Zitat RHW:
Eine Reduzierung der Beiträge kann ich mir nicht vorstellen.
Ich habe damals nicht viel dazu geschrieben, denn Richter müssen auch etwas tun. Denn wir haben ja den Ermittlungsgrundsatz im Sozialrecht. Aber es hatte für einen Vergleich auf jeden Fall gereicht.
Auszug aus der Begründung:
Der Gesetzgeber hat den Krankenkassen im Rahmen des sog. GKV-WSG gem. § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V den Auftrag erteilt, in den Fällen, wo der Versicherte die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V verspätet aus Gründen die er nicht zu vertreten hat anzeigt, in den jeweiligen Satzung der Krankenkasse nachfolgendes zu regeln:
- Ermäßigung der nachzuzahlenden Beiträge
- Erlass des nachzahlenden Beiträge
- Stundung der nachzuzahlenden Beiträge
Die Beklage hat diesen gesetzlichen Auftrag erfüllt und entsprechendes in der Satzung geregelt. Diese Satzungsregelung entspricht wortgleich dem Vorschlag der Spitzenverbände der Krankenkassen (vgl. gemeinsames Rundschreiben der Spitzverbände der Krankenkassen vom 20.03.2007 Anlage3 ).
Die Beklagte bezieht sich in dem Widerspruchsbescheid ganz offensichtlich auch auf die Begründung des Spitzenverbandes der Krankenkassekasse zu diesem Mustervorschlag.
Zitat:
Damit die Nachzahlung bei unverschuldet verspäteter Anzeige nicht zu unbilligen Härten für die Betroffenen führt, hat die Satzung jeder Krankenkasse eine Regelung über die nichtvollständige Beitragserhebung zu treffen (§ 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V). Die vorliegende Satzungsregelung setzt diese Vorgabe um.
Der Anwendungsbereich der Regelung erfasst allein Versicherte, die das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht unverschuldet („... Gründen, die es [das Mitglied] Anlage 3 nicht zu vertreten hat...“) zu spät anzeigen. Den Nachweis des „Unverschuldetseins“ hat der Versicherte, der sich hierauf beruft, zu führen. Allein der Hinweis auf die Unkenntnis der neuen Regelung oder ein Fehlverhalten, das nicht durch falsche oder irreführende Auskunft der Krankenkasse verursacht ist, kann wegen des Grundsatzes der formellen Publizität von Gesetzen (Gesetze gelten mit ihrer Verkündung im maßgeblichen Gesetz- und Verordnungsblatt als allen Normadressaten bekannt gegeben) nicht als unverschuldet im vorgenannten Sinne gewertet werden.
Die Beklagte berücksichtigt überhaupt nicht meinen Vortrag und hält sich konsequent an dem Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen und untermauert diesen noch mit meinem Beruf als xyz. Es läuft unter dem Grundsatz, Studierte lesen alle Gesetze und erkennen sofort alle Sachverhalte. Wie ich bereits vorgetragen habe, habe ich meinen Schwerpunkt in anderen Bereichen. In diesem Gebiet verfolge ich selbstverständlich alle Änderungen. Als Berufsanfängerin bin ich gar nicht in der Lage, alles zu verfolgen. Ich habe mich daher nur auf die Medien verlassen.
Hauptberuflich Selbständige unterlagen Jahrzehnte nicht der Versicherungspflicht und sind der privaten Krankenversicherung zuzuordnen. In den Medien wurde dann verbreitet, dass ab dem 01.01.2009 auch eine Pflicht zur Versicherung in der privaten Krankenversicherung besteht. Genau aus diesem Grunde habe ich mich Anfang 2009 um eine Krankenversicherung bemüht. Leider ohne Erfolg, zahlreiche Bemühungen bei verschiedenen privaten Krankenversicherungen (Beispiele DKV etc!!!!!!.) führten zu einer Ablehnung.
Dort habe ich erst einmal erfahren, dass ich im Lager der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig bin. Aus diesem Grunde habe ich dann auch sofort Kontakt mit der Beklagten aufgenommen und ich wurde von der Versicherungspflicht ab dem 01.04.2007 erwischt.
Ich habe es definitiv nicht gewusst. Das BSG hat sich bereits mit der Publizitätswirkung von Gesetzen beschäftigt. Hierbei wurde festgestellt, dass eine Veröffentlichung im BGBL nicht ausreicht und eine Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften unterstellen zu können. (vgl. BSG 25.05.2005 Az. B 11 a/11 AL 81/04 R). Es kommt vielmehr auf die subjektive Kenntnis bzw. das Kennenmüssen an. Dieses kann mir nicht unterstellt werden. Denn schließlich hätte mich die Beklagte zum 01.04.2007 auch auf die bestehende Versicherungspflicht insofern beraten und aufklären müssen (vgl. § 13 / 14 SGB I). Denn es obliegt ihr, mich über meine Rechte und Pflichten zu beraten und aufzuklären.
Aus meinen anderen zahlreichen Schriftsätzen ist doch auch erkennbar, dass ich mir erst jetzt über die Versicherungspflicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V bewusst bin.
Ferner bezieht sich die Beklagte sich auf einschlägige Kommentierungen (vgl. Krauskopf § 186 SGB V Rn. 36), wonach erwartet werden kann, dass sich ein Bürger um die Klärung seines Krankenversicherungsschutzes bemüht.
Im dem Bereich der Nachzahlungspflicht gem. § 186 Abs. 11 SGB V und deren Ermäßigung gibt es noch keine Rechtsprechung, zumindest noch keine veröffentliche Rechtsprechung. Wenn sich jeder Bürger um eine Krankenversicherung zu bemühen hat, muss sich die Frage über die Ziele des GKV-WSG und der Versicherungspflicht im Bereich der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung gestellt werden. In den Begründungen zum Gesetzentwurf wird nämlich festgehalten, dass Deutschland ein moderner Sozialstaat ist, in dem kontinuierlich mehr Bürger leben, die nicht abgesichert sind. Genau aus diesem Grund, der ansteigenden Zahl der sog. Unversicherten, wurde die Versicherungspflicht eingeführt (siehe BT DRS 16/3100 S. 94). Folgt man den Ausführungen der einschlägigen Kommentierungen, dann dürfte die Versicherungspflicht völlig überflüssig sein, da von jedem erwartet werden kann, dass er sich um seinen Krankenversicherungsschutz bemüht. Die Zahl der Unversicherten müsste daher kontinuierlich sinken, was ja gerade nicht der Fall war.
Ich habe daher abschließend schlüssig nachvollziehbare Gründe vorgetragen, die es rechtfertigen die nachzuzahlenden Beiträge auf jeden Fall zu ermäßigen, da ich die verspätete Anzeige nicht zu vertreten habe.
Es hat auf jeden Fall für einen Vergleich gereicht, weil die Kasse wohl ne feuchte Hose bekommen hat.
Der Richter hat gleich zu Beginn der Verhandlung vorgetragen, dass durchaus die Voraussetzungen für eine Ermäßigung vorliegen.
Leute ihr müsst Euch einfach dagegen wehren, sonst Verfolgen euch die Beitragsforderung ein Leben lang.