Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

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Mr. Spock
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Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

Beitragvon Mr. Spock » 24.11.2020, 14:56

Hallo,

mein erster Beitrag hier in diese Forum und leider muss ich gleich mit einer ziemlich "dummen" Frage kommen. Aber ich stehe gerade irgendwie auf dem Schlauch.

Ich habe seit über 30 Jahre eine PKV. Heute flattert mir die nächste Beitragserhöhung ins Haus mit einer Steigerung von 50 Euro pro Monat ab dem 1. Januar. Dazu werden auch ein paar Tarif-Alternativen angeboten, in die ich wechseln könnte. Bei einer Alternative wird mir eine Beitrags-Minderung von 100 Euro/Monat angeboten, allerdings bei einer SB von 850 Euro pro Jahr statt 420 Euro wie bisher. Ansonsten bleiben alle anderen Konditionen gleich.

Welchen Grund könnte es geben, dieses Angebot nicht (!) anzunehmen? Der Beitrag reduziert sich sicher um 1200 Euro pro Jahr, die Selbstbeteiligung kann aber maximal um 430 Euro steigen. Warum bietet mir die KV diese Alternative an? Da kann sie doch nur verlieren.

So zumindest meine laienhafte Beurteilung. Wo liegt mein Denkfehler?

Danke!
Mr. Spock

GS
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Re: Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

Beitragvon GS » 24.11.2020, 19:31

Hallo Mr. Spock,
zunächst mal ein einem Punkt "Entwarnung": Hinter dieser - also einer von mehrereren genannten - Tarifalternative steckt kein "Fallstrick" im negativen Sinne, also dass Dich jemand hereinlegen will. Dein Vertragspartner ist im Zusammenhang mit der aktuellen Beitragserhöhung zur Angabe einiger Alternativen verpflichtet; eine Wechselempfehlung spricht er dabei aber wohl nicht aus.
Ist es das erste Mal, dass Du anlässlich einer Beitragserhöhung solche Tarifalternativen genannt erhältst?

Auf den ersten Blick rechnet sich die Alternative natürlich - da hast Du ja schon vorgearbeitet. Ob aber auch auf den zweiten oder dritten Blick, da käme es auf einige zusätzliche Informationen an:
a) Arbeitnehmer oder Selbständig?
b) Beitragshöhe alt/neu im bisherigen Tarif?
c) Geburtsjahrgang (1965 oder älter)?
d) Heilpraktiker mitversichert?
e) Stationär Zweibettzimmer oder "Chefarzt" mitversichert?
f) evtl. auch Einbettzimmer im Vertrag?
g) Zahnersatz inklusive?
h) Kieferorthopädie? (unabhängig davon, ob sie altersbedingt erstattet würde)?
(Antworten d)-h) zur Ermittlung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Beiträge in den beiden Tarifen)

Bis dahin ein erstes Schlaglicht auf den "zweiten Blick":
Der Alternativtarif wird aktuell wohl nicht nicht erhöht, aber eventuell im nächsten Jahr, vielleicht also umgekehrt wie im bisherigen Tarif. Dann hätte sich der aktuell errechnete Wechselvorteil zumindest wieder zum Teil erledigt. Ein Rückwechsel wird u. U. aber nicht mehr so einfach möglich sein.

Gruß
von GS

RolandPKV
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Re: Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

Beitragvon RolandPKV » 25.11.2020, 17:15

"Ansonsten bleiben alle anderen Konditionen gleich" - wirklich? Das würde stimmen, wenn es wirklich derselbe Tarif ist, nur halt eine andere SB-Stufe. Wenn nicht, ist es also ein anderer Tarif. Und dass ein Versicherer 2 Tarife mit absolut identischen Leistungen hat, halte ich für unwahrscheinlich.

GS
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Re: Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

Beitragvon GS » 25.11.2020, 19:20

Bei der Schilderung des TE gehe ich schon davon aus, dass es sich lediglich um eine andere SB-Stufe seines bisherigen Tarifs handelt. Auch solche SB-Varianten zählen zu den Alternativen, die anlässlich einer Beitragserhöhung zwar nicht im engeren Sinne empfohlen, aber pflichtgemäß kommuniziert werden.

Vielleicht verrät uns der TE ja noch, wie hoch der Beitrag seiner individuellen Tarifalternative "Standardtarif" ab 2021 wäre und welche Beitragsersparnis es bedeuten würde, wenn er diese Alternative warum auch immer nutzen würde.

schachmatt
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Re: Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

Beitragvon schachmatt » 25.11.2020, 21:41

Hallo,

drei Aspekte, die vielleicht auch bedenkenswert sind:

a) steuerlich relevant sind nur tatsächlich gezahlte Beiträge; erbrachte Selbstbehalte gelten nicht als bezahlter Beitrag,
b) Beitragserhöhungen können auch als Erhöhung der Selbsbeteiligung daherkommen; ich selbst habe formal eine Selbstbeteiligung von 250€, zahle aber 325€; mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit der Nutzung der Selbstbeteiligung (leider) rapide,
c) ein niedrigerer Beitrag dürfte auch zu geringeren Alterungsrückstellungen führen; das könnte in 10 bis 20 Jahren bedeutsam werden.

Alle drei Punkte sprechen meines Erachtens dafür, die Selbstbeteiligung eher niedrig zu halten.

Mr. Spock
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Re: Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

Beitragvon Mr. Spock » 26.11.2020, 22:53

Vielen Dank schon mal für die vielen Informationen. Damit habe ich jetzt gar nicht gerechnet.

zu den gestellten Fragen:
a) Arbeitnehmer
b) Der Beitrag (anteilig ... um den es hier geht): alt 724/Monat Euro, neu 768 Euro/Monat
c) älter als 1965
d) Heilpraktiker ist mitversichert (aber noch nie in Anspruch genommen)
e) Zweibett und Chefarzt
f) kein Einzelzimmer
g) incl. Zahnersatz
h) ... keine Ahnung, müsste ich mal nachsehen

Die Tarifbezeichnungen bleiben alle gleich, nur der Selbstbehalt steigt. Insofern gehe ich mal von gleichen Leistungen aus. Es handelt sich (wie ich eben gelesen habe) um einen geschlossenen Tarif, den es seit 2013 nicht mehr gibt.

Gleicher Tarif nur 840 (statt 420) Euro Selbstbehalt: Minus 112 Euro/Monat.

Standardtatrif wird ebenfalls angeboten. Kostenpunkt 163 Euro/Monat

Dass ich in den letzten 30 Jahren vielleicht 5 Mal beim Hausarzt war, noch nie im Krankenhaus und die Krankenversicherung an mir einen sechstelligen Betrag verdient hat ... interessiert vermutlich niemanden.

Gruß
Mr. Spock

GS
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Re: Kleine SB-Erhöhung für große Beitragsreduzierung?

Beitragvon GS » 27.11.2020, 01:48

Hallo Mr. Spock,
danke für die Rückmeldung. Damit lässt sich was anfangen.
Zuerst: Vergiss die Antwort zu h) wie Kieferorthopädie. (Sie zählt steuerlich übrigens doch nur dann, wenn sie auch für Erwachsene erstattet würde, also zuletzt falsche Annahme von mir, sorry).
Ist aber Banane („mit KFO“ wären 82,6 % abzugsfähig, „ohne KFO“ sind 82,8 % abzugsfähig), also in beiden Fällen rd. 83 %.

Vergleichen wir für das Jahr 2021:
Bisheriger Selbstbehalt 420 €, neuer Beitrag 768 €:
768-380 (max. Arbeitgeberzuschuss) = 388 € Arbeitnehmeranteil (abzugsfähiger Anteil 83 % = 322 €)
bei Grenzsteuersatz 40% Abzugsanteil 322 x 0,4 = 129 €, Arbeitnehmeranteil nach Steuern also (388-129) = 259 €,
zuzüglich 1/12 Selbstbehalt 35 € (420/12) = maximal 294 €

Höherer Selbstbehalt 840 €, Beitrag 112 € niedriger, also 656 €:
656-328 (50 % Arbeitgeberzuschuss) = 328 € Arbeitnehmeranteil (abzugsfähiger Anteil 83 % = 272 €)
bei Grenzsteuersatz 40% Abzugsanteil 272x0,4 = 109 €, Arbeitnehmeranteil nach Steuern also (328-109) = 219 €,
zuzüglich 1/12 Selbstbehalt 70 € (840/12) = maximal 289 €

Soweit der 2. Blick, der je nach Verlauf in 2021 für den Tarifwechsel einen rechnerischen Vorteil zwischen 5 und 40 € monatlich auswirft. Mit Tendenz zu 5, was ja nicht gerade viel ist.

Zum 3. Blick komme ich heute (also gestern) nicht mehr, nur so viel vorweg: Da geht es um Beitragsrückerstattung bei Leistungsfreiheit (gibt es das in deinem Tarif?), verschenkter Arbeitgeberzuschuss (oben immerhin 52 € monatlich) und steuerfreie Kostenübernahme durch den Arbeitgeber bis 600 €/Jahr.

Und noch dazu:
Mr. Spock schreibt:
Standardtatrif wird ebenfalls angeboten. Kostenpunkt 163 Euro/Monat
Quizfrage: Wie hoch darf 2021 die gesetzliche Rente sein, damit der gesetzlich krankenversicherte Rentner keinen höheren KV-Beitrag zu zahlen hat (durchschn. Gesamtbeitragssatz 15,9 % angenommen)?

Mr. Spock vermutet falsch:
Dass ich in den letzten 30 Jahren vielleicht 5 Mal beim Hausarzt war, noch nie im Krankenhaus und die Krankenversicherung an mir einen sechstelligen Betrag verdient hat ... interessiert vermutlich niemanden.
Doch, mich interessiert das schon, und ich freue mich für dich. Das ist doch toll, dann sind die letzten 30 Jahre doch so schlecht gar nicht gewesen, zumindest gesundheitlich. Ging mir übrigens in dieser Zeit genauso. 30 Jahre lang - halt, ein Ausnahmejahr hatte ich - keine Leistungen in Anspruch genommen, also 29 x Beitragsrückerstattung bezogen. Nicht zuletzt zum Frommen des Finanzamts, versteht sich. :wink:

Wenn Du unter "Krankenversicherung" deine tariflichen Mitversicherten verstehst, dann passt das auch so mit dem sechsstelligen Verdienst. Bis jetzt jedenfalls. Aber warte ab: Das holst du, deine Ärzte und Krankenhäuser in den kommenden 30 Jahren alles wieder rein - wetten? Es sei denn, du schaffst doch noch das, was Pete Townshend von The Who für sich erhofft hatte:
Old Boy Pete als Twen in den 1960ern:
Hope I die before I get old!
Er lebt noch heute, und My Generation ist inzwischen schon die Urgroßvater-Generation.

Gruß
von GS


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