Probleme mit fehlender Vorversicherung

Erfahrungsberichte, Beitragserhöhungen, Versicherungspflicht, gesetzlich oder privat, usw.

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toldo
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Probleme mit fehlender Vorversicherung

Beitragvon toldo » 26.03.2010, 00:07

Hallo,

mein Problem:
Ich bin aktuell schon seit fast einem Jahr nicht krankenversichert.

Der Hintergrund:
Ich war als Student privat versichert (Gothaer). Direkt nach meinem Abschluss war ich von 10/2008 bis 03/2009 angestellt und währenddessen bei der GKV. Ich wollte mich anschließend (arbeitssuchend gemeldet aber kein Leistungsempfänger) dort "freiwillig weiterversichern" und habe erst nach etlichen Monaten herausgefunden, dass das nicht geht (fehlende Vorversicherungszeit von 12 Monaten). Nachdem ich das Thema - zugegebener Maßen - habe schleifen lassen, stecke ich jetzt schon eine ganze Weile im Antragsverfahren bei der Gothaer und habe noch keine klaren Auskünfte erhalten, was mich das insgesamt kosten wird.

Meine Interessenlage ist natürlich einfach: Ich möchte für möglichst niedrige Kosten und möglichst geringe Strafgebühren (Prämienzuschlag wegen fehlender Versicherung seit 04/2009) wieder versichert werden. Die Leistungen sind nachrangig, da ich hoffe, bald wieder einen Job zu finden.

Daher meine Fragen:
1. Ist das korrekt, dass die GKV mich nicht aufnehmen kann?
2. Würde mich eine andere PKV als die Gothaer überhaupt aufnehmen?
3. Gibt es irgendwelche Möglichkeiten, dies kostengünstig zu gestalten?
4. Haben Sie sonst irgendwelche Empfehlungen oder Tips zu meiner spezifischen Situation?

Ich bin dreißig Jahre alt und gesund.

Besten Dank im Voraus!

Peter

Dipling
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Beitragvon Dipling » 26.03.2010, 07:19

1. Die GKV kann nicht nur, sie muss sogar versichern, solange keine andere Absicherung im Krankheitsfall besteht (§ 5 (1) Nr. 13 SGB V). Die Beiträge seit dem Auscheiden aus der GKV sind grundsätzlich nachzuzahlen. Ein Antrag auf Ermäßigung der nachzuzahlenden Beiträge nach § 186(11) SGB V ist möglich, der Erfolg ist ungewiss.

2+3. Jede PKV kann aufnehmen, sie muss aber nicht. Für "Strafzahlungen" ist im Grunde aber die GKV zuständig.
Wenn eine PKV zur Aufnahme bereit ist, kann man natürlich hoffen, dass bei der GKV Gras über die Sache wächst...

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Beitragvon Cassiesmann » 26.03.2010, 08:23

Dipling hat geschrieben: Für "Strafzahlungen" ist im Grunde aber die GKV zuständig.
Wenn eine PKV zur Aufnahme bereit ist, kann man natürlich hoffen, dass bei der GKV Gras über die Sache wächst...


Auch die PKV wird Strafzahlungen erheben, da ab dem 01.01.09 auch hier eine Versicherungspflicht besteht.

toldo
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Beitragvon toldo » 26.03.2010, 09:59

Zu 1.) habe ich folgendes gefunden:

SGB V § 9 Freiwillige Versicherung

(1) Der Versicherung können beitreten

1. Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens vierundzwanzig Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren;...

Widerlegt das die Aussage von Dipling oder verstehe ich hier etwas falsch?

Und wenn dem so ist, wie gestalte ich die Aufnahme möglichst kostengünstig (maximaler Selbstbehalt o.ä.)?

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Beitragvon Dipling » 26.03.2010, 11:22

Rechtsgrundlage ist nicht die freiwillige Versicherung nach § 9, sondern wie genannt § 5(1) Nr. 13 SGB. Dabei handelt es sich um eine Pflichtversicherung für die Personen, die zuletzt gesetzlich versichert waren. Die Beitragshöhe der so Pflichtversicherten ist mit denen freiwilliger Mitglieder identisch.

Der TE ist als zuletzt GKV-Versicherter der GKV zuzuordnen. Daher besteht in der PKV keine Versicherungspflicht.
Dennoch wird die PKV ohne Nachweis einer offiziellen Vorversicherung wahrscheinich Strafzuschläge erheben. Bemessungsgrundlage ist die Beitrag des gewählten Tarifes. Deshalb sollte der Tarif möglichst günstig sein (z.B. ein Grundschutz mit sehr hohem Selbstbehalt).

Die GKV würde für den Zeitraum 04/09-03/10 komplett nachfordern.

Die PKV würde einen einmaligen Strafzuschlag in Höhe von ca. 5-6 Monatsbeiträgen erheben. Dies schließt Nachforderungen der GKV nicht aus, man kann aber bei Jobaufnahme eine aktuelle Vorversicherung nachweisen.

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Beitragvon toldo » 26.03.2010, 11:40

Erstmal herzlichen Dank für die Antworten, insbesondere an Dipling!

§ 5 SGB V besagt:

(1) Versicherungspflichtig sind

Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und

a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder...


Genau genommen habe ich aber einen Anpruch an die Gothaer auf Versicherungsschutz (abgeleitet aus SGB V § 5 (9)) und damit wäre doch § 5 Nr. 13 gar nicht auf mich anwendbar!?

So wie ich es sehe, kome ich also am Günstigsten davon, wenn ich jetzt bei der Gothaer 5-6 Monatsbeiträge nachzahle und hoffe, dass die GKV das nie rauskriegt. Einspruch?

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Beitragvon Dipling » 26.03.2010, 12:00

Der Anspruch gegenüber der Gothaer auf Wiederaufnahme besteht nicht mehr, da dieser maximal 12 Monate nach dem Ausscheiden besteht.

Die Folge ist m.E., dass die GKV rückwirkend ab 04/09 pflichtversichern würde.

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Beitragvon toldo » 26.03.2010, 12:04

Soweit mir gesagt wurde, besteht der Anspruch noch, da ich ihn rechtzeitig bis Ende September 2009 bei der Gothaer angezeigt hatte.

Wenn ich Sie jedoch richtig verstehe, komme ich letztlich wegen der Nachzahlung mit der PKV günstiger weg, als mit der GKV!?

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Beitragvon Dipling » 26.03.2010, 12:21

Das würde ich so einschätzen. Aber: Schlimmstenfalls fordert auch die GKV noch nach (ohne oder mit nur geringen Einkünften liegt der GKV-Beitrag bei ca. 135 EUR pro Monat incl. Pflegeversicherung).

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Beitragvon DKV-Service-Center » 26.03.2010, 21:02

auweia :-) jetzt sagt Dipling genau das selbe wie ich :-) und wenn ich mich jetzt auch privat versichere da es ja nur für einen kurzen Zeitraum ist möchte die GKV bei wiederaufnahme der selben natürlich wissen " wo waren Sie die letzten 18 Monate versichert, einige Kassen sollen sogar die letzten 5 Jahre abfragen (Gerücht oder Tatsache ?) Beim Gespräch mit der Kasse bitte nicht mehr auf die freiwillige Versicherung rumreiten, verbannen Sie dieses Wort aus Uhrem Sprachgebrauch :-) Wir sprechen von einer Anzege von einem Nichtversicherten welcher zuletzt in der GKV war.
Gruß

Dipling
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Beitragvon Dipling » 27.03.2010, 08:23

Wobei die Abfrage der 18 Monate auf den Ablauf der Bindungsfrist bei der Vorgänger-GKV abzielt.
Für Wechsler, die aus der PKV kommen, ist diese nicht relevant. Die Abfrage der letzten 5 Jahre macht höchstens im Hnblick auf die Erfüllung bestimmter Vorversicherungszeiten für Leistungsansprüche in der Pflegeversicherung Sinn.

Zudem hat die Kasse immer noch die Beweislast. Der mutmasslich Nichtversicherte muss nicht beweisen, dass er versichert war, sondern die Kasse muss beweisen, dass die Voraussetzungen des § 5(1) Nr. 13 vorgelegen haben, um nachfordern zu können.

Czauderna
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Beitragvon Czauderna » 27.03.2010, 12:15

Dipling hat geschrieben:Wobei die Abfrage der 18 Monate auf den Ablauf der Bindungsfrist bei der Vorgänger-GKV abzielt.
Für Wechsler, die aus der PKV kommen, ist diese nicht relevant. Die Abfrage der letzten 5 Jahre macht höchstens im Hnblick auf die Erfüllung bestimmter Vorversicherungszeiten für Leistungsansprüche in der Pflegeversicherung Sinn.

Zudem hat die Kasse immer noch die Beweislast. Der mutmasslich Nichtversicherte muss nicht beweisen, dass er versichert war, sondern die Kasse muss beweisen, dass die Voraussetzungen des § 5(1) Nr. 13 vorgelegen haben, um nachfordern zu können.



Hallo,
wie das mit der "Beweislast" seitens der Kassen gehandhabt wird, das habe ich mittlerweile schon mehrfach erlebt (gott sei Dank (noch) nicht bei uns).
Die Kasse fragt an und fordert Unterlagen und Erklärungen für die fehlenden Zeiträume - kommen die nicht bei, wird Versicherungspflicht nach Nr. 13 wegen fehlender Mitwirkung unterstellt und somit die "Beweislast" umgekehrt - wenn dieses System in 7 von 10 Fällen funktioniert passt das schon und der Rest wandert in Klageverfahren (??!!)
welches aber keine aufschiebende Wirkung hat.
Das ist die Praxis.
Gruß
Czauderna

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Beitragvon Dipling » 27.03.2010, 13:19

Die Beweislast lässt sich trotz fehlender Mitwirkung nicht umkehren - Kassen, die das dennoch versuchen ("Einschüchterungstaktik"), handeln rechtswidrig und unseriös.
Es bleibt zu hoffen, dass Betroffene gegen ein solches Gebaren den Klageweg nicht scheuen. Außerdem sind entsprechende Hinweise an das BMG angebracht.

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Beitragvon Czauderna » 27.03.2010, 13:32

Dipling hat geschrieben:Die Beweislast lässt sich trotz fehlender Mitwirkung nicht umkehren - Kassen, die das dennoch versuchen ("Einschüchterungstaktik"), handeln rechtswidrig und unseriös.
Es bleibt zu hoffen, dass Betroffene gegen ein solches Gebaren den Klageweg nicht scheuen. Außerdem sind entsprechende Hinweise an das BMG angebracht.


Hallo,
da hast du recht, aber wie ich schon schrieb, es scheint zu funktionieren
mit solchen Taktiken und dies nicht nur in dieser Frage - siehe z.B. auch die Beendigung von KG-Zahlungen.
Gruß
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 28.03.2010, 13:27

Die Kasse fragt an und fordert Unterlagen und Erklärungen für die fehlenden Zeiträume - kommen die nicht bei, wird Versicherungspflicht nach Nr. 13 wegen fehlender Mitwirkung unterstellt und somit die "Beweislast" umgekehrt - wenn dieses System in 7 von 10 Fällen funktioniert passt das schon und der Rest wandert in Klageverfahren (??!!)



Jooh, die Praxis kenne ich.

Die Kunden werden allerdings aufgrund fehlender Mitwirkung nur dann nicht in die Kralle genommen, wenn bspw. aktuell Behandlungskosten für einen Krankenhausaufenthalt entstehen.

Hier soll dann offensichtlich der Sozialhilfeträger löhnen, weil ein kleines I-Tüpfchen zur Feststellung der Kralle fehlt. Die Fälle gehen dann ins Klageverfahren und wie die ersten sozialgerichtlichen Verfahren schon zeigen, gehen die Kassen damit erneut den Bach hinunter!


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