keine Umstufung in den Notlagentarif

Erfahrungsberichte, Beitragserhöhungen, Versicherungspflicht, gesetzlich oder privat, usw.

Moderatoren: Rossi, Czauderna, Frank

nerd
Beiträge: 2
Registriert: 26.04.2015, 17:53

keine Umstufung in den Notlagentarif

Beitragvon nerd » 26.04.2015, 18:20

Guten Tag,
ich bin leider aufgrund komplizierter Umstände, die ich hier nicht umfänglich erläutern kann, in finanzielle Schwierigkeiten geraten und konnte meine PKV Beiträge nicht bezahlen. Der Zahlungsrückstand besteht seit etwa April 2013. Die PKV hat bisher die neue Gesetzgebung ignoriert und stellt mich nicht in den NLT um. Konkret bedeutet das, nachdem rund 5000 Euro Beitragsschulden aufgelaufen waren, hat die PKV Vollstreckungsauftrag erwirkt. Während ich die Ratenzahlung mit dem GV einhalten konnte und so den Vollstreckungsauftrag erledigen konnte, war es mir nicht möglich, gleichzeitig die Beitragspflicht zu erfüllen. Daher hat die PKV erneut einen Vollstreckungsauftrag über nun 8000 Euro für die zwischenzeitlich aufgelaufenen Beitragsschulden erwirkt. Diesen werde ich wohl nächsten oder übernächsten Monat erledigen können, darauf deutet die gestern erhaltene Mahnung mit den zwischenzeitlich erneut aufgelaufenen Beitragsschulden hin, jetzt sind es bereits über 10.000 Euro natürlich inklusive Säumniszuschlägen (etwa 10%).
Rechtshelfsbelehrungen in Bezug auf den NLT enthält die Mahnung keine, lediglich Hinweise für den Fall von Soziahilfebezug. Wenn ich das Gesetz richtig verstanden habe, kann ich die Umstufung in den NLT nicht beantrage, das kann? seitens der PKV erfolgen. Einspruch habe ich bisher keinen erhoben, weil ich meine Schulden natürlich bezahlen möchte und an meiner Zahlungspflicht auch keine Zweifel bestehen.
Die PKV versucht aber, so wie es für mich aussieht, bewusst mich zur Abgabe der EV zu treiben, anstatt die eigentlich nach der neuen gesetzlichen Regelung vorgesehene Umstufung vorzunehmen. Die Folgen für mich wären fatal (Berufsverbot nach Eintragung im Schuldenegister), weswegen ich das natürlich unbedingt zu vermeiden versuche. Allerdings die ständig wachsenden Forderungen werden zwangsläufig früher oder später dazu führen müssen.
Nach meinem Verständnis Verhält sich die Versicherung hier illegal und
ich frage mich, ob es sinnvoll ist gegen den nächsten gerichtl.Mahnbescheid, der ja sicher bald folgt, denn die neue Mahnung gibt mir nur 8 Tage Zahlungsfrist, Einspruch einzulegen.
Was kann ich noch tun ? Einen Rechtsanwalt kann ich mir im Moment noch nicht leisten, da ich wegen einer Finanzamtspfändung noch etwa 3 Monate auf Einkommen auf Existenzminimum habe und davon nicht nur meine Familie ernähren muss, sondern auch dafür Sorge tragen muss, dass ich mit meinen übrigen Verbindlichkeiten (Hausfinanzierung, Strom,Gas...) nicht auch noch in Schwierigkeiten gerate. Das geht sowieso nur, weil die Grosseltern Lebensmittel zuschiessen.

Danke für sachdienliche Hinweise

Dipling
Postrank7
Postrank7
Beiträge: 1005
Registriert: 13.02.2009, 16:24

Beitragvon Dipling » 28.04.2015, 16:34

Wann wurde der Vertrag auf Grund der Beitragsrückstände ruhend (d.h. auf eine Notversorgung) umgestellt?

Grundsätzlich:
Die Umstellung in den Notlagentarif ist keineswegs ins Ermessen der PKV gestellt, sondern hätte offenbar längst erfolgen müssen.
Der Gesetzgeber schreibt gemäß § 193 Abs. 6 VVG das Mahnverfahren und die automatische Umstellung in den Notlagentarif vor. Spielraum hat die PKV nicht.

§ 193 Abs. 6-9 VVG:
"(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 12h des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 12h des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 12h des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 12h des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8 Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 12h des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 12h Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 12h des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 12h des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung."


Die Umstellung in den Notlagentarif gilt auch rückwirkend ab dem Zeitpunkt, an dem die PKV ruhend gestellt wurde, sofern der Versicherte nicht widerspricht. Das reduziert die Schulden drastisch, da die Prämie für den Notlagentarif bei nur ca. 100 EUR mtl. liegt.
Ich würde ein Schreiben an die PKV und deren Vorstand richten und die rückwirkende Umstellung ab dem Zeitpunkt der Ruhendstellung in den Notlagentarif verlangen - also eine Neuberechnung des Beitragskontos ab 2013. Außerdem sollte man darauf verweisen, ggf. die Aufsichtshörde BaFin einzuschalten.

http://www.bafin.de/DE/Verbraucher/BeschwerdenAnsprechpartner/Ansprechpartner/BaFin/bafin_artikel.html

Außerdem kann man sich ebenfalls kostenlos an den PKV-Ombudsmann wenden:
http://www.pkv-ombudsmann.de

nerd
Beiträge: 2
Registriert: 26.04.2015, 17:53

Re: keine Umstufung in den Notlagentarif

Beitragvon nerd » 05.11.2015, 17:45

Hallo,
zunächst herzlichen Dank für die freundliche und ausführliche Antwort. Ich war damals naturgemäss etwas ungeduldig und habe das Antwortposting deshalb erst später entdeckt.

Und weil ich so "abgebrochene" Threads wenig hilfreich finde, hier mal ein kurzes update.

Zunächst zur Frage nach der Ruhendstellung. Nach genauer Durchsicht des Schriftverkehrs habe ich festgestellt, dass die Krankenvollkostenversicherung gar nicht ruhend gestellt wurde.Nahezu sämtliche Mahnschreiben betreffen Zusatztarife (Zweibettzimmer, Tagegeld..) jedoch nicht den Haupttarif - das sieht man allerdings nur, wenn man ganz genau hinschaut und die Bedeutung der Tarifkürzel kennt. So hat man nur diese Tarife ruhend gestellt und hat also quasi ohne Mahnverfahren und Ruhendstellung des Haupttarifs nach 193 3-4 VVG gerichtliche Mahn- und Vollstreckungsbescheide über den jeweiligen Gesamtrückstand erwirkt. So auch noch den in meinem Eingangspost drohenden.
Glücklicherweise konnte ich meine Einkommensituation zwischenzeitlich klären und bereits einen Grossteil des Rückstands tilgen. Kaum hatte ich mich verstärkt um Tilgung bemüht erfolgte die Umstellung in den NLT und die Kündigung der Zusatztarife nach 38 VVG, teils rückwirkend.
In der Korresondenz war ich bisher freundlich, aber bestimmt und habe eine rechtskonforme Bearbeitung verlangt. Umgekehrt ist es genauso, man habe zwar versäumt korrekt zu mahnen und umzustellen,allerdings hätte ich ja vollen Versicherungsschutz gehabt, somit sei alles in Ordnung.
Auf mich wirkt das Alles nur noch willkürlich, die Korrespondenz, rückwirkende Kündigungen von Zusatztarifen nach vollständiger Begleichung der rückständigen Beiträge im Speziellen, sinnfrei.

Nun bin ich aber zuversichtlich den Rückstand sehr kurzfristig vollständig auszugleichen und so zunächst erstmal meinen Versicherungsschutz und das Ausbleiben von Betreibungsmassnahmen sicherstellen zu können.
Als nächstes sollte das Geld auch bald für einen brauchbaren Anwalt reichen, dann würde ich das Vorgehen ggf. auch gerichtlich überprüfen lassen wollen.
Der BaFin habe ich über das Verbrauchertelefon den Vorgang geschildert, man hält sich für zuständig und hat mich zu einer schriftlichen Beschwerde ermuntert.
Der Ombudsmann nimmt keine Fälle die bereits gerichtlich oder per Mahnbescheid anhängig sind, und schliesst gleichzeitige BaFin-Beschwerden zusätzlich aus.
Ich habe es nur dem glücklichen Umstand, dass ich meine Einkommenssituation kurzfristig klären konnte zu verdanken, dass man mich und meine Familie noch nicht in den finanziellen Ruin gestürzt hat.


Zurück zu „Allgemeines PKV“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 21 Gäste