit Begründung formuliert.

Ich werde berichten, wie es sich weiter zutragen wird.

Viele Grüße
tsr


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