Familienversicherung ohne Altersgrenze

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Familienversicherung ohne Altersgrenze

Beitragvon Rossi » 03.08.2011, 19:31

Die Frage geht an die Sofa´s!

Es ist ja möglich, dass Kinder ohne Altersgrenze familienversichert werden können.

Auszug:

4. ohne Altersgrenze, wenn sie als behinderte Menschen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind nach Nummer 1, 2 oder 3 versichert war.

Dafür müssen dann insgesamt 3 Hürden überwunden werden:

1. Hürde
Das Kind muss behindert im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX sein

2. Hürde
Das Kind muss außerstande sein, sich selbst zu unterhalten

3. Hürde
Die Behinderung muss zu einem Zeitpunkt vorgelegen haben, in dem das Kind noch familienversichert war.

Und nu geht es los:

- Behindertenausweis 50 % im Alter von 18 Jahren
- zum Zeitpunkt der Feststellung 50 % und familienversichert
- Aufnahme einer Ausbildung mit 22 Jahren / Ausscheiden aus der Familienversicherung
- Ausbildungsabruch mit 24 Jahren / vorher Krankengeldbezug
- Feststellung mit 24 Jahren, dass Kind außerstande ist sich selber zu unterhalten

Die Behinderung (50 %) lag unweigerlich mit dem 18. Lebensjahr vor. Dort wurde aber noch nicht festgestellt, dass das Kind auch gleichzeitig außerstande war sich selber zu unterhalten.

Diese Feststellung wurde erst mit dem 24. Lebensjahr getroffen.

Kommt das Kind noch in die Familienversicherung ohne Altersgrenze?

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Beitragvon Czauderna » 03.08.2011, 20:38

Hallo Rossi,
nein, kommt er nicht, es sei denn, man könnte
heute noch beweisen, dass bereits damals die Voraussetzungen erfüllt hatte, aber bei "nur" 50%
dürfte das so gut wie unmöglich sein.
Gruss
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 03.08.2011, 22:32

Hm, Günter, nun bringst Du mich ein wenig durcheinander!

Es gbit zwei Begriffe im SGB IX

- Behinderung
- Schwerbehinderung


Eine Schwerbehinderung liegt ab 50 % vor, unterhalb von 50 % ist man behindert.

Die Familienversicherung setzt nur eine Behinderung voraus, das Kind ist hier sogar schwerbehindert.

Und genau diese Schwerbehinderung (festgestellt mit dem 18. Lebensjahr) führt mit dem 24. Lebensjahr dazu, dass das Kind nicht mehr arbeiten kann. Es haben zahlreiche Versuche stattgefunden, keiner der Versuche hat gefruchtet.

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Beitragvon Vergil09owl » 04.08.2011, 19:16

Was heißt das auch nicht mehr in einer Werkstatt für Behinderte. Kennzeichen der Schwerbehinderung, Idiotie festgestellt ?

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Beitragvon Czauderna » 05.08.2011, 12:37

Hallo Rossi,
50% besagen grundsätzlich nicht, dass der Betreffende außerstande ist für seinen Unterhalt zu sorgen bis sich selbst zu versorgen.
Ich habe schon hunderte von Schwerbeschädigten-Ausweise mit 50%
gesehen, deren Inhaber Menschen wie du und ich waren.
Die reine %-Zahl besagt also grundsätzlich hinsichtlich der Familienversicherung aus Dauer nichts aus. Würde da z.B. 100% stehen, könnte die Sache, was die "Beweisführung" angeht schon anders aussehen.
Gruss
Czauderna

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Beitragvon Vergil09owl » 05.08.2011, 16:15

Hast du zufällig das SGB LR zu Hand, da steht explezit erklärt ab wann denn eine familienversicherung unbeschränkt möglich ist, nämlich bei völliger Abhängikeit und Hilfe von den Eltern, das heißt zum Beispiel bei einer amorautischen Idiotie, Lähmung ab dem HWS Zervikal usw usw, alleine 50 % GdB reichen da nicht aus.

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Beitragvon Rossi » 05.08.2011, 17:27

Nun denn, es gibt auch Fälle, die noch nicht einmal 50 % haben.

Ich pflücke dann mal zur Verdeutlichung die Vorschrift auseinander:

ohne Altersgrenze, wenn sie als behinderte Menschen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten;

Okay, wir haben hier Jemanden in 2011, der nur behindert ist (bspw. 30 %). Er hat vegative Nervenstörungen und ist antriebsarm. Er findet einfach morgens nicht den Dreh aufzustehen und pennt bis in Puppen. Deswegen ist er antriebsarm. Diese Armut ist auf seine vegetativen Nervernstörungen zurückzuführen und genau deshalb ist er auch nicht in der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Arbeit aufzunehmen. Damit sind diese Hürden für mich schon mal überwunden.

Dann geht es weiter:

Voraussetzung ist, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind nach Nummer 1, 2 oder 3 versichert war.

Die weitere Voraussetzung setzt aber nur voraus, dass die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorgelegen hat, wo er noch familienvesichert war.

Die 30 % hat er schon vor Jahren bescheinigt bekommen, aber damals war noch nicht nachgewiesen, dass er gleichzeitig außerstande war zu arbeiten. Dies wird erst heute nachgewisen und heute ist er über 23 Jahre.

Genau dieser Kausalzusammenhang (Behinderung und Außerstande sein) wird in dem 2. Halbsatz gerade nicht gefordert.

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Beitragvon Czauderna » 05.08.2011, 18:24

Rossi hat geschrieben:Nun denn, es gibt auch Fälle, die noch nicht einmal 50 % haben.

Ich pflücke dann mal zur Verdeutlichung die Vorschrift auseinander:

ohne Altersgrenze, wenn sie als behinderte Menschen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten;

Okay, wir haben hier Jemanden in 2011, der nur behindert ist (bspw. 30 %). Er hat vegative Nervenstörungen und ist antriebsarm. Er findet einfach morgens nicht den Dreh aufzustehen und pennt bis in Puppen. Deswegen ist er antriebsarm. Diese Armut ist auf seine vegetativen Nervernstörungen zurückzuführen und genau deshalb ist er auch nicht in der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Arbeit aufzunehmen. Damit sind diese Hürden für mich schon mal überwunden.

Aber auch nur für dich, so wie du das hier schilderst, könnte ich aus dem Stand gleich mehreren Versicherten von uns Familienhilfe bis zum Lebensende zugestehen - das ist dann doch etwas zu einfach gestrickt.

Dann geht es weiter:

Voraussetzung ist, daß die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind nach Nummer 1, 2 oder 3 versichert war.

Die weitere Voraussetzung setzt aber nur voraus, dass die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorgelegen hat, wo er noch familienvesichert war.

Die 30 % hat er schon vor Jahren bescheinigt bekommen, aber damals war noch nicht nachgewiesen, dass er gleichzeitig außerstande war zu arbeiten. Dies wird erst heute nachgewisen und heute ist er über 23 Jahre.

Genau dieser Kausalzusammenhang (Behinderung und Außerstande sein) wird in dem 2. Halbsatz gerade nicht gefordert.

ja, und was sagt uns das ?? - wenn es nicht gefordert wird, dann spielt der Grad der Behinderung auch keine Rolle, also sind die 50% auf dem Ausweis nichts wert - bleibt für die Beweisführung die nur die medizinische Variante
übrig, also Gutachten - womit wir wieder bei der Frage wären, kann das nach
so langer Zeit schlüssig begutachtet werden ??


Ich hatte schon Fälle, da waren die Versicherten selbst versichert, also aus der Familienversicherung ausgeschieden, weil sie in einer Behinderten-Werkstatt gearbeitet haben. Die fuhren wie jeder andere Arbeitnehmer jeden Tag zig KM. mit öffentlichem Verkehrsmittel zur Arbeit und wieder heim.
Als aber die Tätigkeit in der Werkstatt endete kamen die anstandslos wieder in die Fahi, weil eben der geforderte Sachverhalt nachweislich war.
Allerdings war da kein Fall dabei wie du ihn weiter oben geschildert hast.
Gruss
Guenter

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Beitragvon Rossi » 05.08.2011, 19:41

Jooh Günter,


Aber auch nur für dich, so wie du das hier schilderst, könnte ich aus dem Stand gleich mehreren Versicherten von uns Familienhilfe bis zum Lebensende zugestehen - das ist dann doch etwas zu einfach gestrickt.

Allerdings war da kein Fall dabei wie du ihn weiter oben geschildert hast.


Verlasse Dich darauf Günter, bei uns habe ich all diese Fälle schon längst drinne. Die ersten Versuche verliefen natürlich mit Widerstand, völlig klar. Ein paar Verfahren, wo die Kunden einen Rechtsanwalt aufgesucht haben, aber mittlerweile funkioniert es völlig problemlos. Ich brauche in der Regel nur ein kurzes Gutachten über die Erwerbsfähigkeit, dort steht alles drinne (welche Art der Einschränkung - gleichzeitig Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX vorliegt). Allerdings wurde hier der Kausalzusammenhang (Behinderung und Außerstande) zu einem Zeitpunkt nachgewiesen, wo er noch familienversichert war.

Jetzt grübele ich noch über den zitierten Halbsatz nach. Denn nach dem Wortlaut muss nur die Behinderung und nicht zeitgleich das Außerstande sein sich selbst zu unterhalten während der Famizeit vorgelegen haben.

Wobei ich von der Intention (was wollte der lieber Gesetzgeber) schon eher dazu tendiere, dass beides zusammen während der Famizeit vorgelegen haben muss. Aber der Wortlaut fordert es explizit nicht.


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