enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

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fragende Person
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enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon fragende Person » 13.12.2020, 20:46

Hallo allerseits,

ich bin als Angestellter seit fast 20 Jahren bei der Debeka versichert. Letztes Jahr habe ich mich nun mit 50 Jahren aus dem Arbeitsleben verabschiedet und habe kurz darauf einen günstigeren Tarif ohne Chefarzt und mit höherer Selbstbeteiligung gewählt. Dieser PNWS-Tarif steigt nun in zwei Schritten von 210 EUR auf fast 330 EUR, also um über 50 Prozent ! Geht das noch mit rechten Dingen zu ? Angeblich wurden die Versicherungsleistungen 13 Prozent teurer und es gibt natürlich das Problem mit den niedrigen Zinsen - aber das erklärt nicht eine Beitragssteigerung von über 50 Prozent. Die absolute Höhe des Beitrages (inkl. Pflegeversicherung und Beitragszuschlag sind es 2022 dann 430 EUR) ist für mich nicht das Problem, aber eine derartige Steigerung finde ich unangemessen. Wie soll ich mich verhalten ? Widerspruch einlegen oder alles akzeptieren ? Gibt es ähnliche Fälle ?

Viele Grüße
ein Fragender

GS
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Re: enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon GS » 13.12.2020, 23:08

Hallo Fragender,

sind auch einige Gegenfragen erlaubt?
ich bin als Angestellter seit fast 20 Jahren bei der Debeka versichert. Letztes Jahr habe ich mich nun mit 50 Jahren aus dem Arbeitsleben verabschiedet und habe kurz darauf einen günstigeren Tarif ohne Chefarzt und mit höherer Selbstbeteiligung gewählt.
Das hat doch sicher zu einer überproportionalen Beitragssenkung geführt? Die im alten, besseren Tarif gebildete Alterungsrückstellung wurde dem neuen, wohl merklich leistungsschwächeren Tarif gutgeschrieben, was den Beitrag entsprechend zusätzlich absenkt.
Dieser PNWS-Tarif steigt nun in zwei Schritten von 210 EUR auf fast 330 EUR, also um über 50 Prozent ! Geht das noch mit rechten Dingen zu ?
Ja. Du hast keine Information darüber - oder doch, die Debeka wird es sicher irgenwohin geschrieben haben? - wie lange der PNWS beitragsstabil war (ich weiß es jedenfalls nicht). Auf Deinen vergleichsweise niedrigen PNWS-Ausgangsbeitrag macht der Anstieg um 120 € in % umgerechnet natürlich viel mehr aus als bei einem Gleichaltrigen, gleich lange Versicherten, der schon immer in dem Tarif steckt und der daher einen deutlich höheren Beitrag zahlt als Du. Es ist nach wie vor die gleiche Differenz zu Deinen Gunsten.
Angeblich wurden die Versicherungsleistungen 13 Prozent teurer und es gibt natürlich das Problem mit den niedrigen Zinsen - aber das erklärt nicht eine Beitragssteigerung von über 50 Prozent.
Nein, der Hauptgrund in Deinem Fall für die im Ergebnis 50 % ist weiter vorn genannt.
Die absolute Höhe des Beitrages (inkl. Pflegeversicherung und Beitragszuschlag sind es 2022 dann 430 EUR) ist für mich nicht das Problem, aber eine derartige Steigerung finde ich unangemessen.
120 € mehr in zwei jahren ist viel Geld, klar. Wie Du selbst sagst, sind die dann 430 € inkl. PV für einen, der es sich leisten konnte, schon mit 50 aus der Mühle auszusteigen, noch ganz gut zu stemmen.
Wie soll ich mich verhalten ? Widerspruch einlegen oder alles akzeptieren ?
Widerspruch einlegen wird wohl nichts nützen. Ich schätze, die Anpassung wird gerichtsfest sein. Was ausdrücklich keine Gerichtsschelte sein soll.
Gibt es ähnliche Fälle ?
Du bist sicher nicht der einzige, der sich im Jahr 1 über eine überproportionale Beitragssenkung durch freiwilligen "Abwärts-Tarifwechsel" freut und sich im Jahr 2 über eine ähnlich empfundene Beitragserhöhung ärgert. Vor allem, wenn man auf die Prozente schielt. Das fühlt sich dann an wie eine Strafaktion oder eine Retourkutsche, trifft beides aber nicht zu.

Gruß
von GS

schachmatt
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Re: enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon schachmatt » 15.12.2020, 20:17

Hallo fragende Person,

um den neuen Beitrag einzuschätzen hilft vielleicht eine Plausibilitätsbetrachtung im Vergleich mit Durchschnittswerten des Gesundheitssystems.

GKV: Zuletzt betrugen deren Gesamtleistungsausgaben 240 Mrd €/Jahr. Bei knapp 75 Mio gesetzlich Versicherten führt das auf durchschnittliche Ausgaben von rund 3.200 €/Jahr, d.h. rund 270 €/Monat. Dazu kommen Verwaltungsausgaben, so daß man insgesamt bei ca. 300 €/Monat landet.

PKV: Aus den Zahlenberichten der PKV lassen sich die durchschnittlichen Leitungsausgaben (ohne Verwaltungskosten) je Versichertem 2019 mit gut 4.000 €/Jahr abschätzen, entsprechend 330 €/Monat. (Die Ausgaben werden bei Fortgang der aktuellen Entwicklung bis 2050 übrigens auf mindestens 7.000 €/Jahr steigen.) Dazu kommen, gegenüber der GKV deutlich höhere, Verwaltungskosten, so daß man leicht bei rund 380 €/Monat landet - im Durchschnitt.

Beide Betrachtungen deuten darauf hin, daß der neue Betrag tatsächlich immer noch sehr niedrig, wenn nicht sogar zu niedrig ist und wahrscheinlich wenig Luft läßt für Rückstellungen. Insofern dürfte auch eine gerichtliche Überprüfung der Beiträge voraussichtlich nicht zu einer Verringerung führen - wie es auch GS schon prognostiziert hat.

Gleichwohl läge es durchaus im Interesse aller privat Versicherter, wenn die Mechanismen der Beitragsfestsetzung endlich transparenter würden, zumal die die Treuhänder, die die Beiträge prüfen, (mit höchstrichterlicher Billigung) nicht unabhängig sind. Da die Versicherungen von sich aus einen Teufel für mehr Transparenz tun, bleibt letztlich nur der Weg über Gerichte. Je öfter dies geschieht, desto größer sollte auf Dauer der Druck auf die Unternehmen und die Politik werden, hier durch verbesserte Regeln Abhilfe zu schaffen.

Wenn daher das primäre Ziel ein besseres Verständnis der Beitragsbildung ist und, wie vorliegend offenbar zutreffend, Geld nicht der limitierene Faktor ist, könnte eine gerichtliche Überprüfung des Beitrages durchaus einmal eine Option sein.

GS
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Re: enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon GS » 17.12.2020, 12:17

Hallo zusammen,

zu den rechtlichen Anforderungen an Beitragsänderungen und deren Kommunikation an betroffene Versicherte hat der BGH hat gestern am 16.12. hierzu etwas verlauten lassen:
Urteile vom 16. Dezember 2020 – IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19
.
Auch Spiegel online schreibt heute einen Artikel.
Wie auch immer dazu stehen mag: Die PKV-Unternehmen, nicht nur die involvierte Axa - werden ihre Begleittexte und -grafiken an diesem BGH-Urteil ausrichten, die Briefe werden evtl. noch dicker werden - und nein, lesen wird es dann doch kaum jemand, und glauben erst recht nicht. :mrgreen:

Vielmehr wird das magische Viereck bzw. seine Taschenrecher-App bemüht und flugs der "sorgsam verheimlichte" Prozentwert ermittelt. Hat der eine bestimmte Schmerzgrenze überstiegen, fliegen 90% - um hier auch mal mit Prozenten zu rechnen - des Briefinhaltes in die Tonne und das Urteil steht fest.

Zugegeben, das ist jetzt etwas verkürzt dargestellt, aber viel anders ist es nicht.

Einmal davon ausgegangen, die Anpassungen erfüllen zumindest künftig die Anforderungen des BGH, könnte man doch folgendermaßen vorgehen:
1) Das Pflichtanschreiben enthält die notwendigsten Informationen, aber auch den deutlich hervorgehobenen Hinweis, das auf individuellen Kundenwunsch die vollumfängliche Information mit allen Begründungen, Verläufen nachgereicht wird.Je nach Vertragsumfang, Anzahl der versicherten Personen genügen dafür 3 Blatt Papier. OK -der Umschlag sollte deutlich mit "keine Werbung " etc garniert werden.
2) Damit vermeidet man, dass allen, die im Ergebnis vielleicht 0,5-2% Erhöhung haben und das vielfach achselzuckend zur Kenntnis nehmen, ebenfalls der ganze Kladderadatsch ins Haus geschickt wird, nur um die Rundablage zu bereichern.
3) Wer eine nach eigenem Empfinden heftigere Erhöhung erlebt, wird sich eher dafür interessieren und wird natürlich Anspruch auf eine gediegene, ausführliche und auch möglichst nachvollziehbare Information geltend machen. Die soll er auch erhalten, möglichst innerhalb einer Woche.

Prognose:
Nicht mehr Kundenärger als bisher, aber ca. 70% Papierersparnis und 47% Portokostenersparnis.

Alle anderen, die gesetzlichen Kassen, die Feuer- und Haftpflichtversicherer machen sich einen schlanken Fuß, wenn es teurer wird. Nur die PKV schießt mit ihren Anpassungs-Postpaketen den sprichwörtlichen Vogel ab.

Gruß
von GS

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Re: enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon fragende Person » 17.12.2020, 14:38

Hallo zusammen,

zunächst einmal vielen Dank für die Beiträge, deren Aussagen mich allerdings nicht so ganz überzeugen. An eine gerichtliche Überprüfung denke ich nicht, dafür fehlt mir das Vertrauen in unser Rechtssystem. Es scheint wohl so zu sein, dass die Debeka sich entweder bei diesem Tarif stark verrechnet hat oder gar in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Eine Beitragssteigerung von über 50 Prozent in Zeiten geringer Inflation ist jedenfalls nicht sehr vertrauenerweckend. Da hilft mir auch keine blumige Begründung im Begleitschreiben. Worauf wird dies langfristig hinauslaufen ? Die echten Probleme kommen ja erst in den nächsten Jahrzehnten, wenn immer weniger Neuabschlüsse zu verzeichnen sein werden. Wahrscheinlich werden sich alle Beiträge dem Basistarif annähern, dies ist ja eine gewisse natürliche Grenze.

Für mich stellt sich nun eher die Frage, wie ich persönlich auf diese unbefriedigende Entwicklung reagiere. Ich bin unter 55 und könnte ja auch wieder in die GKV wechseln. Als Privatier habe ich mich bisher nicht von der GKV-Pflichtmitgliedschaft befreien lassen müssen, da ich ohne Einkommen bin. Für einen Wechsel zurück müßte ich also kurzzeitig wieder beitragspflichtig werden, was ja durchaus kein Problem darstellen sollte.

RolandPKV
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Re: enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon RolandPKV » 17.12.2020, 15:11

GS hat sich wirklich Mühe gegeben, die Ursachen zu erläutern. Vermutlich vergeblich, wenn jemand mit der Einstellung "gar in finanziellen Schwierigkeiten steckt" an die Sache herangeht. Man muss schon offen sein für Fakten und auch ein gewisses Interesse haben, dass System PKV zu verstehen.

"Die echten Probleme kommen ja erst in den nächsten Jahrzehnten, wenn immer weniger Neuabschlüsse zu verzeichnen sein werden." Nein, es ist für Dich völlig irrelevant, ob sich in der Zukunft junge Leute in Deinem Tarif versichern. Deine Altersgruppe bekommt von den jüngeren Versicherten nichts, jede Altersgruppe trägt sich selbst.

GS
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Re: enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon GS » 17.12.2020, 22:44

fragende person schreibt
An eine gerichtliche Überprüfung denke ich nicht, dafür fehlt mir das Vertrauen in unser Rechtssystem.
Das so zu sehen, ist dein gutes Recht. Das immerhin gibt unser Rechtssystem noch her.
fragende Person vermutet
Es scheint wohl so zu sein, dass die Debeka sich entweder bei diesem Tarif stark verrechnet hat oder gar in finanziellen Schwierigkeiten steckt.
Es scheint eher so zu sein, dass du dich im "indian summer" des Lebens in einen Einsteigertarif verlaufen hast.
Da hilft mir auch keine blumige Begründung im Begleitschreiben.
Das liegt sicher schon in der Tonne - wenn nicht als corpus delicti vorsichtshalber doch noch abgeheftet?
Für mich stellt sich nun eher die Frage, wie ich persönlich auf diese unbefriedigende Entwicklung reagiere. Ich bin unter 55 und könnte ja auch wieder in die GKV wechseln. Als Privatier habe ich mich bisher nicht von der GKV-Pflichtmitgliedschaft befreien lassen müssen, da ich ohne Einkommen bin. Für einen Wechsel zurück müßte ich also kurzzeitig wieder beitragspflichtig werden, was ja durchaus kein Problem darstellen sollte.
Ja, mach das, ist wirklich kein Problem. Lass dich für 450,01 € anstellen - da hast du sicher einen Draht zu jemandem. Schon bist du drin und kannst die PKV kündigen. Dann wieder den Notnagel-Midi-Job kündigen und die freiwillige Fortsetzung beantragen - auch aus der kannst du nicht wieder rausgeworfen werden. So einfach ist das.

Notfalls frag sct. Der hat sich schlau gemacht, auch wenn es ihm eher um die Einsickerung via "Familienversicherung" geht. Also andere Baustelle. Aber wenn das klappt, klappt dein Plan sicher auch (siehe "Möglichkeit der Beendigung ..." in diesem Unterforum).

sct
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Re: enorme Beitragssteigerung bei der Debeka

Beitragvon sct » 18.12.2020, 13:26

GS hat geschrieben:Notfalls frag sct. Der hat sich schlau gemacht, auch wenn es ihm eher um die Einsickerung via "Familienversicherung" geht. Also andere Baustelle. Aber wenn das klappt, klappt dein Plan sicher auch (siehe "Möglichkeit der Beendigung ..." in diesem Unterforum).

Oha, da wird man sogar in einem anderen Thread zitiert hier.
Zur Frage. Ja das klappt beides. Bist du verheiratet und ist deine Frau in einer GKV, dann würde ich dir raten das über die Familienversicherung deiner Ehefrau zu machen. Du hast ja geschrieben dass du kein Einkommen hast. Zum Einkommen zählen aber auch Zinseinkünfte und auch Mieteinnahmen, also alles wo irgendiwe Geld reinkommt. Hast Du bei näherer Betrachtung immer noch 0Eur Einkmmen dann geh über die Familienversicherung in die GKV.
Anosnten ist der Midi-Job vieleicht der bessere Weg wenn Du jemanden findest der dich mal kurz einstellt irgendwo.

Bis dann
SCT


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