rückwirkende Versicherungspflicht trotz PKV im Ausland?

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tintin
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rückwirkende Versicherungspflicht trotz PKV im Ausland?

Beitragvon tintin » 10.03.2010, 16:07

Hallo, ich habe ein etwas kompliziertes Problem und hoffe, dass hier jemand helfen kann.

Folgende Situation:

Meine Ehefrau ist Polin. Sie hat in Italien studiert und im Oktober 2009 dort abgeschlossen. Sie war bis Februar 2010 über eine niederländische private KV versichert, die Standardversicherung für Angehörige ihrer Universität dort.

Einwohneramtlich gemeldet ist sie seit 1.1.2009 bei mir in Deutschland, (die letzten Monate ist sie gependelt).

Im Moment sucht sie Arbeit, ist aber nur als arbeitsuchend gemeldet (bisher kein ALGII-Antrag). Nun möchste sie sich in Deutschland krankenversichern. Ich kann sie leider nicht mitversichern, da ich noch bis Ende des Jahres studiere. In die GKV kommt sie nicht, es sei denn sie beantragt ALGII.

Sie könnte allerdings in die PKV als dritte Person neben meiner Mutter und mir. Allerdings sagt nun die PKV, dass sie Beiträge ab 1.1.2009 nachzahlen müsse, da ab da Versicherungspflicht bestanden habe. Sie war aber doch bis Februar über ihre Uni versichert!

Die Frage ist also, ob diese Ansicht korrekt ist, dass für sie die Versicherungspflicht bereits mit der Anmeldung in Deutschland besteht, obwohl sie noch in Italien studiert hat und auch privat krankenversichert war.

Zweite Frage, falls sie doch ALGII beantragt, um in die GKV zu kommen, gilt dann die selbe Berechnung der versicherungspflichtigen Zeit? Müsste sie also, wenn die gegebene Auskunft stimmt, in jedem Fall mit einer hohen Nachzahlung rechnen, wenn sie sich in Deutschland versichern lassen will?

Der Sachbearbeiter der PKV hat vorgeschlagen, sie solle sich abmelden, am Wohnsitz meiner Mutter anmelden und angeben, sie komme direkt aus Italien. Das halte ich aber für keine gute Idee. Abgesehen davon war sie nie in Italien angemeldet und es könnte schon dadurch schiwerig werden.


Für jegliche Hilfe bin ich dankbar, auch für Argumente, die ich dem Sachbearbeiter darlegen kann, der eigentlich hilfreich sein möchte, aber anscheinend intern diese Auskunft bekommen hat.

heinrich
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Beitragvon heinrich » 10.03.2010, 21:04

was bedeutet denn die Aussage,

dass Du sie nicht mitversichern kannst.
"Weil noch bis Ende des Jahres Student"


wie bist Du denn versichert.

gesetzlich oder privat
wenn gesetzlich.
familienversichert oder pflichtversichert oder freiwillige versichert.


wenn gesetzlich familienversichert, dann hab ich eine Antwort

tintin
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Beitragvon tintin » 10.03.2010, 21:33

ich bin privat über meine Mutter versichert, zum Studententarif. Daher kann sie nicht über mich familienversichert werden. Sie bekäme allerdings meinen Tarif, wenn sie auch mit da rein kommt.

Die wichtigste Frage für mich ist aber, ob es korrekt ist, als Basis für die Versicherungspflicht die Anmeldung in Deutschland zu nehmen und nicht das Ende ihrer privaten Studentenversicherung oder zumindest das Ende ihres Studiums in Italien.

Dipling
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Beitragvon Dipling » 11.03.2010, 07:48

Sofern die niederländische PKV in Deutschland nicht zum Geschäftsbetrieb zugelassen ist, hat der Sachbearbeiter nach den Buchstaben des Gesetztes in diesem Punkt recht.

http://www.gesetze-im-internet.de/vvg_2008/__193.html

Strafzuschläge: Dass Beiträge nachgezahlt werden müssen, stimmt jedoch nicht.
Es gibt in der PKV nur einen einmaligen Beitragszuschlag.

Für die Zeit von Februar 2009-Mai 2009 je einen Monatsbeitrag, für jeden weiteren Monat nur 1/6 eines Monatsbeitrages. Derzeit wären bei Versicheungsbeginn also einmalig ca. 6 Monatsbeiträge Zuschlag zu zahlen.

Im Falle eines tatsächlichen ALG2-Bezugs (Antrag auf ALG2 allein reicht nicht) entsteht grundsätzlich Versicherungspflicht in der GKV. In diesem Fall gibt es keine Sanktionen - jedenfalls sofern die niederländische PKV als private Vorversicherung anerkannt wird und der Status also "zuletzt privat versichert" lautet - was auf Grund der Gebietsgleichstellung Inland/EU-Ausland der Fall sein sollte.

elliptic
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Re: rückwirkende Versicherungspflicht trotz PKV im Ausland?

Beitragvon elliptic » 14.03.2010, 05:37

tintin hat geschrieben:Die Frage ist also, ob diese Ansicht korrekt ist, dass für sie die Versicherungspflicht bereits mit der Anmeldung in Deutschland besteht, obwohl sie noch in Italien studiert hat und auch privat krankenversichert war.

Für jegliche Hilfe bin ich dankbar, auch für Argumente, die ich dem Sachbearbeiter darlegen kann, der eigentlich hilfreich sein möchte, aber anscheinend intern diese Auskunft bekommen hat.


Die Anmeldung oder Nichtanmeldung alleine ist natürlich nur ein Indiz für
das Bestehen eines Wohnsitzes in Deutschland. Es kommt auf die
tatsächlichen Verhältnisse an. Manchmal stimmt der melderechtliche
(Erst)wohnsitz bei Eheleuten nicht mit dem tatsächlichen Wohnsitz
eines Ehegatten überein, da der Erstwohnsitz immer dort ist wo die
Familie lebt.

Was ein Wohnsitz im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes ist
kann ich nur raten. Vermutlich etwas ähnliches wie im BGB oder in der Abgabenordnung:

"Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Orte seinen Wohnsitz."

oder

"Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen
innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und
benutzen wird."

Für die Zeit des Studiums in Italien würde ich argumentieren, dass
der Wohnsitz in Italien war. Für die Zeit danach kann man aber von
einem einzigen Wohnsitz in Deutschland ausgehen.

Vielleicht gibt es aber im Pass Einträge die auf einen anderen Wohnsitz
als in Deutschland hinweisen?

Ansonsten würde ich dem Vorschlag folgen den Wohnsitz neu anzumelden
und zu behaupten frisch aus dem Ausland zu kommen, falls sich
eine private Versicherung nicht umgehen lässt. Das Gesetz ist leider
eindeutig und auf die Hoffnung, dass der Europäische Gerichtshof
oder das Bundesverfassungsgericht irgendwann als so unfair bemängelt,
dass es nicht zur Anwendung kommt würde ich mich nicht verlassen.

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Beitragvon Rossi » 14.03.2010, 11:13

Ich würde bezüglich des Strafzuschlags ein wenig anders disktutieren.

Grundsätzlich muß gem. § 193 Abs. 3 VVG ja jede Person mit Wohnsitz in Deutschland eine priv. Kv. abschliessen und unterhalten.


Jenes würde ja bedeuten, dass alle Personen in Deutschland jetzt auf einmal ne priv. Kv. abschließen müssen. Jenes kann ja auch nicht sein. Also hat sich der Gesetzgeber hierzu natürlich Gedanken gemacht und bestimmte Personengruppe von dieser Pflicht natürlich ausgeschlossen. Diese ausgeschlossenen Personengruppen finden wir in § 193 Abs. 3 Satz 2 in den Nummern 1 - 4 VVG.

Ich würde auf die Nr. 2 herumreiten:

Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die

....

2. Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder


Wenn die niederländische priv. Kv. auch Kosten für zeitweilige Aufenthalte in Deutschland übernommen hat, dann würde ich diese als einen vergleichbaren Anspruch zur Absicherung im Krankheitsfall sehen. In dieser Konstellation bist Du bis 28.02.2010 nicht verpflichtet eine priv. Kv. in Deutschland abzuschließen.

Versuch macht klug!

elliptic
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Beitragvon elliptic » 14.03.2010, 23:19

Rossi hat geschrieben:Ich würde bezüglich des Strafzuschlags ein wenig anders disktutieren.

Grundsätzlich muß gem. § 193 Abs. 3 VVG ja jede Person mit Wohnsitz in Deutschland eine priv. Kv. abschliessen und unterhalten.

Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die

....

2. Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder




Ich denke eher, dass "vergleichbar" zielt auf beihilfeähnliche Verhältnisse ab.

Man will ja bewusst auslaendische Versicherungen ausschliessen. Vermutlich sind auch die Leistungen der niederländischen Versicherung nicht völlig identisch mit den Leistungen der Beihilfe.

Aber was anderes: Mir wurde hier ja schon im Forum unterstellt ich wuerde zu kriminellen Handeln aufrufen, wenn ich schrieb dass fuer der privaten Versicherung zuzurechnende Personen in Deutschland tatsächlich keine Versicherungspflicht besteht und es in etlichen Situationen besser ist keine Versicherung abzuschliessen. Im Notfall hat man ja spaeter immer noch ein Anrecht auf Vertragsabschluss und muss nur einen einmaligen Praemienzuschlag zahlen. Dieser Logik konnte sich zumindest das Verwaltungsgericht Stuttgart nicht entziehen:

http://www.rechtslupe.de/verwaltungsrecht/beamtenrecht/kein-zwang-zur-privaten-krankenversicherung-fuer-beamte-315247

In der angegebenen Situation und vielen anderen, die hier im Forum vorkamen, ist es einfach besser erst mal keine private Krankenversicherung abzuschliessen oder zumindest dies als eine mögliche Option anzusehen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist nur der Bundesgesetzgeber berechtigt mögliche weitere Sanktionen wegen Nichtbeachtung der "Versicherungspflicht" sich auszudenken.

Zum Urteil:

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=VG+Stuttgart&Art=en&sid=95a48251ee3576162ad1ce3bac75ddcb&nr=12335&pos=0&anz=1
Zuletzt geändert von elliptic am 15.03.2010, 00:05, insgesamt 1-mal geändert.

Rossi
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Beitragvon Rossi » 14.03.2010, 23:29

Öhm,

2. Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder



Im Bereich von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V verwendet unser lieber Gesetzgeber eine andere Formulierung, die leider in § 193 Abs. 3 VVG im Ansatz nicht zu finden ist.

Ich muss nur dann jemand versicherungspflichtig machen, wenn er keinen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall hat.

Jenes war auch das Ziel des GKV-WSG; Deutschland ist ein moderner Sozialstaat, jeder soll abgesichert sein. Definitiv nicht mit dem Begriff versichert sein zu verwechseln.

Was ist dann mit jemanden der infhaftiert ist. Er hat doch auch eine Absicherung im Krankheitsfall. Soll er während der Infhaftierung etwa die priv. Kv. aufrechterhalten, obwohl die Gesundeitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz zum tragen kommt?

Soll jemand eine Verpflichtung haben, wenn überhaupt ein anderer zahlt? Doppelt gemoppelt hält natürlich immer besser!?!


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