Nachforderung für Kind nach Heirat

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

Moderatoren: Rossi, Czauderna, Frank

Minimaxx
Postrank3
Postrank3
Beiträge: 21
Registriert: 30.03.2009, 11:14
Wohnort: Hamburg

Nachforderung für Kind nach Heirat

Beitragvon Minimaxx » 30.03.2009, 11:27

Hallo zusammen,

ich lese hier schon eine Weile mit und will jetzt mal meine Fall schildern:

Ich habe Ende 2006 mit meiner Freundin einen Sohn bekommen, zu dieser Zeit war sie leider arbeitslos (Zeitvertrag ausgelaufen), und zum Ende des Muterschutzes musste ich sie, zusammen mit unserem Sohn, freiwillig weiter versichern. Freiwillig, da ich PKV versichert bin. Soweit kein Problem.

Im Mai 2007 haben wir geheiratet. Die Kenner wissen, es ändert sich etwas. Im November 2007 kam die übliche Anfrage der GKV über die Lebensumstände etc. Wir haben dann die Heiratsurkunde und Verdienstnachweis geschickt und uns wurde mitgeteilt das seit der Hochzeit der GKV Beitrag meiner Frau von meinem Gehalt bemessen wird. Soweit auch kein Problem, wenn auch plötzlich recht teuer, dafür bekomme ich aber etwas mehr Zuschuss vom Arbeitgeber.

Nach der neuen Änderungsumfrage der GKV, die dieses Jahr bei uns reinflatterte und wir brav beantworteten, bekamen wir einen Anruf, das seit Mai 2007 die Familienversicherung für meinen Sohn ungültig ist und ich ihn freiwillig versichern muss!!! Inklusive Nachzahlung!!!
Ja, moment mal, wieso wissen die das erst jetzt??

Frage: Ich weiß, man soll von nichts ausgehen so lange man die Gesetzestexte nicht gelesen hat, und ja, inzwischen weiß ich das die GKV Recht hat, ABER, dürfen sie jetzt noch komplett die fast 2 Jahre nachfordern obwohl sie diesen Sachverhalt schon 2007 hätte feststellen müssen?
Kann ich mich wehren?


Danke schon mal für Erläuterungen/Antworten

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 30.03.2009, 18:05

upsela, hatten wir doch schon einige male hier.

Also, aufgrund einer fermündlichen Mitteilung erst einmal gar nichts machen!

Bitte auf einen schriflichen Bescheid unter Beachtung der Verfahrensvorschriften bestehen.

Guckst Du hier, dort haben wir es auch schon durchgekaut.

http://vs-24.com/forum/viewtopic.php?t=1720

Ich kann Dir jetzt schon sagen, die meisten Kvén haben es nicht so mit den Verfahrensvorschriften.

Minimaxx
Postrank3
Postrank3
Beiträge: 21
Registriert: 30.03.2009, 11:14
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Minimaxx » 30.03.2009, 20:25

Hallo Rossi,

danke für die Links.

Ich habe leider keinen Bescheid über eine Familienversicherung gefunden, kann aber auch an unserer Schlampigkeit liegen, muss wohl mal in ein paar Papierstapeln wühlen.

Allerdings haben wir auch noch kein offizielles Schreiben über das Ende der Familienversicherung, wird wohl diese Woche kommen. Ich habe verstanden das ich dann erst mal Einspruch einlegen muss, mit dem Hinweis auf die Mitteilung der Heirat unsererseits Ende 2007 und den weiteren Hinweis das die Familienversicherung erst endet wenn man mir das schriftlich mitgeteilt hat, und nicht einfach so Rückwirkend.

Richtig soweit?
Das mit der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand habe ich allerdings noch nicht ganz begriffen....

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 30.03.2009, 22:59

Die Widereinsetzung brauchst Du in diesem Fall nicht, sie wäre wichtig gewesen, wenn ihr schon vor dem 01.04.2007 geheiratet hättet!

Dieser Bescheid über das Bestehen der Familienversicherung ist das Wichtigste überhaupt. Oder irgendwann mal ne Bescheinigung!

Minimaxx
Postrank3
Postrank3
Beiträge: 21
Registriert: 30.03.2009, 11:14
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Minimaxx » 07.04.2009, 09:32

Zum Widerspruch: da ich kein Schreiben finden kann in dem das Wort Familienversicherung vorkommt ( außer das Willkommensschreiben mit der Versichertenkarte, diese hat den Versichertenstatus = 3, was laut Technischer Spezifikation der Karte "Familienversichert" bedeutend )
Werde ich mich daran aufhängen das die Änderung schon hätte Ende 2007, bei unserer letzten Meldung der GKV gegenüber, festgestellt werden müssen und mein Widerspruch dementsprechend der Rückforderung gilt.

Sonstige Ideen?

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 07.04.2009, 12:50

Jooh, hätte definitiv ne andere Idee.

Akteneinsicht bei der Krankenkasse verlangen. Vielleicht ist dort eine Durchschrift eines evtl. Bescheides.

Ferner - was sehr wichtig ist - Du hast doch damals alle Angaben angezeigt. Dazu muß es eine Verfügung geben, dass die Voraussetzungen für die Familienversicherung (Prüfungsergebnis) vorliegen.

Minimaxx
Postrank3
Postrank3
Beiträge: 21
Registriert: 30.03.2009, 11:14
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Minimaxx » 07.04.2009, 13:18

Rossi hat geschrieben:Ferner - was sehr wichtig ist - Du hast doch damals alle Angaben angezeigt. Dazu muß es eine Verfügung geben, dass die Voraussetzungen für die Familienversicherung (Prüfungsergebnis) vorliegen.


Und diese Verfügung soll ich mir mittels Akteneinsicht besorgen?
Und wenn die GKV intern einfach nur geschlampt hat und die Informationen nicht weiter gegeben hat? Dann gibt es ja auch keine Prüfungsergebnis zur FV.

Immerhin habe ich den Brief, der als Beitragsbescheid betitelt ist, in dem steht "Danke für die Zusendung des Einkommensnachweis und der Heiratsurkunde". Ein Beweis das die GKV alle notwendigen Informationen hatte.
Das werde ich dem Widerspruch hinzufügen, bzw darauf basiert dieser ja. Davon ausgehend Verweise ich dann auf §48 SGB X mit dem Hinweis das die Änderung der FV erst jetzt festgestellt wurde und somit nicht rückwirkend nachgefordert werden kann.

Richtig?

Danke Rossi für Deine Hinweise soweit!

Minimaxx

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 07.04.2009, 20:19

der als Beitragsbescheid betitelt ist, in dem steht "Danke für die Zusendung des Einkommensnachweis und der Heiratsurkunde


Öhm, einen Beitragsbescheid für die Familienversicherung habe ich noch nie gesehen. Geht auch nicht, da die Familienversicherung kostenlos ist.

Aber ich würde natürlich versuchen diesen Brief als Verwaltungsakt zu deklarieren. Denn schliesslich hat meine eine Entscheidung aufgrund von eingereichten Unterlagen getroffen.

Aber nicht destso trotz würde ich zuvor Akteneinsicht verlangen.

Wenn ich eine Schlacht schlage, ist es immer wichtig die Taktik oder die möglichen Argumente des Gegners zu kennen. Und diese findest Du in dem Aktenvorgang. Macht jeder Anwalt! Du hast dann nämlich den Vorteil, dass Du hinter den Karten des Gegners sehen kannst. Umgekehrt Gott sei Dank nicht!!

Und gehe mal davon aus, dass Du in den nächsten Tagen einen weiteren Bescheid über die Pflichtversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bekommst. Dagegen sollte man natürlich auch Widerspruch erheben. Problem ist nur, dass der Widerspruch dann keine aufschiebende Wirkung hat. D.h., auch im Falle des Widerspruches sind die Beiträge leider fällig. Hier kannst du allerdings die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Entweder bei der Kv, oder direkt beim zuständigen Sozialgericht!

Na, dann warten wir mal ab, wohin die Reise geht!!!

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 07.04.2009, 23:58

Also Minimaxx, ziehe Dir das nachfolgende Urteil noch einmal richtig und intensiv rein.

Die Krankenkasse ist mir ihrer Ansicht über die Verfahrensvorschriften völlig den Bach hinunter gegangen. Die Richter waren offensichtlich völlig stinkig. Dieses ist leider alltäglich; die Verfahrensvorschriften sind bei den Kvén noch nicht so richtig angekommen. Man kann ja alles mit einem Mitglied der Solidargemeinschaft machen.

Guckst Du hier:

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=75124&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive

Ansonsten besorge Dir einen Fachanwalt für Sozialrecht, der wie ein Terrier sich festbeisst. Ob sich das von den Gebühren lohnt, na ja!

Czauderna
Moderator
Moderator
Beiträge: 4627
Registriert: 04.12.2008, 22:54

Beitragvon Czauderna » 08.04.2009, 08:06

Rossi hat geschrieben:Also Minimaxx, ziehe Dir das nachfolgende Urteil noch einmal richtig und intensiv rein.

Die Krankenkasse ist mir ihrer Ansicht über die Verfahrensvorschriften völlig den Bach hinunter gegangen. Die Richter waren offensichtlich völlig stinkig. Dieses ist leider alltäglich; die Verfahrensvorschriften sind bei den Kvén noch nicht so richtig angekommen. Man kann ja alles mit einem Mitglied der Solidargemeinschaft machen.

Guckst Du hier:

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=75124&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive

Ansonsten besorge Dir einen Fachanwalt für Sozialrecht, der wie ein Terrier sich festbeisst. Ob sich das von den Gebühren lohnt, na ja!


Hallo Rossi,

ich kenne dieses Urteil (wie dur dir sicher denken kannst).

Ja, das war einwandfrei ein Fehler im Verwaltungsverfahrensablauf und ich denke auch letztendlich ein korrektes Urteil.

Grundsätzlich wollen wir Krankenkassen gegenüber unseren Kunden
nicht als "Behörde" oder "Amt" auftreten sondern als Dienstleister und da kann es dann zu solchen groben Fehlern im Ablauf kommen weil
es eben nicht passt schiriftliche Verwaltungsakte mit Sachverhalt, Entscheidung, Würdigung von Einwänden, Nennung von §§ und Rechtsbehelfsbelehrung bei belastenden Verwaltungsakten zu versenden.
Da wird das mündliche Verfahren gerne favorisiert.

Für einen "altgedienten" Sofa. nur sehr schwer nachvollziehbar.

Fazit - ja, dieses URteil könnte dem Fragesteller bei seinem Problem mit seiner Kasse helfen.
Gruß
Czauderna

Minimaxx
Postrank3
Postrank3
Beiträge: 21
Registriert: 30.03.2009, 11:14
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Minimaxx » 08.04.2009, 09:36

Rossi hat geschrieben:Öhm, einen Beitragsbescheid für die Familienversicherung habe ich noch nie gesehen. Geht auch nicht, da die Familienversicherung kostenlos ist.


Ich meinte damit den Beitragsbescheid den meine Frau bekommen hat nachdem wir die Heirat etc der GKV mitgeteilt haben. Da war nirgends, auch nicht telefonsich, ein Hinweis auf eine ungültigkeit der FV unseres Sohnes. Und die bestand nun ja mal seit der Geburt, da nicht verheiratet.


Ich kenne das genannte Urteil und habs schon gelesen (vom anderen Thread den Du vorher verlinkt hast). Allerdings hilft mir der Verweis darauf nur wenn bei der GKV intern tatsächlich ein Verwaltungsakt zur FV vorliegt und dieser nie, intern, geändert wurde. Deswegen die Akteneinsicht. Oder?

Also, ich will über Ostern den (ersten) Widerspruch halbwegs wasserfest aufsetzen, und fasse mal zusammen:

1. Absatz:
Widerspruch zur Rückwirkenden beendigung der FV auf Basis des §48 SGB X und Begründung durch den Beitragsbescheid in dem klipp und klar steht das wir schon 2007 alle nötigen Angaben gemacht haben.

2. Absatz:
Akteneinsicht verlangen um Beweise in der Hand zu haben das die GKV intern geschlampt hat.

3. Absatz:
Erklären das mein Sohn künftig privat versichert wird (eigentlich nicht nötig, übt aber vielleicht Druck aus?)

Später evt notwendiger 2. Schritt/Brief/Wiederspruch mit Verweis auf das Urteil L 11 KR 92/06 des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (wie praktisch das unsere GKV auch in NRW sitzt.)

OK soweit?

DKV-Service-Center
Postrank7
Postrank7
Beiträge: 2143
Registriert: 28.01.2007, 17:53
Wohnort: Torgau
Kontaktdaten:

Beitragvon DKV-Service-Center » 08.04.2009, 19:28

Hallo Zusammen,
jetzt mal böse zu Rossi guggt. :-)

Eine andere Lösung wäre, ab Entfall der Familienversicherung den Beitrag zu löhnen.
Ich glaube auch, dass dieses gerechtfertigt ist.
Eine Schuldfrage muss ich hier nicht klären, ob bezahlt werden muss oder nicht, durch Heirat ist die Familienversicherung des Kindes erloschen und ab diesen Tag hätte ein Beitrag fließen müssen so oder so.
Gruß
Ps. werft nicht so große Steine :-)

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 09.04.2009, 00:09

Ich glaube auch, dass dieses gerechtfertigt ist.
Eine Schuldfrage muss ich hier nicht klären, ob bezahlt werden muss oder nicht, durch Heirat ist die Familienversicherung des Kindes erloschen und ab diesen Tag hätte ein Beitrag fließen müssen so oder so.


Nee, Rüdiger, so etwas wiederläuft klipp und klar dem sozialstaatlichen Prinzipien.

Steht schon in § 1 des SGB I

(1) Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten

Das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit gilt für beide Seiten, nicht nur für die Behörden, sondern auch für den schutzbedürftigen Bürger.

@Minimaxx

Begründung durch den Beitragsbescheid in dem klipp und klar steht das wir schon 2007 alle nötigen Angaben gemacht haben.


Das wird leider nicht funtzen. Der Beitragsbescheid über die freiw. Krankenversicherung der Ehefrau sagt im Ansatz nicht´s über die Familienversicherten aus. Bei der Familienversicherung handelt es sich um ein sog. eigenständiges Recht.

Du brauchst defnitiv einen VA über die Feststellung der Familienversicherung bzw. eine Aktenverfügung hierüber; sonst wird es nicht funtzen. Ist zumindest meine bescheidene Auffassung!

Minimaxx
Postrank3
Postrank3
Beiträge: 21
Registriert: 30.03.2009, 11:14
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Minimaxx » 09.04.2009, 13:24

Hallo Rossi,

OK, dann wird das erste Schreiben ein genereller Widerspruch sein in dem auch gleichzeitig steht das ich Akteneinsicht verlange.
Kannst Du mir den Paragrafen nennen der mich zur Akteneinsicht berechtigt?

Danke!

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 09.04.2009, 23:57

oh, ich merke, Du schlägst jetzt auch eine Schlacht und hast eine Taktik!

§ 25 X Akteneinsicht durch Beteiligte



(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Satz 1 gilt bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung.


Dann man los.

Aber ein Fachanwalt für Sozialrecht wäre auch nicht schlecht. Meistens schinden sie Eindruck; ist zumindest meine Erfahrung!!


Zurück zu „Allgemeines GKV“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste