Bürgerentlastungsgesetz

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Bürgerentlastungsgesetz

Beitragvon Frank » 01.12.2009, 11:57

Ab dem 1.1.2010 werden im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes die Beiträge sowohl für eine gesetzliche Krankenversicherung als auch eine private Krankenvollversicherung in wesentlich höherem Maße steuerlich berücksichtigt. Diese Beiträge sind als Vorsorgeaufwendungen vom zu versteuernden Einkommen – anders als bisher - unbegrenzt abzugsfähig. Damit „beteiligt“ sich das Finanzamt erheblich an den Krankenversicherungs- und Pflegepflichtversicherungsbeiträgen.

Insgesamt beträgt das steuerliche Entlastungsvolumen ca. 9,5 Mrd EUR jährlich. Die Vorteile gelten erstmals für das Steuerjahr 2010 und wirken sich somit grundsätzlich in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 aus, die in 2011 gemacht wird.

Die Beiträge zur privaten Krankenvollversicherung (inklusive Beihilfetarife) sind mit dem Beitragsanteil steuerlich abzugsfähig, der den gesetzlichen Leistungen entspricht. Über dieses gesetzliche Krankenversicherungsniveau hinausgehende Beitragsanteile werden im Regelfall nicht berücksichtigt. Die genaue Ermittlung dieser Anteile regelt die so genannte Krankenversicherungsbeitragsanteils-Ermittlungsverordnung (KVBEVO).

Die Beiträge zur privaten Pflegepflichtversicherung sind zu 100% abzugsfähig. Es können auch die Beiträge für Kinder, mitversicherte Ehepartner und Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz als Vorsorgeaufwendungen steuerlich anerkannt werden.

Steuerliche Anrechenbarkeit von Vorsorgeaufwendungen

Anrechenbare Krankenversicherungs- und Pflegepflichtversicherungsbeiträge können in vollem Umfang steuerlich geltend gemacht werden. Hierfür gibt es keine betragliche Begrenzung. Sollten diese Beiträge jährlich unter den Höchstsätzen von 1.900 EUR bei Arbeitnehmern/ Beamten oder 2.800 EUR bei Selbstständigen liegen (bei Ehepaaren verdoppeln sich diese Beträge), kann die Differenz noch durch weitere Vorsorgeaufwendungen steuerlich „ausgeschöpft“ werden. Weitere Vorsorgeaufwendungen sind Beiträge zur Arbeitslosen-, Unfall-, Berufsunfähigkeits-, Haftpflicht- oder Risikoversicherung, eine Pflegezusatzversicherung sowie die Beitragsanteile für die Krankenversicherungsmehrleistungen.

Günstigerprüfung
Es gilt nach wie vor die Günstigerprüfung, die im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes eingeführt wurde. Für sämtliche Vorsorgeaufwendungen (unter anderem Ihre Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) wird das steuerliche Abzugsvolumen nach dem Bürgerentlastungsgesetz mit dem Abzugsvolumen des bis 2004 geltenden Rechts verglichen. Der höhere Betrag ist dann steuerlich abzugsfähig. Das Finanzamt führt die Günstigerprüfung bis zum Jahr 2019 automatisch durch. Danach endet sie.

Nicht abzugsfähige Tarife
Steuerlich nicht abzugsfähig sind Beiträge für Tagegeld-Tarife, Optionstarife oder Tarife, die ausschließlich Krankenversicherungs-Wahlleistungen (insbesondere im stationären Bereich) vorsehen sowie Beiträge für eine Anwartschaftsversicherung.

Beitragsrückerstattung und Arbeitgeberzuschuss
Eventuelle Beitragsrückerstattungen mindern den steuerlich anzusetzenden Jahresbeitrag: in der Krankenversicherung mit dem prozentualen Anteil, der auch für die steuerlichen Absetzbarkeit Ihrer Beiträge gilt, in der Pflegeversicherung voll. Bei Arbeitnehmern muss außerdem berücksichtigt werden, dass der Arbeitgeberanteil (maximal 50 % des Krankenversicherungsbeitrages) steuerlich nicht geltend gemacht werden kann.

Pflegebeiträge voll abzugsfähig
Pflegepflichtbeiträge sind von allen privat Vollversicherten zu 100% abzugsfähig. Bei Arbeitnehmern muss außerdem berücksichtigt werden, dass der Arbeitgeberanteil (maximal 50 % des Pflegepflichtbeitrages) steuerlich nicht geltend gemacht werden kann.


A) Privatversicherte Arbeitnehmer/Beamte

Für diesen Personenkreis ist ab 2010 in die jeweiligen Lohnsteuertabellen bereits eine Mindest-Vorsorgepauschale für KV- und PPV-Beiträge in Höhe von 12 % des Arbeitslohns eingearbeitet. Diese beträgt grundsätzlich jährlich maximal 1900 EUR, in der Steuerklasse 3 maximal 3000 EUR.

Sind die anzusetzenden Kranken- und Pflegepflichtbeiträge höher als die genannten Werte, kann die Soll-Beitragsbescheinigung beim Arbeitgeber/Dienstherrn abgegeben werden. Damit berücksichtigt dieser die höheren Werte bereits ab Januar 2010 im Lohnsteuerabzugsverfahren. Bitte beachten Sie,
dass von den Beiträgen aus der Soll-Beitragsbescheinigung noch der volle gesetzliche Arbeitgeberzuschuss und eine eventuelle Beitragsrückerstattung für 2009 (Auszahlung in 2010) sowie ein eventueller Bonus abzuziehen sind.

B) Privatversicherte Selbstständige

Für diesen Personenkreis ergeben sich nur Auswirkungen, wenn Einkommensteuervorauszahlungen zu leisten sind. In diesem Fall berücksichtigt das Finanzamt bei der Höhe dieser Vorauszahlungen automatisch 80 % der bei der letzten Veranlagung erklärten Kranken- und Pflegepflichtversicherungsbeiträge.

Sind die anzusetzenden Kranken- und Pflegepflichtbeiträge mittlerweile höher (z.B. durch die Beitragsanpassung), kann die Soll-Beitragsbescheinigung beim Finanzamt/Steuerberater abgegeben werden. So werden diese höheren Beiträge bereits bei der Einkommensteuervorauszahlung berücksichtigt. Bitte beachten Sie, dass von den Beiträgen aus der Soll-Beitragsbescheinigung noch eine eventuelle Beitragsrückerstattung für 2009 (Auszahlung in 2010) sowie ein eventueller Bonus abzuziehen sind.


Technischer Ablauf

Auch im Steuerrecht gibt es den Trend zu möglichst papierarmer Bearbeitung. Ab 2011 gibt es z.B. keine Lohnsteuerkarten mehr. Diesem Trend entsprechend ist für die Übermittlung der Kranken- und Pflegepflichtbeiträge ab 2011 ein vollautomatisches Verfahren vorgesehen.

Die Versicherer melden die gezahlten als auch die erstatteten Beiträge (Beitragsrückerstattungen, Gesundheits-, Verhaltens- und Treuebonus) an die Deutsche Rentenversicherung Bund. Diese Beträge werden in die ELSTAM-Datenbank (= Elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale) eingestellt. Bei Arbeitnehmern/Beamten ruft der Arbeitgeber/Dienstherr dann für das Lohnsteuerabzugsverfahren die gemeldeten Beträge aus der Datenbank ab. Bei Selbstständigen greift das Finanzamt auf diese zu. Die Beträge in der ELSTAM-Datenbank werden dann vom Finanzamt zukünftig bei der Einkommensteuererklärung und -veranlagung berücksichtigt. Der Kunde erhält von seinem Versicherer eine Bescheinigung über die gemeldeten Beträge. Damit ist auch ihm bekannt, welche Werte vom Finanzamt berücksichtigt werden.

Wichtig: Die Meldung kann nur erfolgen, wenn dem Versicherer das Einverständnis zur Datenübermittlung vorliegt und die Steueridentifikationsnummer der Versicherten bekannt ist. Grundsätzlich gilt: Ohne Meldung keine steuerlichen Vorteile durch Kranken- und Pflegepflichtbeiträge.

Wie diese Zustimmung eingeholt bzw. erteilt werden kann, hängt davon ab, ob es sich um einen Bestands- oder Neukunden handelt.

Bestandskunden:
Das sind alle Kunden mit Vertragsabschluss vor dem 01.01.2010. Sie werden von den Gesellschaften angeschrieben. In diesen Anschreiben ist der Hinweis enthalten, dass die Datenübermittlung der PKV- und PPV-Beiträge nur mit Einwilligung der Kunden möglich ist. In Übereinstimmung mit den gesetzlichen Regelungen geht der Versicherer von dieser Einwilligung aus, wenn kein schriftlicher Widerspruch innerhalb von vier Wochen nach Eingang des Anschreibens erfolgt.

Neukunden:
Das sind alle Kunden mit Vertragsabschluss ab dem 01.01.2010. Hier erfolgt die Einwilligung zur Datenübermittlung bei Antragsstellung. Die Einwilligung tritt in Kraft, wenn der Kunde der Übermittlung nicht ausdrücklich widerspricht. Für diesen Widerspruch ist eine entsprechende Willenserklärung im Antrag erforderlich. Die für die spätere Datenübermittlung notwendige Steueridentifikationsnummer sollte im Antrag angeben werden. Fehlt sie, werden wir diese beim Bundeszentralamt für Steuern anfordern. Das entsprechende Einverständnis hierzu ist ebenfalls im Antragsformular enthalten.

seppk
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Beitragvon seppk » 18.12.2009, 19:52

Ich würde gerne auf die Datenübermittlung an das Finanzamt verzichten bzw. der Datenübermittlung widersprechen. Dann hätte ich vielleicht nicht gleich eine Reduzierung der Lohnsteuer, aber ich könnte mich bei der Einkommensteuererklärung auf eine schöne Rückerstattung freuen.

Fragen:
1) Stellen die Krankenversicherungen künftig die erforderlichen Nachweise für die Einkommensteuererklärung aus ?

2) Habe ich bei dieser Vorgehensweise mit irgendwelchen Nachteilen zu rechnen ?

Sepp

skd
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Beitragvon skd » 02.01.2010, 23:27

Hallo,
genau diese Fragestellungen interessieren mich auch.

Der Deutsche Bundestag hat im Jahre 1975 die Schaffung eines allgemeinen Personenkennzeichens als verfassungswidrig abgelehnt. Dies gilt auch heute noch.
Da die Steuer-Identifikationsnummer, mit den dahinter gespeicherten Attributen, alle Merkmale eines Personenkennzeichens erfüllt,
widerspreche ich grundsätzlich der Verwendung
mit Hinweis auf auf das Musterverfahren gegen die ID-Nummer, welches beim Finanzgericht Köln ( Aktenzeichen: 2 K 2822/08 ) anhängig ist.
Dies habe ich auch dem Bundeszentralamt für Steuern entsprechend mitgeteilt.

Nun möchte ich ungern, durch implizite Zustimmung der Nutzung der Steuer-ID, diese Position schwächen.

dorni
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Beitragvon dorni » 05.02.2010, 12:06

Hallo!

Ich habe zum Bürgerentlastungsgesetz 2010 auch einen sehr interessanten Artikel gefunden zu der Abzugsfähigkeit der Krankenkassenbeiträge von der Lohnsteuer 2010:

http://www.jahressteuergesetz.de/steuergesetze-2009/buergerentlastungsgesetz-was-laesst-sich-ab-2010-absetzen/

Ist in dem Zusammenhang vielleicht auch ganz interessant!

Viele Grüße

Cassiesmann
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Beitragvon Cassiesmann » 05.02.2010, 13:01

seppk hat geschrieben:Ich würde gerne auf die Datenübermittlung an das Finanzamt verzichten bzw. der Datenübermittlung widersprechen. Dann hätte ich vielleicht nicht gleich eine Reduzierung der Lohnsteuer, aber ich könnte mich bei der Einkommensteuererklärung auf eine schöne Rückerstattung freuen.


Klappt nur Bedingt, da 12% des Lohns automatisch angerechnet werden. Dagegen ist KEIN Einspruch mögliche.


Fragen:
1) Stellen die Krankenversicherungen künftig die erforderlichen Nachweise für die Einkommensteuererklärung aus ?

PKV ja bzw. es wird ein Eintrag in die ELSTAM-Datenbank erfolgen, GKV ist egal, da der AG direkt den GKV-Beitrag ermittelt.

2) Habe ich bei dieser Vorgehensweise mit irgendwelchen Nachteilen zu rechnen ?


Wenn Sie nicht den vollen Beitrag direkt im Lohnabzugsverfahren geltend machen sonder erst die der Steuererklärung, haben Sie außer einem Zinsverlust m.E. meine Nachteile.


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