Rausgeworfen, keine Rechnung gezahlt, Beiträge einbehalten

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Ekat
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Rausgeworfen, keine Rechnung gezahlt, Beiträge einbehalten

Beitragvon Ekat » 15.02.2011, 11:29

Hallo!

Ich würde mich über Eure Einschätzungen oder Tipps freuen.

Die Lage ist so, dass ich von meiner privaten Krankenkasse rausgeworfen wurde, unter der Angabe des Grundes beim Eintritt falsche Angaben (bezüglich chronischer Krankheiten) gemacht zu haben. Den Eintrittsbogen habe ich zusammen mit meinem Versicherungsmakler ausgefüllt und mir waren die vorgeworfenen Falschaussagen nicht bewußt. Ich war zwar wegen einer Krankheit bereits in Behandlung, aber von einer chronischen Krankheit war keine Rede. Um sich die "Falschangabe" bestätigen zu lassen, hat die Krankenkasse von allen behandelnden Ärzten schriftliche Aussagen über den Krankheitsverlauf eingeholt.
Ich habe über 1,5 Jahre immer meine Beiträge bezahlt. Allerdings wurden nun alle eingereichten Rechnungen abgelehnt und ich soll die Rechnungen von mehreren T€ selber tragen. Mit dem Rauswurf bekomme ich zudem meine Beiträge nicht zurück, so dass ich alles doppelt bezahle, Beiträge + Rechnungen.

Ich frage Euch, ist das so rechtens? Lohnt es sich für mich rechtliche Schritte einzuleiten, die ggf noch weitere Unkosten hervorrufen? Ist die KV so dreist, da sie denkt es klagt sowieso keiner?
Kann ich wenigsten die Beiträge zurückfordern?

Über fachmännische Hinweise würde ich mich sehr freuen.

Gruß Daniel

La Schef
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Beitragvon La Schef » 15.02.2011, 17:10

Hi Daniel,

vielleicht hilft das weiter:

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Es besteht ein Anfechtungsrecht des Versicherers bei arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG. Die Anfechtung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Arglistiges Verhalten liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und gewollt unrichtige Angaben macht, um auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss zu nehmen. Der Versicherungsnehmer geht also davon aus, dass der Antrag nicht in der Form angenommen würde, wenn die Wahrheit bekannt wäre.

Beispiel

Herr Meyer verneint bei Abschluss seiner Risikolebensversicherung die Rauchereigenschaft, um den günstigeren Nichtrauchertarif zu erhalten. Tatsächlich raucht er regelmäßig Zigaretten.

Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht arglistig verletzt, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, § 21 Abs. 2 VVG.

Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis von der Täuschungshandlung erklärt werden.

§ 19 Anzeigepflicht
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

Wird das Versicherungsverhältnis durch Rücktritt auf Grund des § 19 Abs. 2 oder durch Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung beendet, steht dem Versicherer die Prämie bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder Anfechtungserklärung zu. Tritt der Versicherer nach § 37 Abs. 1 zurück, kann er eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen.

Roland Gutsch
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Beitragvon Roland Gutsch » 16.02.2011, 14:30

Hallo Daniel,
wir können nicht wissen, welche Rolle der "Makler" (war es einer?) bei der "Beratung" (War es eine?) gespielt hat. Es kommt leider oft vor, dass Vermittler Antragstellern nahelegen, Krankheiten zu verschweigen, weil die "nicht so wichtig" seien (oder ähnlich).

Ohne solche Angaben wird der Antrag ja leichter angenommen, der Vermittler bekommt seine Provision / Courtage und ist meist aus dem Schneider, weil die wenigsten Verbraucher dieses angeratene Verschweigen schriftlich festhalten. Ich vermute mal, auch Sie hätten (wenn es denn so gelaufen ist) keinen Beweis für ein solches Verhalten.

Deshalb (und ohne Zynismus) kann man dem Versicherer keinen Vorwurf machen. Rechtlich ist es nämlich egal, ob Sie gegebenenfalls zum Versicherungsbetrug angestiftet wurden oder eine Angabe aus eigener Unwissenheit falsch gemacht haben.

Sie haben den Fehler begangen und Sie sind der Leidtragende. Sie könnten sich allenfalls (vielleicht) beim Vermittler schadlos halten, wenn Sie denn einen Beweis für Fehlverhalten hätten.

Deshalb kann man Ihre Fragen:
Ist das so rechtens?...Ist die KV so dreist...?
durchaus auch anders sehen:
Ist der Versicherungsnehmer so dreist zu erwarten, dass er betrügt und hinterher vom Vertragspartner Leistung verlangt?

Als Tipp kann man Ihnen raten, einen spezialisierten Anwalt oder VersicherungsBERATER, der Rechtsberatung durchführen darf, einzuschalten.

JarvisCocker
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Beitragvon JarvisCocker » 17.02.2011, 00:28

Roland Gutsch hat geschrieben:. Rechtlich ist es nämlich egal, ob Sie gegebenenfalls zum Versicherungsbetrug angestiftet wurden oder eine Angabe aus eigener Unwissenheit falsch gemacht haben.


Ist das wirklich so ?

Die Versicherung kann kündigen, muss aber doch dann die bis dato angefallenen Rechnungen bezahlen, wenn kein Vorsatz und keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt.

Bei Anstiftung liegt Vorsatz vor, bei Unwissenheit schon mal nicht.
Bleibt noch die Frage nach der groben Fahrlässigkeit.

Roland Gutsch hat geschrieben:Als Tipp kann man Ihnen raten, einen spezialisierten Anwalt oder VersicherungsBERATER, der Rechtsberatung durchführen darf, einzuschalten.


Da stimme ich auf jeden Fall zu

Roland Gutsch
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Beitragvon Roland Gutsch » 17.02.2011, 09:38

Hallo Jarvis,
ich habe mich unklar / missverständlich / falsch ausgedrückt. Sie haben natürlich Recht - es besteht ein Unterschied zwischen Vorsatz und "echter" Unwissenheit.

Worauf ich hinaus wollte ist, dass es unerheblich ist, ob der Vermittler den Antragsteller "beraten" hat, eine Erkrankung sei unerheblich und deshalb nicht anzugeben oder ob der Antragsteller das selber "entschieden" hat.

Es bleibt eine Falschangabe. Die rechtliche Würdigung (Vorsatz, grobe Fahrlässigkeit etc.) ist für die Konsequenz des Versicherers natürlich trotzdem wichtig.

Sorry, wenn das falsch rüber kam.

Unterstützung durch einen Anwalt / VersicherungsBERATER ist genau deshalb wichtig, um diese Unterschiede in die Waagschale zu werfen.

Freundliche Grüße

Ekat
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Beitragvon Ekat » 17.02.2011, 23:02

Hallo,

vielen Dank für Eure fachmännischen Antworten. Ihr habt mir bereits ein gutes Stück weitergeholfen! Vielen Dank!

Ich werde mir mein weiteres Vorgehen nochmals in Ruhe überlegen.

Gruß und Dank für Eure Mühen.


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