Europa Kostenübernahme Notfall

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Nassauer1
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Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Nassauer1 » 08.02.2024, 20:09

Hallo.
Folgendes ist mir ( Wohnsitz Deutschland und Krankenkasse Deutschland )passiert:

Nach der Landung am Flughafen Wien direkt vom Notarzt versorgt worden.
Dann von da aus direkt in die Stadt mit dem Rettungswagen in das Krankenhaus.
Nach Untersuchungen und Bluttests, Infusion usw. nach 2 Stunden wieder entlassen worden.

Nach einigen Wochen kamen dann 2 verschiedene Rechnungen aus Österreich.

800 Euro für die Kosten im Krankenhaus :
Die gesetzliche KK will die Kosten nicht übernhemen.

150 Euro für Rettungswagen:
Die Kosten wurden von der gesetzlichen KK übernommen.

Kann das nicht nachvollziehen.
Widerspruch wurde abgelehnt.

Bitte um Hilfe, da es für mich sehr viel Geld ist...vielen lieben Dank :)

Wohnsitz ist Deutschland

GS
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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon GS » 09.02.2024, 00:35

@Nassauer1

gut, dass es wieder in die Vertikale ging.
Ansonsten aber vielleicht einen 1-bis niedrig2-stelligen Beitrag für eine vorhersehbare Auslandsreise-KV geschlabbert?
Das wäre bedauerlich, aber auch unklug gewesen.

Gruß
von GS

Czauderna
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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Czauderna » 09.02.2024, 09:50

Hallo und willkommen im Forum,
du hattest doch sicher deine Krankenversichertenkarte mitgenommen. Auf der Rückseite befindet sich dort die Europäische Krankenversicherungskarte, die speziell für genau solche Fälle da ist. Das heißt (speziell in der EU), dass man dort für Notfälle krankenversichert ist, die Kosten dafür von der dortigen Krankenversicherung (in Österreich ist das die jeweilige Gebietskrankenkasse) übernommen und dann mit der deutschen Krankenkasse abgerechnet wird. Was mich verwundert ist, dass du zwei Rechnungen erhalten hast, was dafür spricht, dass du deine Krankenversichertenkarte nicht dabei hattest und was auch verwundert, mit welcher Begründung die Kasse die Krankenhauskosten verweigert hat. Selbst wenn es nicht zu einer stationären Behandlung kam, eine Behandlung (ambulant) fand trotzdem statt.
Gruss
Czauderna

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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Nassauer1 » 09.02.2024, 11:49

Hallo.
Die Krankenkasse Karte hatte ich dabei, die hatten aber nicht danach gefragt.
Mir ging es nicht gut und ich dachte das wird so oder so alles bezahlt, da es ja ein Notfall war und keine geplante Behandlung.

Macht es Sinn zum Anwalt zu gehen oder welche Möglichkeit habe ich sonst noch ??

LG

Czauderna
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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Czauderna » 09.02.2024, 12:46

Hallo,
na ja, ein Anwalt, das wäre noch etwas zu früh - wichtig ist zu wissen, ob die Krankenkasse die Ablehnung schriftlich verfasst hat und mit welcher Begründung die Ablehnung der Behandlung im Krankenhaus erfolgte. Ich kenne es aus meiner Praxis noch so, dass wir in solchen Fällen zumindest die Kosten erstattet haben (abzgl. einer Verwaltungsgebühr), die der dortigen Krankenkasse entstanden wären.
Erst wenn es wirklich einen schriftlichen Ablehnungsbescheid seitens der Kasse gibt, erst dann kann man den Rechtsweg beschreiten. Ob da auch schon ein Anwalt eingeschaltet werden sollte, das muss man selbst entscheiden, kommt auch auf die Summe an, um die es dann geht.
Wer sollte nach der Karte gefragt haben ? - für die Krankenwagenbesatzung ist die Kostenfrage vor Ort nicht die erste Baustelle - sie müssen transportieren. Das Krankenhaus wäre da schon eher gefragt. Wurden denn dort keine Daten aufgenommen - da muss doch geklärt worden sein, ob man als "Kassenpatient" oder als Privatpatient behandelt werden soll. Das ist meines Wissens nach in Österreich nicht anders als bei uns.
Gruss
Czauderna

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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Nassauer1 » 09.02.2024, 14:20

Hallo,
vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Im Krankenhaus wurden Daten aufgenommen, aber es hat keiner nach der Karte gefragt.
Auf meinen Widerspruch wurde bis jetzt nur telefonisch reagiert. Die Dame teilte mir mit, das man nur die Kosten ünernehmen kann, die einem unter gleichen Voraussetzungen hier in Deutschland entstanden wären.
Eine schriftliche Ablehnung wurde mir zeitnah zugesichert und ich sollte mir eine Auslandskrakenversicherung zulegen...
Macht es Sinn die Krankenkasse in Österreich/Wien (Gebietskrankenkasse) zu kontaktieren oder ist das "zu spät".

LG

Czauderna
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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Czauderna » 09.02.2024, 14:46

Hallo,
ja, und was wäre in Deutschland gewesen - die Behandlung im Krankenhaus wäre ja nicht kostenlos gewesen, sondern wäre als ambulante (Notfall)Behandlung abgerechnet worden. Wenn die Kasse (Dame) diese Kostenerstattung in Aussicht gestellt hat, dann wäre die Sache ja geklärt. Auf den Mehrkosten würdest du allerdings sitzen bleiben.
Die Krankenkasse in Österreich einzuschalten ist meiner Meinung nach zwecklos, die wird sich da nicht reinhängen. Eine Möglichkeit wäre, gegen die Rechnung des Krankenhauses in Österreich Einspruch zu erheben und dem Widerspruch eine Kopie deiner Europäischen Krankenversicherungskarte beizufügen und dazu als Begründung zu schreiben, dass du die Karte bei Ankunft im Krankenhaus dabei gehabt hättest. Dieser Weg wäre aber wirklich nur dann zu beschreiten, wenn deine Krankenkasse eine hieb- und stichfeste Ablehnung erteilt, also gar nichts zahlen will.
Gruss
Czauderna

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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Nassauer1 » 09.02.2024, 16:09

Hallo.
Vielen vielen Dank nochmals.
Dann warte ich den schriftlichen Ablehnungsbescheid ab und würde mich dann sehr gerne nochmals hier melden.
Alles gute bis dahin und 1000 Dank nochmals.

LG

Saxum
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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Saxum » 10.02.2024, 09:30

Ist der Urlaub vielleicht glücklicherweise mit Kreditkarte bezahlt worden und die Kreditkarte ist eine dieser „besseren Karten“ mit eingebauter Krankenversicherung?

Ansonsten würde ich ggf. mal die DVKA kontaktieren.

Doof dass wohl sonst keine Auslandskrankenversicherung besteht, eigentlich würde ich auch meinen dass die „Karte“ in der EU reicht, aber würd lieber sicher gehen wollen.

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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon GS » 10.02.2024, 11:36

Saxum hat geschrieben:[...]
Doof dass wohl sonst keine Auslandskrankenversicherung besteht, eigentlich würde ich auch meinen dass die „Karte“ in der EU reicht, aber würd lieber sicher gehen wollen.
Mal abgesehen von diesem grenznahen Einzelfall: Für den Krankenrücktransport aus dem EU-Inland nach D reicht die Karte schon mal nicht.

Und wenn man die Auslandreise-KV schon deshalb hat - wird so ja auch von den Kassen selbst angeraten - nutzt man sie natürlich auch in so einem Fall wie hier beschrieben.

Dann wäre das ganze Theater, das der TE Nassauer1 in dieser Angelegenheit erlebt hat und noch erlebt, nicht vonnöten.

Saxum
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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Saxum » 10.02.2024, 14:28

Du hast komplett recht, der Krankenrücktransport ist tatsächlich ein Punkt.

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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Rossi » 15.02.2024, 13:19

Also, Du hättest damals die Krankenversichertenkarte vorlegen müssen, sowie ein Formular unterschreiben, mit dem Du eine Krankenkasse in Österreich aussuchst, die die sog. Sachleistungsaushilfe (SLA) für die Deutsche Krankenkasse übernimmt.

Das Krankenhaus rechnet dann mit der in ausgewählten Krankenkasse in Österreich ab, die österreichische Krankenkasse holt es sich von der deutschen Krankenkasse zurück.

So sollte es in der Praxis funktionieren. Das Ganze funktioniert allerdings nur bei Notfällen, ich gehe mal davon, dass es einer war.

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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Saxum » 15.02.2024, 14:24

@Rossi, da bin ich jetzt doch anderer Meinung - vielleicht weil ich heute Kaffee hatte.

Ich hab nochmals einfach die Suchmaschine angeworfen, dabei habe mal eine Seite gefunden: https://www.bundesgesundheitsministeriu ... m-ausland/

"Wenn Sie eine medizinische Leistung innerhalb der EU, des EWR oder in der Schweiz in Anspruch nehmen, können Sie auch vor Ort die Behandlungskosten bezahlen und dann die Rechnungsbelege bei Ihrer Krankenkasse in Deutschland einreichen. Die Kosten werden jedoch nur bis zu der Höhe übernommen, wie sie bei einer inländischen Behandlung erstattet werden. Die Krankenkasse kann darüber hinaus Abschläge für Verwaltungskosten vornehmen."

Das SGB V zur Hand genommen und geblättert:

§ 13 Abs. 4 SGB V
"Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung.[...]"

Aufgrund dieser Schilderungen und dem Passus scheint doch generell eine nachträgliche Kostenerstattung gut möglich sein, abzüglich Verwaltungskosten und wenn "Vertragsleistungen" in Anspruch genommen werden (also nicht etwa Private Leistungeserbringer).

Gehen wir weiter zu § 13 Abs. 5 SGB V, ist zwar geregelt, dass [...]"Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann."

Dieser Passus klingt für mich stark nach "gezielter Heilbehandlung in Krankenhäusern", der Umstand eines Notfalls lässt ja keine "rechtzeitige Behandlung im Inland" zu. Ein Notfall ist ja grundsätzlich generell sowieso eine Ausnahmesituation.

Siehe auch hierzu etwa beispielweise bei der TK Krankenkasse: https://www.tk.de/service/form/2006526/ ... sland.form

Hier steht unten am Ende der Seite dazu: "Bitte beachten Sie, dass einige gezielte Auslandsbehandlungen vorab von der TK genehmigt werden müssen. Hierzu gehören zum Beispiel Krankenhausaufenthalte, Rehamaßnahmen und alle Behandlungen, denen die TK auch in Deutschland vor Beginn zustimmen muss, wie zum Beispiel Zahnersatz." Analoges müsste entsprechend für die anderen Krankenkassen gelten.

Ich würde mich also nicht abwimmeln lassen, das sollte doch meines Erachtens nach gehen, dass es zumindest zu den Beträgen so wie es in Deutschland angefallen wäre erstattet wird.

Was konkret stand denn in der Begründung der Ablehnung des Erstantrages und des Widerspruches?

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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Rossi » 15.02.2024, 21:03

Deine Ausführungen nehme ich sehr gerne an (Saxum), ganz offensichtlich entsprechen diese aber nicht der Praxis!

Zwischen Theorie und der Praxis bestehen ganz offensichtlich erhebliche Unterschiede!!

Ich habe dies persönlich bei einer Auslandsreise in Polen erlebt!

Rossi
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Re: Europa Kostenübernahme Notfall

Beitragvon Rossi » 15.02.2024, 21:32

Nun ja Saxum, man sollte den Wortlaut des Gestzes definitiv beachten.

Zitat:
Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung.

Warum hat der Poster hier nicht die Sach- und Dienstleistung in Österreich in Anspruch genommenl?

Der Umweg über die vermeintliche Kostenerstattung scheint ganz offensichtlich in der Praxis nicht zu funktionieren, weil hier in der Regel vorher ein Antrag erforderlich ist!!!

Wie dem auch sei!!!


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