Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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neukunde
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Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon neukunde » 17.01.2024, 19:19

Ich möchte in die GKV wechseln und möchte wissen, ob meine Überlegungen dazu richtig sind.

Ich bin 45 Jahre alt und habe seit 20 Jahren ausschließlich Einnahmen aus einem Gewerbebetrieb (Einmannbetrieb, keine Angestellten). Ebenfalls seit 20 Jahren bin ich privat versichert und möchte jetzt wechseln.

Der Plan ist:
- bei einem Kollegen für 30h/Woche anstellen lassen, mit diesem Kollegen bisher keine geschäftlichen Beziehungen gehabt (ca. 3000-4000€ Bruttogehalt)
- Gewerbe nur noch 10h/Woche betreiben (ca. 2000€ Brutto)
- dadurch pflichtversichert in die GKV kommen, der Kasse auch diese Konstellation darstellen (angestellt + Gewerbe)
- nach 2 Monaten Arbeitsvertrag aufheben und wieder Gewerbe normal weiterbetreiben
- danach in der GKV freiwillig versichert bleiben

Kann diese Vorgehensweise funktionieren, wenn nicht, was muss ich daran ändern? Wird die GKV die Einnahmen prüfen, und wenn ja wie (monatliche Gegenüberstellungen sind ja nicht wirklich möglich)?

Czauderna
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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon Czauderna » 17.01.2024, 20:19

Hallo und willkommen im Forum

Das kann so funktionieren, aber wenn es schief geht, dann gibt es Ärger und dann nicht nur für dich, sondern auch dann für deinen "Arbeitgeber".
Also spielen wir das Ganze mal durch mit zwei unterschiedlichen Ergebnissen
Alles geht klar :
1.
Du suchst dir eine Krankenkasse (GKV) und stellst dort einen Aufnahmeantrag
In diesem Antrag wirst du von der Kasse gefragt, wie du bisher krankenversichert warst und dort antwortest wahrheitsgemäß "bei der PKV".
Die Kasse nimmt dich auf und übersendet deinem Arbeitgeber eine Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V.
Dein Arbeitgeber meldet dich bei der Krankenkasse als krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer an. Dass du nebenher noch selbständig bist, nimmt die Kasse zur Kenntnis, weil du dies wahrheitsgemäß auf dem Aufnahmeantrag ebenfalls angegeben hast auf die entsprechende Frage.
Nach zwei Monaten meldet dich dein Arbeitgeber wieder ab, mit dem Grund "Ende der Beschäftigung". Deine Krankenkasse will nun von dir wissen, wie du ab dem Folgetag krankenversichert bist. Du willst nicht wieder in die PKV und kannst deshalb der Krankenkasse keinen anderweitigen Krankenversicherungsschutz nachweisen. Deine Mitgliedschaft wird jetzt nahtlos als "freiwillige Versicherung" weitergeführt, also die obligatorische Anschlussversicherung und weil du dich nicht äußerst, wirst du "erstmal" mit dem höchsten Beitrag (Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze) eingestuft. Den willst du natürlich nicht zahlen und weil du ja selbständig bist, möchtest du auch gerne mit Krankengeld versichert sein.
Also setzt du dich mit deiner Krankenkasse in Verbindung und klärst das Ganze. Jedenfalls bist du nun freiwillig in der GKV versichert.

Das wäre der positive Teil der Geschichte (für dich) - es kann aber auch anders laufen und solche Fälle kenne ich aus der Praxis von mir genug.

2.
Du suchst dir eine Krankenkasse und stellst dort einen Aufnahmeantrag. In diesem Antrag wirst du von der Kasse gefragt, wie du bisher versichert gewesen warst und du antwortest wahrheitsgemäß "bei der PKV". Die Kasse nimmt dich auf und übersendet deinem "Arbeitgeber" eine Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V.. Dein "Arbeitgeber" meldet dich als krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer an. Dass du nebenher noch selbständig bist, hast du auf dem Aufnahmeantrag wahrheitsgemäß bestätigt und jetzt beginnt der negative Teil der Geschichte (negativ für dich und ggf. in der Folge auch für deinen Arbeitgeber). Die Kasse prüft, ob es sich bei deiner "nebenberuflichen Tätigkeit" nicht doch noch um eine hauptberufliche Tätigkeit handelt, die bei Vorliegen einer solchen Tätigkeit die Krankenversicherungspflicht als Arbeitnehmer verhindern würde und damit natürlich auch den Weg in die GKV. Es kann aber auch sein, dass die Kasse den Verdacht hat, dass es dir nur darauf ankommt, wieder in die GKV zu wechseln (Gründe dafür sind egal, jedenfalls für die Kasse) und zweifelt an der Richtigkeit deines Arbeitsvertrages mit deinem neuen Arbeitgeber (Kollegen). Da wird also nicht nur der Arbeitsvertrag selbst geprüft, sondern auch, ob du tatsächlich in den Betrieb eingegliedert bist (z.B. Arbeitsplatzbeschreibung), ob ein Gehaltskonto geführt wird und ob auch tatsächlich Geld fließt. Dabei kann die Kasse auch eine sofortige Betriebsprüfung über die Rentenversicherung bei deinem "Arbeitgeber" vornehmen. Und wenn dann nicht alles "wasserdicht" ist, dann wird es unangenehm für dich, weil du dir quasi den Zugang in die GKV erschlichen hast, und auch für deinen "Arbeitgeber", der wissentlich an diesem "Betrug" beteiligt war. Ihr könntet dafür beide vor Gericht landen.

Fazit : Ja, es könnte funktionieren, muss aber nicht - wenn ich einen solchen Fall auf den Tisch bekommen würde - mich würde weniger die nebenberufliche Tätigkeit stutzig machen, weil eine solche Konstellation schon häufig in der Praxis vorkommt. Mich würde die Art der Tätigkeit als Arbeitnehmer (bei einem Kollegen) in Verbindung mit der nebenberuflichen Tätigkeit stutzig machen und er recht dann, wenn diese "Tätigkeit" bereits nach zwei Monaten wieder enden würde. Da ich aber in keinem Fall ungesetzliche Vorgehensweisen unterstütze, kann ich dir nur raten, macht es richtig und wirklich, am besten suchst du dir einen anderen (branchenfremden) Arbeitgeber und arbeitest dort wirklich und mehr als nur zwei Monate, aber es könnte ja sein, dass du die Probezeit nicht überstehst und dein Arbeitgeber dir kündigt.

Gruss
Czauderna

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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon Racer76 » 17.01.2024, 21:01

Hallo,

darf ich ganz frech fragen was der Anlass für den Wechselwunsch ist? Sind es reine finanzielle Gründe, Befürchtungen wegen späteren Beitragserhöhungen, etc.? Vielleicht macht es doch Sinn in der PKV zu bleiben?

GS
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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon GS » 17.01.2024, 23:21

Hallo Racer76
Racer76 schreibt
darf ich ganz frech fragen was der Anlass für den Wechselwunsch ist? Sind es reine finanzielle Gründe, Befürchtungen wegen späteren Beitragserhöhungen, etc.? Vielleicht macht es doch Sinn in der PKV zu bleiben?

Ich tippe mal drauf, dass dem TE das "(Beitragsver-)Gleichnis vom Appel und vom Ei" zu Ohren gekommen ist.

Will sagen, wenn er noch die Kurve in die KVdR kriegen will (9/10-Regelung), dann muss er jetzt, mit 45 so allmählich dorthin einbiegen. Also mit einer kurzentschlossenen 180°-Wendung in den GKV-Rennstall rüberwechseln, dort nach einem zwei Monate angesetzten Reifenwechsel anschließend unter neuer KV-Flagge wieder Vollgas geben, aber am Ende der insgesamt 67 Runden quasi im Leerlauf ausrollen lassen, also KV-Beiträge dauerhaft nur noch über die ca. 700-850 Leerlauf-Upm (sorry, Rente von der GRV in €) abstottern müssen.

Macht bei gemessenen 850 Upm gerade mal 170 € Beitrag, also für nen Appel und 'n Ei kranken- und pflegeversichert.

Wogegen der tatsächliche Tourenzähler im Alter - die dann beitragsfreien 1000er hinzugerechnet - Im Idealfall in die Nähe des roten Bereichs (> 6.000) kommen, ja diesen sogar ohne Schaden dauerhaft betreten kann. Beispiele für diese Wendemanöver gibts zuhauf.

Czauderna hat hat zuvor ja gekonnt beschrieben, wie es gehen könnte, aber auch, wie man dabei Schiffbruch erleiden könnte und auch schon Schiffbruch erlitten hatte. Wer allerdings den letzten Halbsatz
... aber es könnte ja sein, dass du die Probezeit nicht überstehst und dein Arbeitgeber dir kündigt.
überlesen haben sollte, dem ist wirklich nicht zu helfen. :mrgreen:

Ein gewisser Restzweifel am Gelingen des Manövers mag darin liegen, dass sich in den ca. 22 Jahren der Wind - die Gesetzeslage - drehen könnte in die Richtung, dass die GKV es sich weder leisten wollte noch könnte, auf die Verbeitragung dieser zusätzlichen vierstelligen Drehzahlen - sorry. Alterseinkünfte - zu verzichten.

Zugegeben, Zukunftsmusik. Aber hat es die - Jahrzehnte später - nicht immer schon gegeben?

Gruß
von GS

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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon neukunde » 18.01.2024, 09:08

Racer76 hat geschrieben:Hallo,

darf ich ganz frech fragen was der Anlass für den Wechselwunsch ist? Sind es reine finanzielle Gründe, Befürchtungen wegen späteren Beitragserhöhungen, etc.? Vielleicht macht es doch Sinn in der PKV zu bleiben?


Ich beschäftige mich schon länger mit einem Wechsel, hauptsächlich wegen KvdR, da ich nur wenig gesetzliche Rente beziehen werde und der Hauptteil der Einnahmen als Rentner aus Mieten und Zinsen erfolgen soll... es war aber erst später geplant (2 Kinder schenken mir ja 6 Jahre).
Es kommt bald aber ein neues Problem auf mich zu: die Familienversicherung der Kinder. Ich bin verheiratet und die Kinder sind schon immer in der gesetzlichen Krankenversicherung meiner Frau familienversichert. Bisher war das ohne Probleme möglich, jetzt (ab 2023) ist mein Verdienst über der JAEG und wird es auch bleiben. Ich möchte also noch vor Abgabe meiner Steuererklärung wechseln, damit ich dem rückwirkendem Rauswurf meiner Kinder aus der Familienversicherung entgehe.

Was ich allgemein noch nicht ganz verstanden habe: Würde eine Kündigung durch den Arbeitgeber gegenüber eines Aufhebungsvertrags die Wahrscheinlichkeit verringern, das die Krankenkasse genauer hinschaut?

Wie hoch ist der Beitrag für die GRV als KvdR-Rentner, wenn man sagen wir mal brutto 200€ Rente aus der gesetzlichen RV bezieht und der Rest aus Mieten und Zinsen ist? Gibt es einen Mindestbeitrag?

Czauderna
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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon Czauderna » 18.01.2024, 09:26

Hallo,
Zur Frage bzgl. der Kündigung durch den Arbeitgeber - ich meine, ja, wenn der Arbeitgeber nichts mit deiner Branche zu tun hat und von sich aus das Beschäftigungsverhältnis kündigt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kasse eben dieses gekündigte Arbeitsverhältnis rückwirkend anzweifelt, meiner Meinung nach nicht sehr hoch. Allerdings bestärkt deine Nachfrage mein Gefühl, dass in der Planung nicht alles hasenrein gewesen ist.

Was die Beitragshöhe angeht - als "KVdR-Rentner" und damit meine ich den pflichtversicherten Rentner wäre es tatsächlich so, dass er in diesem Fall
für seine 200,00 € Rente Beiträge zahlen müsste - bei grob geschätzten 18% für Kranken- und Pflegeversicherung wären das 36,00 € mtl. und davon würde die Rentenversicherung ca. 15,00 € übernehmen. Miete und Zinsen wären beitragsfrei.
Anders sehe es natürlich bei einem freiwillig versicherten Rentner aus - da würden Miete und Zinsen zu Buche schlagen bis zum Höchstbeitrag.
Gruss
Czauderna

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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon neukunde » 18.01.2024, 09:57

Czauderna hat geschrieben:wenn der Arbeitgeber nichts mit deiner Branche zu tun hat


Woher weiß meine neue Krankenkasse, in welcher Branche ich mein Gewerbe betreibe, es steht ja nicht mal auf dem Steuerbescheid? Muss ich das bei der Aufnahme angeben?

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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon Czauderna » 18.01.2024, 10:44

Hallo,
es gibt Kassen, die fragen danach, gerade dann, wenn die Kasse misstrauisch geworden ist und der Status geprüft wird.
Gruss
Czauderna

heinrich
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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon heinrich » 18.01.2024, 13:11

ein Anmerkung zum "rückwirkenden Rauswerfen der Kinder aus der Familienversicherung"

Sind die Einkünfte (hier wohl für 2023) oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (und vorher nicht)

dann endet die FAMI für die Kinder NICHT rückwirkend, sondern erst mit dem letzten Tag der Erstellung des
Einkommensteuerbescheides.

Bsp:
Einkünfte
2021 20.000
2022 30.000
2023 80.000

Datum der Erstellung des Einkommensteuerbescheides 9.9.2024
BEDEUTET: Ende der FAMI für Kinder- aufgrund ESTB 2023- erst zum 30.09.2024

so ist es, wenn es sich um Einkünfte aus Selbstständigkeit handelt.

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Re: Vorgehensweise Wechsel PKV - GKV

Beitragvon Racer76 » 18.01.2024, 18:48

Wenn du in der PKV in Ruhestand gehst hast du um die 35 Jahre an Altersrückstellungen gebildet. Das dürfte die Beiträge ordentlich dämpfen und du hast i.d.R. einen deutlich besseren Leistungsumfang als in der GKV. Der Leistungskatalog der GKV dürfte sich über die kommenden Jahre nicht verbessern bzw. die Beiträge in der GKV günstiger werden berücksichtigt man, dass nun die Babyboomer nach und nach in Ruhestand gehen und das System eh schon auf Kante genäht ist.

Die Frage ist halt, ob die GKV der Wahl am Ende nicht genug Anhaltspunkte sieht, um rückwirkend den Status "pflichtversichert" wieder einzukassieren, auch wenn der Arbeitsvertrag und die anderen Formalien soweit ok sind? Alleine aufgrund der Tatsache, dass man in so kurzer Zeit hin- und herwechselt? Es könnte sich lohnen einen Fachmann zu Rate zu ziehen und sich individuell beraten zu lassen.


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