Keine GKV für Selbständige
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Keine GKV für Selbständige
Selbstständige haben auch dann keinen Zugang zur GKV, wenn der Versicherungsschutz der privaten Krankenversicherung (PKV) bereits vor dem Leistungsbezug von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beendet wurde. Das Landessozialgericht NRW (Essen) hat so mit Beschluss (Az.: L 16 KR 329/10 B ER) vom 23.8.2010 entschieden. Der Beschluss ist inzwischen rechtskräftig.
Na super Vergil, den Beschluss kenne ich natürlich.
Vielleicht solltest Du auch erwähnen, dass das LSG NRW damit völlig aus der Reihe tanzt.
Es gibt jetzt insgesamt 9 Entscheidungen bzw. Urteile in dieser Problematik und nur die Essener Richter sehen es anders.
Es steht also 8 : 1 gegen die Kassen.
Und wenn ich mir die Urteilsbegründung reinpfeiffe, fange ich an zu schmunzeln.
Zitat:
Es kann dahinstehen, ob - wie das SG und die Ag meinen - ein Anspruchsteller sich bei Nichterfüllung der Versicherungspflicht so behandeln lassen muss, als sei er tatsächlich versichert oder ob das tatsächliche Bestehen einer privaten Versicherung am letzten Tag vor dem Bezug des Alg-II ("unmittelbar") erforderlich ist (so SG Berlin, Beschluss vom 01.10.2010 - S 36 KR 182/10 ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.05.2010 - L 9 KR 33/10 B ER). Gegen die Ansicht des SG spricht allerdings, dass in der PKV, anders als in der GKV, die Versicherungspflicht nicht automatisch zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses führt, sondern nur die Verpflichtung zum Abschluss eines Versicherungsvertrages begründet. Als einzige Sanktion bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung hat der Gesetzgeber den Prämienzuschlag (§ 193 Abs. 4 VVG) vorgesehen. Der Gesetzgeber geht jedoch ausweislich der 2. Alternative des § 5 Abs. 5a Satz 1 SGB V davon aus, dass ungeachtet der bestehenden Versicherungspflicht Personen weiter ohne Versicherungsschutz sein können.
Jedoch ist die Versicherungspflicht nach der 2. Alternative ausgeschlossen. Zwar übte der Bf zum Zeitpunkt des Eintritts des Alg-II-Bezugs keine selbständige Tätigkeit mehr aus. Anders als das SG Berlin (a.a.O.) und das LSG Berlin (a.a.O.) hält der Senat es aber nicht für erforderlich, dass die selbständige Tätigkeit bis zum Beginn des Alg-II-Bezugs ausgeübt worden ist. Der Wortlaut der Bestimmung fordert dies nicht. Das Wort "unmittelbar" bezieht sich nur auf den Status als Versicherter: Wer - aus welchen Gründen auch immer - bis zum Beginn des Alg-II-Bezugs privat versichert war, bleibt in diesem System, während Personen, die zu diesem Zeitpunkt ohne Versicherungsschutz sind, nur dann nicht gesetzlich versichert sind, wenn sie dem Personenkreis angehören, der nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung dem System der PKV zuzuordnen ist. Auch die Formulierung "gehört" zwingt nicht zur Auslegung, dass die selbständige Tätigkeit noch bis zum Beginn des Alg-II-Bezugs ausgeübt worden sein muss. Für die Frage der Zugehörigkeit zum Kreis der oben bezeichneten Personen kommt es, wie durch den Wechsel vom Imperfekt ("versichert war") ins Präsens ("gehört") deutlich wird, nicht auf den Zeitpunkt unmittelbar vor dem Bezug von Alg-II an. Entscheidend ist vielmehr die Zugehörigkeit des betreffenden Alg-II-Beziehers zum Kreis der maßgeblichen Personen. Für diese Zugehörigkeit kann es aber nicht darauf ankommen, ob die selbstständige Tätigkeit aktuell - auch während des Leistungsbezugs - noch ausgeübt wird. Sonst würde die Zuordnung in der Hand des Betroffenen liegen und davon abhängen, ob erst die Tätigkeit eingestellt wird und dann der Alg-II-Antrag gestellt wird oder umgekehrt. Maßgeblich ist vielmehr der Status des Alg-II-Beziehers, wie er ihn durch die letzte berufliche Tätigkeit erworben hatte, ob er also grundsätzlich zu dem Personenkreis gehört, der nach § 5 Abs. 5 SGB V oder nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V der privaten KV zugewiesenen war und ist (so wohl auch Marlow/Spuhl, a.a.O., S. 594), unabhängig davon, welche Aktivitäten er während des Leistungsbezugs als Selbständiger noch verrichtet. An diesen Status knüpft das SGB V in der Fassung durch GKV-WSG für die Zuordnung zu einem der KV-Systeme stets an (vgl. z.B. BT-Drucksache 16/3100 S. 94)
Übersetzt heißt das jetzt, nur bei der 1. Alternative kommt es darauf an, dass jemand unmittelbar vor dem ALG II-Bezug tatsächlich privat versichert ist.
Bei der 2. Alternative (weder gesetzlich noch privat versichert) gilt der Begriff unmittelbar nicht. Hier kann man dann Jahre zurückgucken.
Nun denn, die Begründung zum Gesetzentwurf sagt aber:
(Seite 94/95 Drucksache 16/3100)
Gleiches gilt für die Personen, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und als hauptberuflich selbständig Erwerbstätige oder als versicherungsfreie Personen zu dem Personenkreis gehören, der grundsätzlich der privaten Krankenversicherung zuzuordnen ist. Die Regelung dient damit auch einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung.
Vermutlich hat die Kammer dies im Hopp Hopp und Schweinsgalopp übersehen.
Die vom SG Berlin veröffentlichen Urteile bzw. Beschlüsse sollten auch deutlich machen, dass man sich dort etwas intensiver mit der Problematik beschäftigt hat.
@vergil, göttlich und überzeugend ist natürlich auch Dein Hinweis:
Es geht ja auch nicht anders. Im einstweiligen Verfahren kann man nicht bis zum BSG marschieren, da ist immer beim LSG Feierabend.
Vielleicht solltest Du auch erwähnen, dass das LSG NRW damit völlig aus der Reihe tanzt.
Es gibt jetzt insgesamt 9 Entscheidungen bzw. Urteile in dieser Problematik und nur die Essener Richter sehen es anders.
Es steht also 8 : 1 gegen die Kassen.
Und wenn ich mir die Urteilsbegründung reinpfeiffe, fange ich an zu schmunzeln.
Zitat:
Es kann dahinstehen, ob - wie das SG und die Ag meinen - ein Anspruchsteller sich bei Nichterfüllung der Versicherungspflicht so behandeln lassen muss, als sei er tatsächlich versichert oder ob das tatsächliche Bestehen einer privaten Versicherung am letzten Tag vor dem Bezug des Alg-II ("unmittelbar") erforderlich ist (so SG Berlin, Beschluss vom 01.10.2010 - S 36 KR 182/10 ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.05.2010 - L 9 KR 33/10 B ER). Gegen die Ansicht des SG spricht allerdings, dass in der PKV, anders als in der GKV, die Versicherungspflicht nicht automatisch zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses führt, sondern nur die Verpflichtung zum Abschluss eines Versicherungsvertrages begründet. Als einzige Sanktion bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung hat der Gesetzgeber den Prämienzuschlag (§ 193 Abs. 4 VVG) vorgesehen. Der Gesetzgeber geht jedoch ausweislich der 2. Alternative des § 5 Abs. 5a Satz 1 SGB V davon aus, dass ungeachtet der bestehenden Versicherungspflicht Personen weiter ohne Versicherungsschutz sein können.
Jedoch ist die Versicherungspflicht nach der 2. Alternative ausgeschlossen. Zwar übte der Bf zum Zeitpunkt des Eintritts des Alg-II-Bezugs keine selbständige Tätigkeit mehr aus. Anders als das SG Berlin (a.a.O.) und das LSG Berlin (a.a.O.) hält der Senat es aber nicht für erforderlich, dass die selbständige Tätigkeit bis zum Beginn des Alg-II-Bezugs ausgeübt worden ist. Der Wortlaut der Bestimmung fordert dies nicht. Das Wort "unmittelbar" bezieht sich nur auf den Status als Versicherter: Wer - aus welchen Gründen auch immer - bis zum Beginn des Alg-II-Bezugs privat versichert war, bleibt in diesem System, während Personen, die zu diesem Zeitpunkt ohne Versicherungsschutz sind, nur dann nicht gesetzlich versichert sind, wenn sie dem Personenkreis angehören, der nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung dem System der PKV zuzuordnen ist. Auch die Formulierung "gehört" zwingt nicht zur Auslegung, dass die selbständige Tätigkeit noch bis zum Beginn des Alg-II-Bezugs ausgeübt worden sein muss. Für die Frage der Zugehörigkeit zum Kreis der oben bezeichneten Personen kommt es, wie durch den Wechsel vom Imperfekt ("versichert war") ins Präsens ("gehört") deutlich wird, nicht auf den Zeitpunkt unmittelbar vor dem Bezug von Alg-II an. Entscheidend ist vielmehr die Zugehörigkeit des betreffenden Alg-II-Beziehers zum Kreis der maßgeblichen Personen. Für diese Zugehörigkeit kann es aber nicht darauf ankommen, ob die selbstständige Tätigkeit aktuell - auch während des Leistungsbezugs - noch ausgeübt wird. Sonst würde die Zuordnung in der Hand des Betroffenen liegen und davon abhängen, ob erst die Tätigkeit eingestellt wird und dann der Alg-II-Antrag gestellt wird oder umgekehrt. Maßgeblich ist vielmehr der Status des Alg-II-Beziehers, wie er ihn durch die letzte berufliche Tätigkeit erworben hatte, ob er also grundsätzlich zu dem Personenkreis gehört, der nach § 5 Abs. 5 SGB V oder nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V der privaten KV zugewiesenen war und ist (so wohl auch Marlow/Spuhl, a.a.O., S. 594), unabhängig davon, welche Aktivitäten er während des Leistungsbezugs als Selbständiger noch verrichtet. An diesen Status knüpft das SGB V in der Fassung durch GKV-WSG für die Zuordnung zu einem der KV-Systeme stets an (vgl. z.B. BT-Drucksache 16/3100 S. 94)
Übersetzt heißt das jetzt, nur bei der 1. Alternative kommt es darauf an, dass jemand unmittelbar vor dem ALG II-Bezug tatsächlich privat versichert ist.
Bei der 2. Alternative (weder gesetzlich noch privat versichert) gilt der Begriff unmittelbar nicht. Hier kann man dann Jahre zurückgucken.
Nun denn, die Begründung zum Gesetzentwurf sagt aber:
(Seite 94/95 Drucksache 16/3100)
Gleiches gilt für die Personen, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und als hauptberuflich selbständig Erwerbstätige oder als versicherungsfreie Personen zu dem Personenkreis gehören, der grundsätzlich der privaten Krankenversicherung zuzuordnen ist. Die Regelung dient damit auch einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung.
Vermutlich hat die Kammer dies im Hopp Hopp und Schweinsgalopp übersehen.
Die vom SG Berlin veröffentlichen Urteile bzw. Beschlüsse sollten auch deutlich machen, dass man sich dort etwas intensiver mit der Problematik beschäftigt hat.
@vergil, göttlich und überzeugend ist natürlich auch Dein Hinweis:
Der Beschluss ist inzwischen rechtskräftig.
Es geht ja auch nicht anders. Im einstweiligen Verfahren kann man nicht bis zum BSG marschieren, da ist immer beim LSG Feierabend.
Zuletzt geändert von Rossi am 05.11.2010, 23:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Hm mal wieder im Rahmen des allgemeinen Sammelns für dei Bürgerversicherung ein wenig zurück zurm Michel Kohlhass ? Nuja was du dazu meinst ist mir schon klar, es sind aber in dem Fall 8 zu 1 sondern 8 : zu 2 Urteile. Mag alles sein, nützt nur wirklich nichts da es immer noch nicht zu einer wirklich positiven Regelung für diesen Personekreis im Rahmen des FinG oder im Rahmen der Neuregelungen beim SGB II gekommen ist, es heißt also weiter Widersprüche stellen , klagen usw.
Aha
8 : 2 gegen die Kassen
Welches Gericht, ausser das LSG NRW sieht es dann auch anders?
Hast Du dort ne Fundstelle?
Aber dennoch 8 : 2 ist doch ne ganz schöne Hausnummer, oder nicht? Wann hat der FC Bayern das letzte mal so hoch verloren?
Tja, ist auch ne Frage, wielange das Spielchen noch geht. Sind wir schon in der 2. Halbzeit, oder gar in der Nachspielzeit?
Die Kassen sagen natürlich, wir sind noch in der 1. Halbzeit und haben uns gerade mal warm gelaufen und mutieren jetzt zu Kampfdackeln.
8 : 2 gegen die Kassen
Welches Gericht, ausser das LSG NRW sieht es dann auch anders?
Hast Du dort ne Fundstelle?
Aber dennoch 8 : 2 ist doch ne ganz schöne Hausnummer, oder nicht? Wann hat der FC Bayern das letzte mal so hoch verloren?
Tja, ist auch ne Frage, wielange das Spielchen noch geht. Sind wir schon in der 2. Halbzeit, oder gar in der Nachspielzeit?
Die Kassen sagen natürlich, wir sind noch in der 1. Halbzeit und haben uns gerade mal warm gelaufen und mutieren jetzt zu Kampfdackeln.
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- Postrank7
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Es geht nichtdarum was die Kassen wollen, klar wollen die nicht unbedingt sich was aufladen was euer kommt und sen Zusatzbeitrag weiter vorranbringt, es geht darum Lösungen zu finden die es ermöglichen für Menschen die selbst waren, das Pech haben sich keine KV mehr leisten zu können den Versicherungschutz sicher zustellen.
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- Postrank7
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