Scheinbeamter , ist das eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

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heinrich
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Scheinbeamter , ist das eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Beitragvon heinrich » 08.03.2021, 19:10

Hallo PKV Experten,

wenn sich jemand privat versichert und gibt seine bestehenden Erkrankungen zu Beginn der
privaten Versicherung nicht an,
dann ist das ja eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht, was
in Folge, dass die private Versicherung den Vertrag (auch rückwirkend) auflösen kann
(sorry; ich komme jetzt nicht auf den richtigen Begriff).

Das vorher Geschriebene ist klar.

Wir ist es aber, wenn eine Person gegenüber der privaten Versicherung so tut,
als wäre er Beamter,sich mit 50 % Restkosten absichert,
aber jetzt nach 5 Jahren stellt sich raus, das die betroffene Person, gar
keinen Beamtenstatus hat (hat das allen vorgegaukelt).

FRAGE:
Ist das denn auch ein Grund, der die PKV berechtigt, dass der Vertrag "aufgelöst" werden kann.

Mein Gefühl sagt: nein; denn dann hat die betroffene Person eben nur einen Anspruch von 50 % gegenüber der PKV.

GS
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Re: Scheinbeamter , ist das eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Beitragvon GS » 09.03.2021, 00:31

Hallo heinrich,
mal was anderes, der Einstieg über die Gefühlsebene.
heinrich fragt
Wir ist es aber, wenn eine Person gegenüber der privaten Versicherung so tut,
als wäre er Beamter,sich mit 50 % Restkosten absichert,
aber jetzt nach 5 Jahren stellt sich raus, das die betroffene Person, gar
keinen Beamtenstatus hat (hat das allen vorgegaukelt).
FRAGE:
Ist das denn auch ein Grund, der die PKV berechtigt, dass der Vertrag "aufgelöst" werden kann.
Mein Gefühl sagt: nein; denn dann hat die betroffene Person eben nur einen Anspruch von 50 % gegenüber der PKV.

Mein Gefühl sagt auch nein, obwohl von Anfang an keine Versicherungsfähigkeit im betreffenden Tarif vorlag, jedenfalls dann, wenn in den Tarifbedingungen steht wie z. B. hier:
Versicherungsfähig sind Personen, die Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall oder Heilfürsorge haben, sowie bei der Beihilfe berücksichtigungsfähige Familienangehörige.
Ob nach 5 Jahren ohne weitere Verfehlung der Versicherer noch vom Vertrag zurücktreten kann? Ein Rückkehrrecht in die GKV scheidet jedenfalls aus. Also bleibt er in der PKV, aber nicht in dem Beamtentarif. Er kann wechseln in einen Nichtbeamtentarif unter Gesundheitsprüfung für die Mehrleistungen oberhalb von 50%.
Muss er hier in einer Hinsicht passen (gesundheitlicher oder finanzieller Status notleidend) bleibt ihm heutzutage der Basistarif 100.

Gefühlsalternative: Der geleimte Versicherer darf doch zurücktreten, die GKV muss bzw. darf ihn deswegen noch lange nicht zurücknehmen, aber er hat das Recht und die Pflicht, bei einem anderen privaten Versicherer anzudocken, notfalls im Basistarif.

Gruß
von GS

Czauderna
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Re: Scheinbeamter , ist das eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Beitragvon Czauderna » 09.03.2021, 10:30

Hallo,
ich weiß auch, das "Bauchgefühl" nicht wirklich immer dem geltenden Recht entspricht, aber wenn er bei Abschluss des Versicherungsvertrages damals aufgegeben hat, dass er Beamter ist und freie Heilfürsorge hat und das war gelogen, dann kann der Versicherer zurücktreten vom Vertrag.
Er hat sich die Versicherung mit unwahren Angaben quasi erschlichen, meine ich.
Gruss
Czauderna

GS
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Re: Scheinbeamter , ist das eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Beitragvon GS » 09.03.2021, 12:13

Hallo,
lasst uns mal einen Blick in den § 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) werfen. Dort heißt es in den beiden ersten Absätzen:
§ 19 VVG:
(1) 1Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. 2Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3)-(6) ...

Zum Absatz 1: Unstrittig dürfte sein, dass der Versicherer "in Textform gefragt" hat, nämlich durch die bei Beihilfetarifen fällige Abfrage des proz. Beihilfeanspruchs im Antrag. Hier hat der Antragsteller offenbar "50 %" eingetragen, obwohl "0 %" zutreffend gewesen wäre. Bei korrektem Eintrag wäre der Antrag wohl kaum so angenommen worden, sondern das mutmaßliche Missverständnis hinterfragt worden. Der beantragte Tarif wäre mit Beihilfeanspruch "0" nicht vereinbart worden.

Bleibt noch, ob der Versicherer im Fall des Falles das vom Antragsteller angerufene Gericht davon überzeugen kann, dass es sich bei einem vorhandenen bzw. nicht vorhandenen Beihilfeanspruch um einen "erheblichen Gefahrumstand" handelt (vllt. gibt es ja Präzedenzfälle). Nur dann wären beide Kriterien im oben zitierten Satz 1 erfüllt.
Wenn ja, kann der Versicherer zurücktreten. Wenn nein, kann er immerhin auf einem Tarifwechsel bestehen, was letztlich im Basistarif 100 enden könnte, aber nicht müsste.

Und nein, bin kein Jurist.

Gruß
von GS

Rossi
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Re: Scheinbeamter , ist das eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Beitragvon Rossi » 09.03.2021, 14:24

Nun ja, GS.

Gretchenfrage ist auch, wie Du schon geschrieben hast, ob es sich um einen erheblichen Gefahrumstand handelt.

Ich ergänze den Fall auch mal. Die PKV ist nicht vom Vertrag zurückgetreten, es wurde lediglich der Versicherungsvertrag zunächst fristgerecht gekündigt und dann auch noch wurde auf Kulanz die Kündigungsfrist verkürzt.

Die Betroffenen ist nämlich auch bei einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) in der sog. obligatorischen freiwilligen Krankenversicherung (OAV) zusätzlich versichert. Die GKV kann die OAV nicht rückabwickeln, da kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht. Eine nur 50 %-tige PKV ist nicht ausreichend für einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Es hätte ein 100%-tige Absicherung sein müssen.

Die PKV hingegen kann den Versicherungsvertrag kündigen, da eben gem. § 206 Abs. 1 VVG die Betroffene keine Verpflichtung im Sinne des § 193 Abs. 3 VVG hat, einen PKV-Vertrag aufrecht zu erhalten, weil sie ja gesetzlich versichert ist.

GS
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Re: Scheinbeamter , ist das eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Beitragvon GS » 11.03.2021, 12:58

Hallo rossi,
rossi:
Ich ergänze den Fall auch mal. Die PKV ist nicht vom Vertrag zurückgetreten, es wurde lediglich der Versicherungsvertrag zunächst fristgerecht gekündigt und dann auch noch wurde auf Kulanz die Kündigungsfrist verkürzt.
Sind das jetzt weitere Einzelheiten zum Einstiegsfall von heinrich? Dann sind sie mir entgangen. Aber ok, machen wir auf der Basis weiter.

Ja, ein 50%-Tarif erfüllt schon deshalb nicht die Voraussetzungen des § 193 (3) VVG, weil 50 % ungedeckelter Eigenanteil die Grenze von 5.000 € p.a. locker überschreiten können. Von daher hätte die zuvor bestehende freiwillige GKV-Mitgliedschaft - wenn es so war und er nicht vor 5 Jahren von einer anderen PKV in diese gewechselt war (--> Fall B) nicht beendet werden dürfen. Sie wurde aber beendet, weil der Knabe seiner Ex-Kasse die Versicherungsbestätigung seiner neuen 50%-Braut unter die Nase hielt, die diese wohl in gutem Glauben ausgestellt hatte. Wer hinterfragt bei Vertragsabschluss das Beamtenverhältnis, wenn in den Antrag neben dem Beihilfeprozentsatz noch ein real existierender Beihilfeträger eingetragen ist?

So weit, so schlecht. Nach der Kündigung ist er dank OAV wieder Mitglied in seiner alten Kasse. Wie denkt man dort über die fehlenden 5 Beitragsjahre, aus denen er sich herausgetrickst hatte? Eigentlich müsste er für die vier letzten Jahre nachzahlen, und das nicht zu knapp.

--> Fall B:
Er war vor den fraglichen 5 Jahren im 50%-Tarif VVG- und SGB-5-konform bei einem anderen Versicherer 2 vollversichert. In diesem Fall wäre m. E. die OAV außen vor und von ihm gefordert, dass er einen 100%-Tarif mit max. 5000 € Selbstbehalt an Land zieht, notfalls den Basistarif, wenn anderes sich nicht darstellen lässt - richtig oder Holzweg?

Gruß
von GS


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