Beitragvon Rossi » 09.04.2011, 20:46
Nun denn, vergil
so langsam platzt mir hier der Kragen, wenn ich Deine Postings lese und auswerte.
Ich betreibe hier defintiv kein Begräbnis der Solidargemeinschaft.
Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat, der sozial geprägt ist.
In diesem demokratischen Rechtsstatt gibt es natürlich Regeln. Diese Regeln bezeichnet man als Gesezte. Jeder hat sich daran zu halten, denn nur so funtkioniert das gesamte System.
In diesem Regelungssystem sollte man niemals den fatalen Fehler begehen, indem man etwas - bspw. aus fiskalischen Gründen oder Wunschdenken - ablehnt.
Es gelten immer noch die elementären Grundsätze des Grundgesetzes, insbesondere die Artikel 1 - 20 des Grundgestzes.
Ich habe das System der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfunden.
Insbesondere das neu eingeführte GKV-WSG (Stärkung des Wettbewerbs der gesetzlichen Krankenversicherung) führt in der Praxis häufig dazu, dass hier Mitgliedschaften völlig rechtswidrig und ignorant abgelehnt werden.
Gerade auf diese Abwehrhaltung hat sich der rossi mittlerweile spezialisiert.
Genau jenes, was Du hier postest, ist das Alltagsbeschäft. Ignorante und rechtswidrige Ablehnung geprägt durch Wunschvorstellugen, die den Hintergrund aus dem GKV-WSG haben. Leider fehlt hierfür ein rechtliches Fundament.
Nehme mir es bitte nicht übel, aber mit solchen Kassenmitarbeitern - wie Du - kämpfe ich jeden Tag.
Jetzt darfst Du mal raten, wer hier meistens gewinnt?
Ich bin definitiv nicht allwissend, aber lesen kann ich und ein wenig verstehe ich unsere Rechtsnorm auch.
Auszug aus meiner einstweiligen Anordnung vor 3 Wochen:
Im Rahmen des GKV-WSG hat der Gesetzgeber Deutschland zum 01.04.2007 zu einem modernen Sozialstaat umfunktioniert. Es wurde nämlich das Ziel verfolgt, dass in einem modernen Sozialstaat kein Bürger leben soll, der nicht im Krankheitsfall abgesichert ist. Vorausgegangen waren die Feststellungen des Gesetzgebers, dass in Deutschland mehr als 250.000 Bürger/innen leben, die nicht im Krankheitsfall abgesichert sind.
Eine sog. Bürgerversicherung, so wie sie in anderen Sozialstaaten bereits üblich ist, fand keine politische Mehrheit und wurde im Rahmen des GKV-WSG ausgiebig beraten und erörtert. Der Gesetzgeber hat aber keine Bürgerversicherung sondern ein multifunktiona-les Absicherungssystem geschaffen. Das Absicherungssystem funktioniert überwiegend durch eine pluralistische Gliederung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen und pri-vaten Krankenversicherung. Damit ist keinesfalls eine Versicherungspflicht aller in Deutschland lebenden Personen eingeführt worden, sondern lediglich ein Absicherungs-system im Krankheitsfall. An diesem Absicherungssystem nimmt der Sozialhilfeträger auch teil, allerdings nur in sehr eingeschränkten Konstellationen und genau diese berücksichtigen Sie im Ansatz nicht.
Der Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen (Kostenmanagement), der ebenfalls mit dem GKV-WSG eingeführt wurde, führt in der Praxis leider sehr oft dazu, dass die gesetz-lichen Krankenkassen durch Wunschvorstellungen versuchen, Mitgliedschaften abzulehnen bzw. vereiteln um die Kostenlast auf einen anderen Träger in diesem multifunktionalen Absicherungssystem zu verlagern. Es wird hier vielfach versucht den Sozialhilfeträger rechtswidrig als Ausfallbürgern zu benutzen. Die Unwissenheit bei den Sozialhilfeträgern über die gesetzliche Normenkette hat in der Praxis sehr oft Erfolg. Die Möglichkeiten einer völlig legalen Mitgliedschaft wird hier rechtswidrig verschoben und der Sozialhilfeträger fungiert als Ausfallbürge.
Und so einen Einzelfall (Sozialhilfeträger rechtswidrig aus Ausfallbürge zu nutzen) haben wir hier in diesem Einzelfall, um offensichtlich Ihre Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.
Meiner Kanzlei ist natürlich völlig klar und einleuchtend, dass gerade die SGB XII-Empfänger keine Kunden sind, die offensichtlich von den gesetzlichen Krankenkassen intensiv umworben werden. Denn bei den Empfängern von SGB XII-Leistungen handelt es sich seit dem 01.01.2005 nur noch um alte und kranke Leistungsempfänger, die sowohl bei den Sozialhilfeträgern, als auch bei den gesetzlichen Krankenkassen in der Regel sehr hohe Krankheitskosten verursachen.
Es gibt jedoch wesentliche Unterschiede zwischen der Absicherung im Rahmen von § 264 Abs. 2 SGB V durch den Sozialhilfeträger und einer originären Mitgliedschaft in der ge-setzlichen Krankenversicherung. Die Absicherung durch den Sozialhilfeträger erfolgt streng nach Bedürftigkeitsprinzipien; es ist das Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen. Aufgrund des Nachrangigkeitsprinzips in der Sozialhilfe wird ein Rückgriff auf un-terhaltsverpflichte Kinder oder Eltern genommen. Bei der originären Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gelten diese Grundsätze hingegen nicht, ferner zieht die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung spätestens nach 2 Jahren eine allumfassende Absicherung im Falle der Pflegebedürftigkeit mit.
Genau hieran hat mein Mandant ein vordringliches Interesse.
Jetzt darfst Du wieder einmal raten - lieber vergil - wie lange es gedauert hat, bis die Kasse den Schwanz eingezogen hat.
Die hier eingestellte Begründung war natürlich nur die Präambel des Schriftsatzes, die anderen 9 Seiten möchte ich mir hier ersparen.
Ich hänge nur mal den Schlussteil an:
Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, dass mein Mandant bei Ihnen am xxxxxx versicherungspflichtiges Mitglied gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V geworden ist. Aus-schlusstatbestände liegen im Ansatz nicht vor und stellen einfach nur Wunschvorstellungen von Ihnen dar.
Ich beantrage daher:
die Mitgliedschaft meines Mandanten ab dem xxxxxx einzutragen
unverzüglich die Versichertenkarte zu übersenden
dem Widerspruch abzuhelfen
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes festzustellen
meine notwendigen Kosten und Auslagen zu übernehmen
Angesichts Ihrer völlig ignoranten Abwehrhaltung und der mehr als dürftigen Begründung zur Ablehnung der Versicherungspflicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V habe ich mir für Ihre Entscheidung eine Frist von 14 Tagen notiert. Wie bereits oben erwähnt, berücksichtigen Sie nicht im Ansatz die Normenkette; die höchstrichterliche Rechtspre-chung des Bundessozialgerichtes scheint Sie nicht zu interessieren bzw. ist diese von Ihnen nicht ausgewertet worden bzw. erkannt worden; Besprechungsergebnisse des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, die für Sie einen Weisungscharakter haben, scheinen ebenfalls nicht zu interessieren.
Sollte ich von Ihnen innerhalb der gesetzten Frist keine Rückmeldung - zumindest fern-mündlich - haben, werde ich das zuständige Sozialgericht im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gem. § 86b SGG um Hilfe bitten.
Den glaubhaften Anordnungsanspruch im Rahmen einer einstweiligen Anordnung sehe ich hier - aufgrund Ihrer bisherigen völligen ignoranten Abwehrhaltung und der mehr als dürf-tig vorgetragenen Gründe- als völlig gegeben an.
Ich vermute - vergil - Du bleibst immer noch ganz ruhig und gelassen.
Auf der anderen Seite muss ich mich irgendwie für diese Abwehrhaltungen bei Dir auch bedanken. Verbreite diese Wunschvorstellungen einfach weiter in dem Kollegenkreis.
Von daher herzlichen Dank für Deine Einstellung!