Eigene KV mit Bezahlung unter Minijobgrenze, aber mit Überschreitung der Verdienstgrenze durch Kapitalerträge möglich?

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Schwabe
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Eigene KV mit Bezahlung unter Minijobgrenze, aber mit Überschreitung der Verdienstgrenze durch Kapitalerträge möglich?

Beitragvon Schwabe » 30.03.2024, 13:34

Hallo Leute,
kennt sich jemand mit der folgenden (vereinfachten) Situation aus (meine Suche im Forum war nicht erfolgreich, habe zwar etwas zu Mieteinnahmen und Minijob gefunden, dass „passt“ aber nicht ganz):
- ich habe in meinem Hauptjob (mit Versicherungspflicht in der GKV) die Arbeitszeit reduziert, so dass ich (kein Student) noch monatlich 450 Euro (kein 13. Monatsgehalt, kein Weihnachtsgeld angenommen) verdiene,
- die Tätigkeit wurde nun vom Arbeitgeber (ohne mein Wissen) bei der Minijobzentrale als Minijob angemeldet (und er hat mich bei meiner Krankenversicherung abgemeldet),
- ich erhalte monatlich Kapitalerträge (Zinsen) in Höhe von 200 Euro.
Dadurch wird die monatliche Grenze von 538 Euro überschritten (zusätzliche Zinsen ca. 117 Euro/Monat: 2400 Zinsen/Jahr abzgl. 1000 Freibetrag /12), die auch für die Familienversicherung in der Krankenversicherung relevant ist!
Nach meinen Informationen kann ich dann nicht mehr bei meiner Frau (GKV, Kinder sind „aus dem Haus“, haben eigene KV, nicht in der Familienversicherung) familienversichert sein. Es tritt dadurch eine (freiwillige) Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ein (bzw. ich wünsche diese, um eine Krankenversicherung überhaupt zu haben).
Die Monatsbeiträge zur freiwilligen Krankenversicherung betragen typischerweise über 100 Euro.
- Ist es dabei möglich, auf die Einstufung als und die Regeln des Minijobs zu verzichten und mit Einstufung als „regulärer“ oder Midi-Jobber zu arbeiten? Dann zwar mit Lohnsteuer und KV, PV, RV und AV-Beiträgen, die sind aber niedriger als die freiwillige Krankenversicherung.
- Oder ist die Einstufung als Minijob zwingend (kein kann)?
- Der Arbeitgeber müsste doch niedrigere Kosten für seinen SV-Anteil haben? Korrekt?
- Welche Krankenversicherungsmöglichkeit haben Minijobber (z. B. ledig ohne Familienversicherungsmöglichkeit, auch ohne Kapitalerträge? Nur die „teure“ freiwillige Versicherung?
- Ändert sich die Situation oben (familienversichert, Minijob mit 450 Euro), wenn die Kapitalerträge z.B. bei einem Festgeld mit jährlicher Ausschüttung einmal im Jahr (dann 2400 Euro, relevant nach Abzug Freibetrag: 1400 Euro) ausbezahlt werden?
- Oder eine „schlechter“ verzinsliche Geldanlage wählen, um mit den (anzurechnenden) Zinsen unter 88 Euro/Monat zu kommen?
Viele Grüße!

Czauderna
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Re: Eigene KV mit Bezahlung unter Minijobgrenze, aber mit Überschreitung der Verdienstgrenze durch Kapitalerträge möglic

Beitragvon Czauderna » 30.03.2024, 14:36

Hallo und willkommen im Forum,

also, dann wollen wir es mal angehen :

- ich habe in meinem Hauptjob (mit Versicherungspflicht in der GKV) die Arbeitszeit reduziert, so dass ich (kein Student) noch monatlich 450 Euro (kein 13. Monatsgehalt, kein Weihnachtsgeld angenommen) verdiene,
Wenn es sich dabei um da Bruttoentgelt handelt, dann handelt es sich einwandfrei um einen Mini-Job
- die Tätigkeit wurde nun vom Arbeitgeber (ohne mein Wissen) bei der Minijobzentrale als Minijob angemeldet (und er hat mich bei meiner Krankenversicherung abgemeldet),
das hat er richtig gemacht - allerdings frage ich mich, wieso bei der Änderung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht darüber gesprochen wurde
- ich erhalte monatlich Kapitalerträge (Zinsen) in Höhe von 200 Euro.
Zusammen mit dem Arbeitsentgelt ergibt das 650,00 € als Einnahme, wobei aber nur die 200,00 € beitragspflichtig sind, weil für die 450,00 € der Arbeitgeber schon die Beiträge zahlt (nur Krankenversicherung, keine Pflegeversicherung)
Dadurch wird die monatliche Grenze von 538 Euro überschritten (zusätzliche Zinsen ca. 117 Euro/Monat: 2400 Zinsen/Jahr abzgl. 1000 Freibetrag /12), die auch für die Familienversicherung in der Krankenversicherung relevant ist!
Genauso ist es
Nach meinen Informationen kann ich dann nicht mehr bei meiner Frau (GKV, Kinder sind „aus dem Haus“, haben eigene KV, nicht in der Familienversicherung) familienversichert sein. Es tritt dadurch eine (freiwillige) Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ein (bzw. ich wünsche diese, um eine Krankenversicherung überhaupt zu haben).
Auch das ist richtig
Die Monatsbeiträge zur freiwilligen Krankenversicherung betragen typischerweise über 100 Euro.
Der Beitrag ist in diesem Fall nach der Mindestbeitragsbemessungsgrenze zu entrichten, die im Jahr 2024 bei monatlich bei 1178,33 € liegt und demzufolge mit ca. 226,00 € (je nach Kasse und Zusatzbeitragshöhe) incl. Pflegeversicherung liegt,
- Ist es dabei möglich, auf die Einstufung als und die Regeln des Minijobs zu verzichten und mit Einstufung als „regulärer“ oder Midi-Jobber zu arbeiten? Dann zwar mit Lohnsteuer und KV, PV, RV und AV-Beiträgen, die sind aber niedriger als die freiwillige Krankenversicherung.
- Oder ist die Einstufung als Minijob zwingend (kein kann)?
ja, dies wäre zwingend - es sei denn du bekommst deinen Arbeitgeber dazu, dein Bruttogehalt über die Mini-Job Grenze zu heben - dann wäre es eine Beschäftigung in der Gleitzone (Midi-Job), du wärst dann wieder krankenversicherungspflichtig und deine Zinsen wären beitragsfrei
- Der Arbeitgeber müsste doch niedrigere Kosten für seinen SV-Anteil haben? Korrekt?
Ja, wenn es tatsächlich nur geringfügig über der Minijob-Grenze liegen würde, könnte das der Fall sein und er hätte ggf. noch weitere Vorteile, nicht nur du.
- Welche Krankenversicherungsmöglichkeit haben Minijobber (z. B. ledig ohne Familienversicherungsmöglichkeit, auch ohne Kapitalerträge? Nur die „teure“ freiwillige Versicherung?
ja, nur die - wenn es keine Vorrangversicherung gibt
- Ändert sich die Situation oben (familienversichert, Minijob mit 450 Euro), wenn die Kapitalerträge z.B. bei einem Festgeld mit jährlicher Ausschüttung einmal im Jahr (dann 2400 Euro, relevant nach Abzug Freibetrag: 1400 Euro) ausbezahlt werden?
Es kommt darauf an, was im Einkommensteuerbescheid als Kapitalertrag aufgeführt ist - das wird durch 12 geteilt und als Einkommen gerechnet für die Familienversicherung
- Oder eine „schlechter“ verzinsliche Geldanlage wählen, um mit den (anzurechnenden) Zinsen unter 88 Euro/Monat zu kommen?
ja, wie geschrieben, was dann belegt wird, das zählt.
Gruss
Czauderna

heinrich
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Re: Eigene KV mit Bezahlung unter Minijobgrenze, aber mit Überschreitung der Verdienstgrenze durch Kapitalerträge möglic

Beitragvon heinrich » 30.03.2024, 19:07

entweder Du verdienst in der Beschäftigung m e h r als 538 EUR

oder aber w e n i g e r als 338 EUR.

Wenn Du also statt 450 EUR dann 112 EUR weniger verdienst, dann sparst Du 226 EUR Beitrag.

UND: für die 112 EUR musst Du nicht arbeiten.

Bitte prüfe auch einmal, ob die 200 EUR Zinsen pro Monat wirklich ALLEIN Deine Zinsen sind oder
ob es die Zinsen von Dir und Deiner Frau sind.

Ferner gibt es bei Kapitalerträgen/Zinsen auch noch von 1000 EUR (als Jahresbetrag) , der mindernd zu deinem Vorteil abzuziehen sind.


1000 : 12 = 83,33 pro Monat

Falls du wirklich 200 EUR im Monat im Durchschnitt an Zinsen hast, dann wäre ja für die FAMI nur 116,67 EUR anzusetzen

450 + 116,67 = 566,67 EUR.
Damit wärest Du 28,67 EUR über der Grenze für FAMI.

Also müsstest Du ca 30 EUR weniger verdienen, also 420 EUR.

Wenn Du das jetzt nicht hinbekommst, sorry, dann bist Du selbst schuld.

FAZIT: mehr verdienen oder weniger verdienen--- das ist die Lösung

heinrich
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Re: Eigene KV mit Bezahlung unter Minijobgrenze, aber mit Überschreitung der Verdienstgrenze durch Kapitalerträge möglic

Beitragvon heinrich » 30.03.2024, 19:10

ich lese gerade , dass du was von einem Freibetrag von 1400 EUR geschrieben hast.

Diesen Freibetrag kenne ich nicht. Bring mir etwas Erleuchtung, was das sein soll.

Wenn der Freibetrag bei den 2400 schon abgezogen wurde (ich bin sicher, dass es 1000 EUR sind),
dann ist mein letztes Zahlenbeispiel mit den 30 EUR weniger natürlich nicht mehr richtig.

Schwabe
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Re: Eigene KV mit Bezahlung unter Minijobgrenze, aber mit Überschreitung der Verdienstgrenze durch Kapitalerträge möglic

Beitragvon Schwabe » 31.03.2024, 17:07

Hallo Czauderna,
vielen Dank für deine ausführlichen Bemerkungen und Bestätigung meiner bis gestern gefundenen Informationen.
Inzwischen habe ich unten stehende Ausführungen gefunden. Damit sollte für eine Beschäftigung mit geringfügiger Entlohnung (wenn man es wohl Minijob nennen muss) auch eine „normale“ Besteuerung und Abführung der regulären Sozialversicherungsbeiträge möglich sein, der Arbeitgeber muss nicht zwingend die pauschale Besteuerung anwenden. Die pauschale Besteuerung (und Abführung von Sozialversicherungsbeträgen) soll ja eine Vereinfachung darstellen, die (wie ausgeführt) optional ist.
Auf https://www.haufe.de/oeffentlicher-dien ... 10851.html findet sich:
„Der Arbeitslohn aus Teilzeitbeschäftigungen ist steuerlich in der Weise privilegiert, dass er nicht zwingend nach den (elektronischen) Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers besteuert werden muss, sondern unter bestimmten Voraussetzungen … nach § 40a Abs. 2 EStG eine einheitliche Pauschsteuer von 2 % in Betracht, die nicht nur die Lohnsteuer, sondern darüber hinaus auch den Solidaritätszuschlag und eine gegebenenfalls zu erhebende Kirchenlohnsteuer abgilt.“
Tatsächlich heißt es in § 40a Abs. 2 EStG:
„(2) Der Arbeitgeber kann unter Verzicht auf den Abruf von elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen … mit einem einheitlichen Pauschsteuersatz in Höhe von insgesamt 2 Prozent des Arbeitsentgelts erheben.“
Das ist ganz klar eine Kann-Formulierung, der Arbeitgeber muss diese nicht anwenden (da er noch viele mehr Angestellte hat, dürfte die Anwendung der „normalen“ Abrechnung für ihn auch keine Probleme machen).
Wenn die pauschale Versteuerung nicht zwingend ist, kann ja die pauschale Abführung von Sozialversicherungsbeträgen auch nicht zwingend sein.
Falls die pauschale Abführung von Sozialversicherungsbeträgen (und damit keine eigene KV) doch zwingend sein sollte, lasse ich mich gerne belehren, bitte aber um die Fundstelle (z. B. im SGB). Dort habe ich allerdings nichts gefunden.
Das ist vielleicht auch ein interessanter Ansatz für alle „alleinstehenden“ Minijobber (die keine Familienversicherung oder KV aus dem Hauptjob im Hintergrund haben), um zu einem „günstigen“ Krankenversicherungsbeitrag zu kommen.
Ich hatte die reduzierte Arbeitszeit schon ab 1. August letzten Jahres vereinbart, dabei war nie von einem Minijob die Rede. Der Arbeitgeber hat diese nicht-pauschale Behandlung übrigens auch vom 1. August bis 31. Dezember 2023 angewendet. Überraschend für mich und ohne weitere spezielle Benachrichtigung (man hätte es vielleicht anhand einer geänderten Kennzahl in einer Meldung zur Sozialversicherung erkennen können) hat er den Arbeitsvertrag wohl im Februar rückwirkend zum 1. Januar 2024 auf einen Minijob umgestellt. Warum auch immer!

@heinrich: wie ich schon geschrieben hatte, ist dieser Fall konstruiert, um diesen möglichst einfach darzustellen, die Situation und die tatsächlichen Zahlen sind etwas anders. Aber: ja, die 200 Euro Zinsen pro Monat sind meine eigenen (könnten z. B. aus dem Kapital einer Abfindung stammen).
Zu deinen Fragen zu den Zinsen: ich hatte 2400 Euro/Jahr angegeben, davon den Freibetrag (von 1000 Euro) abgezogen, verbleiben 1400 Euro/Jahr, die in der Berechnung meines Verdienstes für die KV zu berücksichtigen sind. War das irgendwie missverständlich?
Die anderen Ausführungen, die du angibst habe ich doch auch schon alle angegeben (Berücksichtigung Freibetrag 1000, nicht 1400: 2400 Zinsen minus Freibetrag 1000 gibt die von mir angegebenen 1400 und bis auf die 116,67 Euro monatlichen Zinsen, die ich vereinfacht als 117 angeführt hatte). Insofern auch Dank an dich für die Bestätigung meiner Sichtweise.

Viele Grüße!

Czauderna
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Re: Eigene KV mit Bezahlung unter Minijobgrenze, aber mit Überschreitung der Verdienstgrenze durch Kapitalerträge möglic

Beitragvon Czauderna » 31.03.2024, 18:30

Hallo,
das ist alles richtig, solange es um die Besteuerung geht - hier geht es aber um die Sozialversicherung und das ist etwas anderes. In dem von dir verlinkten Artikel ist auch nur vom Steuerrecht die Rede.
Hier dazu das SGB -https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/7.html
und
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_4/__8.html
Gruss
Czauderna


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