Kontrahierungszwang versus Praemienzuschlag

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Morbi
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Kontrahierungszwang versus Praemienzuschlag

Beitragvon Morbi » 15.03.2009, 19:27

Die Gesundheitsreform hat den privaten Krankenversicherungen den Kontrahierungszwang beschert, das ist aber auch schon alles. Denn solche Sanktionen wie Prämienzuschläge, mit denen Unsereins bestraft wird, sind nicht zu befürchten. Wenn ich hierzu meinen Fall schildern darf.
Ich bin Jahrgang 43 und seit drei Jahren Rentner. Bis Januar 2006 war ich die gesamten Berufsjahre in der TKK versichert, die letzten 33 Jahre davon freiwillig. Im September 06 hatte ich mich mit meinem Renten- antrag von der Krankenversicherung der Rentner (KVdR)-Pflicht gem. SGB V § 8 Abs. 2 unwiderruflich selbst befreit. Damit war das Thema Gesundheitsreform für mich erledigt - dachte ich.
Anfang Januar 09 bin ich dann dahinter gekommen, die Befreiung von der KVdR-Pflicht (s. SGB) führt jetzt automatisch in die PKV-Pflicht (s. VVG). Also hab ich mich gehorsam auf den Weg gemacht um, wenn auch widerwillig, in den PKV-Basistarif zu kommen. Seitdem arbeitet die Zeit gegen mich. In den einschlägigen Versicherungsagenturen mit denen ich in Kontakt getreten bin, habe ich von Ratlosigkeit bis Falsch- beratung (Zitat: Sie müssen wieder in Ihre letzte Ersatzkasse) alles erlebt. Anfang Februar kam dann die nächste unerfreuliche Erkenntnis, die PKV-Anbieter wehren sich vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Aufnahme solcher Fälle wie ich einer bin und lassen mich deshalb offensichtlich erstmal links liegen.
Fazit: Ich werde irgendwann einmal mit dem Prämienzuschlag zur Kasse gebeten, zahle also bereits ohne Anspruch auf Versicherungsschutz fast den gleichen Beitrag wie ein vergleichbarer Versicherter. Als ob das nicht schon ärgerlich genug wäre, kommt ausserdem noch dazu, nur mit einem Vertrag in der Tasche kann ich bei der BfA den KV-Anteil auf meine Rente bekommen.
Seit Mitte Februar habe ich mich auf einen einzigen PKV-Anbieter kon- zentriert. Ich habe telefoniert und immer wieder geschrieben (Einschrei- ben mit Rückantwort) ohne eine einzige Antwort. Ich finde dieses Ver- halten mittlerweile erniedrigend.
Deshalb meine Frage, wie kann ich mich wehren ? Man kann doch jetzt nicht von mir verlangen, das ich den Versicherungszwang einklage.
Meinen Dank an Alle, die sich die Mühe machen diese Tragödie zu lesen.

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Re: Kontrahierungszwang versus Praemienzuschlag

Beitragvon DKV-Service-Center » 15.03.2009, 22:24

Hallo Morbi,
für mich gehören Sie wenn es um die Versicherungspflicht geht zum Lager der GKV da die letzte Kasse ja eine gesetzliche war.Deswegen entsteht so viel Unsicherheit da Sie ich sage mal über eine andere Schiene reinwollen.
Wenn Sie es wünschen haben Sie natürlich auch die Möglichkeit in den Basistarif der PKV zu kommen.
Allerdings sind dafür die einzelnen Agenturen der Falsche Ansprechpartner.Jede Gesellschaft hat sogenannte Anlaufstellen für den Basistarif, dieses wird Zentral gesteuert.
Möglicherweise hilft es wenn Sie einen Normaltarif beantragen und allternativ dazu den Basistarif.
Gruß

dij
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Re: Kontrahierungszwang versus Praemienzuschlag

Beitragvon dij » 16.03.2009, 00:00

Morbi hat geschrieben:Bis Januar 2006 war ich die gesamten Berufsjahre in der TKK versichert, die letzten 33 Jahre davon freiwillig. Im September 06 hatte ich mich mit meinem Renten- antrag von der Krankenversicherung der Rentner (KVdR)-Pflicht gem. SGB V § 8 Abs. 2 unwiderruflich selbst befreit. ...
Anfang Januar 09 bin ich dann dahinter gekommen, die Befreiung von der KVdR-Pflicht (s. SGB) führt jetzt automatisch in die PKV-Pflicht (s. VVG). Also hab ich mich gehorsam auf den Weg gemacht um, wenn auch widerwillig, in den PKV-Basistarif zu kommen.


Und in der Zwischenzeit bestand gar keine Versicherung, weder privat noch gesetzlich?

In dem Fall besteht seit April 2007 wieder eine Versicherung in der GKV (Nachzahlung der Beiträge), und die privaten Versicherer sind nicht zu einer Aufnahme in den Basistarif verpflichtet. Das ergibt sich aus § 193 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 VVG i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Alt. a SGB V.

Ein regulärer Tarif wäre für die Zukunft möglich, aber in der freien Entscheidung der Versicherer; d.h. nur bei guter Gesundheit.

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Beitragvon Rossi » 16.03.2009, 23:06

Ups, iss nicht wahr!

Es hat vermutlich den Anschein, dass Morbi sich damals auf Antrag von der Versicherungspflicht hat befreien lassen, aber keine private Kv. abgeschlossen hat. Jenes war damals gem. § 8 SGB V sehrwohl möglich, obwohl der Antragsteller keine Krankenversicherung hat. Ganz schön mutig, so etwas.

Nun denn, die PKV muss Morbi ab dem 01.01.2009 nicht aufnehmen. Es ist relativ einfach, dij hat es schon gepostet; er ist versicherungspflichtig in der GKV und hat deswegen keine Verpflichtung im Sinne von § 193 Abs. 3 VVG.

Ich bin total überrascht, welche Klamotten nunmehr um die Ecke kommen. Bei der Kralle (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) habe ich schon einiges erwartet, aber jetzt kommen die I-Tüpfchen!!

Wahsinn!

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Beitragvon Rossi » 16.03.2009, 23:10

Ehrlich gesagt verstehe ich den damaligen Befreiungsantrag von Morbi im Ansatz nicht. Liegt die Rente oberhalb von 3.675,00 Euro, kann ich mir nicht vorstellen.

Welchen Sinn und Zweck hatte damals der Befreiungsantrag; war es ein Ergebnis einer Thekenrunde?

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Beitragvon DKV-Service-Center » 17.03.2009, 21:08

:-)
Ne aber da geistert noch die Offenlegung sämtlicher Einnahmen für freiwillig versicherte
durch die Luft und das führt zu solchen Stilblüten
:-)

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Beitragvon Rossi » 17.03.2009, 23:13

Nee, DKV-Service-Center, definitiv nämlich keine Offenlegung.

Im Bereich der KVdR sind nur die Rente und die Versorgungsbezüge beitragspflichtig. Alles andere interessiert keinen Bagger; da könnte der Rentner 5 Millionen uff´n Konto haben, spielt keine Rolle.

D.h. bspw. immer Mitglied der Solidargemeinschaft, davon wie hier 33 Jahre freiwilliges Mitglied in der GKV, dann ist man durch eine DRV-Rente von bspw. 100,00 Euro für schlappe 9,00 Euro pflichtversichert. Die anderen Einnahmen spielen keine Rolle.

Die sog. KVdR ist ein Bonbon für langjährig Versicherte, im Alter profitiert man davon.

Erfüllt man als Rentner die sog. KVdR nicht, dann sind für die Beitragsberechnung natürlich die anderen Einnahmen zu berücksichtigen. Würde bei den 5 Millionen und den Zinseinkünften bedeuten, dass man insgesamt 650,00 Euro monatlich löhnen müsste.

Da liegen natürlich Welten dazwischen. Daher verstehe ich bislang den Befreiungsantrag noch nicht!!

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Beitragvon DKV-Service-Center » 17.03.2009, 23:41

KVdR ist klar nur da er die letzten 33 Jahre freiwillig versichert war nehme ich an das
eine Verwechselung vorliegt :-)
Gruß

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Beitragvon Rossi » 18.03.2009, 00:13

Öhm, sehe ich derzeit nicht, dass eine Verwechselung vorliegt. Er war 33 Jahre lang freiwillig in der GKV und hat sich jetzt uff Antrag befreien lassen.

Der Rossi versteht es einfacht nicht. Aber vielleicht bringt der Poster die Erleuchtung!

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Beitragvon Morbi » 18.03.2009, 11:42

Hallo und Danke für die vielen hilfreichen Informationen. Meine Eingangs gemachten Angaben sind alle korrekt. Als Ergänzung, neben der BfA Rente beziehe ich noch eine Betriebsrente. Die unwiderrufliche Befreiung von der KVdR-Pflicht ist meine persönliche Antwort darauf, wie ich das Gesundheitssystems beurteile. An eine Rückkehr in die GKV will ich nicht glauben. Die Entscheidung ist auf der in 2006 geltenden Rechtslage getroffen worden. Da war noch garnicht die Rede davon, welche massiven Veränderungen das geänderte Versicherungsvertragsgesetz mit sich bringen wird. Oder ? Zu meiner Verwunderung steht im Sozialgesetzbuch V auch immer noch der § 8 (1) Abs. 4 und (2) jetzt ohne Sinn und Verstand. Auch die Bfa weist in ihren Merkblatt immer noch treu und brav auf die o.g. KVdR-Befreiungsmöglichkeit hin. Das nur nebenbei. Die Rückkehr in die GKV schliesse ich schon deshalb aus, weil ich Anfang 2008 von meinem letzten Arbeitgeber im Rahmen der Betriebsrenten-Meldepflicht gem. § 202 SGB V zu einer Erklärung aufgefordert wurde, in der ich wahrheitsgemäß auf meine KVdR-Befreiung hingewiesen habe. Meiner Meinung nach hätte meine frühere Ersatzkasse spätestens da reagieren müssen. Ansonsten stehe ich immer noch zu meinem Eingangsproblem. Mit dem Versicherungs- und Kontrahierungszwang einerseits und dem drohenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Nacken stehe ich, ohne Schuldeingeständnis, zwischen den Fronten. Vielleicht wird es dadurch etwas deutlicher, woher meine grundsätzliche Skepsis zu dem Ganzen kommt.

dij
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Beitragvon dij » 18.03.2009, 14:36

Morbi hat geschrieben:An eine Rückkehr in die GKV will ich nicht glauben.


Glaube versetzt Berge, aber nicht unbedingt deutsche Gesetze. 8)

Morbi hat geschrieben:Zu meiner Verwunderung steht im Sozialgesetzbuch V auch immer noch der § 8 (1) Abs. 4 und (2) jetzt ohne Sinn und Verstand.


Vollständig sinnvoll, da die Befreiungsmöglichkeit (zugunsten einer PKV, oder einer Nr.-13-Pflichtversicherung) weiterhin besteht. Ob sie wirtschaftlich sinnvoll ist, ist ein anderes Thema.

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Beitragvon Rossi » 18.03.2009, 23:14

Oh weia, wie geht es jetzt weiter.

Völlig klar, Morbi hat sich unwiderruflich von der KVdR befreien lassen. Jenes ist der Pflichttatbestand nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V. Und dort wird er defintiv auch niemehr reinkommen.

Aber seit dem 01.04.2007 gibt es den Pflichttatbestand nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V und darunter fällt Morbi unweigerlich.

Das üble an der gesamten Geschichte ist auch die Beitragshöhe; denn die Beitraghöhe in der KVdR ist in der Regel günstiger, als die Beitragshöhe in § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V. Will heissen jetzt wird es leider teuer.

Aber ich glaube, die Beitraghöhe für die Pflichtversicherung in der GKV (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V) ist immer noch günstiger, als eine private Kv.

Aber jetzt geht es noch weiter; die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V besteht kraft Gesetzes ab dem 01.04.2007. Damit muss Morbi auch ab dem 01.04.2007 löhnen. In der PKV hingegen erst ab dem 01.01.2009. Da liegen natürlich Welten dazwischen. Aber die PKV muss Morbi nicht aufnehmen, da er in der GKV versicherungspflichtig ist.

Da Morbi eine Rente von der DRV erhält, läuft die Beitragszahlung in erster Linie über die DRV. Der Rententräger muss nämlich die Beiträge von der Rente einbehalten und direkt an die Kv löhnen. Will heissen, nach der Anzeige zur Versicherungspflicht verringert sich die Rente um derzeit (ab Januar 2009) ca. 10,15 %; natürlich rückwirkend ab dem 01.04.2007. Damit ist die Rente schon mal überzahlt. Er bekommt dann nach ca. 2 Monaten (nach der Anzeige) einen Änderungsbescheid, wo die Rente um ca. 10,15 % erst einmal gekürzt wird. Gleichzeitig einen Bescheid, wie hoch die Überzahlung ab dem 01.04.2007 beträgt. Die Überzahlung wird die DRV mit der laufenden Rente bis zur Hälfte aufrechnen. Boah, dat kann aber eng werden; es gibbet nur noch die Hälfte, bis die Schulden bezahlt sind. Wenn Morbi durch die Aufrechnung soziálhilfebedürftig wird, muss er jenes nachweisen, sonst gibt es nur noch die Hälfte. Damit nicht genug; aus der betrieblichen Rente zahlt er noch einmal 15,5 % selber an die Kv, natürlich auch rückwirkend ab dem 01.04.2007.

Boah, da kommt wat. Und weisst Du was - Morbi - dagegen kannst Du dich nicht wehren. Wir leben in einem moderen Sozialstaat, dort muss jeder versichert sein. Und da Du damals keine private Kv - sorry ich verstehe es immer noch nicht - abgeschlossen hast, gehörst Du ins Lager der GKV. Die sog. Kralle hat volle Kanne bei Dir zugeschlagen.

Und glaube mir eins, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Kümmere Dich um die Versicherung; löhnen musst Du immer; da geht kein Weg dran vorbei.

Ach ja, Du kannst natürlich weitersuchen, in der Hoffnung, dass irgendeine PKV Dich aufnimmt. Dort wird es mit Sicherheit incl. Pflege ca. 650,00 Euro monatlich kosten. Die GKV wird dort vermutlich günstiger sein. Aber rechnen, wirst Du vermutlich selber können. Problem, die PKV muss Dich nicht aufnehmen! Bei der GKV bist Du schon längst seit dem 01.04.2007 versicherungspflichtig, da die Kralle zugeschlagen hat.

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Beitragvon Morbi » 22.03.2009, 09:08

Als der Gesetzgeber den § 5 um den Abs. 13 erweitert hatte, war ich schon seit 7 Monaten in Freiheit. Damit wird mich keiner mehr zurückholen. - Auf der anderen Seite klingt es für mich glaubwürdig, was dij und Rossi einhellig mit ihren Statements vom 16.3. zum § 193 VVG dargelegt hatten, die PKV muß mich nicht nehmen. Fazit: Keine GKV und keine PKV für mich und das soll mir auch nur recht sein, denn das hab ich von Anfang nicht gewollt und letztendlich ist es doch das, was wir alle drei wollen. Danke für hilfreichen Informationen - hat mir sehr geholfen. Alles Gute, Morbi

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Beitragvon DKV-Service-Center » 22.03.2009, 21:58

Hi Morbi
Missverständnis :-)
Bitte nochmal alles durchlesen :-)
Versicherungspflicht Kraft Gesetz ab 1.4.2007
in der GKV, verbunden mit einer Nachzahlung ab diesem Datum.
Interessant wäre es wenn Sie einen Bescheid von der GKV erhalten würden das diese Sie nicht versichert :-).
Gruß

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Beitragvon Rossi » 23.03.2009, 06:20

Als der Gesetzgeber den § 5 um den Abs. 13 erweitert hatte, war ich schon seit 7 Monaten in Freiheit. Damit wird mich keiner mehr zurückholen


Überzeugt mich nicht!

Lese Dir doch mal die Präambel zum GKV-WSG durch.

In einem moderen Sozialstaat ist es nicht hinnehmbar, dass eine Vielzahl der Bürger nicht versichert sind..........


Du gehörst ins Lager der GKV, da Du dort zuletzt versichert gewesen bist.

Aber wenn wir Dich hier nicht überzeugen können, na ja.....


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