Erbe und dann: Brief von der Krankenkasse

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Rossi
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Beitragvon Rossi » 15.10.2011, 10:34

Tja, das Dumme an der Geschichte ist jedoch, dass keine Rechtschutzversicherung im sog. Vorverfahren (Widerspruch) die Kosten übernimmt.

Gewinnt der Rechtsanwalt allerdings und die Kasse muss klein beigeben, dann muss die Kasse die Rechtsanwaltskosten zahlen.

Ich würde zunächst ein Gespräch mit der zuständigen Kasse führen und gucken, ob man vielleicht etwas falsch beurteilt hat (Versicherung ist nur eine Erbschaft).

Wenn dies nicht funtkioniert, würde ich allerdings einen Fachanwalt für Sozialrecht einschalten.

Im Klageverfahren werden die Kosten ja übernommen.

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Beitragvon sascha10028 » 17.10.2011, 11:57

Hallo,

er würde nun folgendes an die Krankenkasse schicken wollen:

Gegen Ihren Bescheid vom 14.09.2011 lege ich hiermit Einspruch ein.

Ich habe die Leistung aus der Lebensversicherung auf Grund des Todes meines Vaters geerbt, bin also Erbin. Auf Grund dessen muss ich meines Wissens keine KV-Beiträge dafür zahlen.

Falls ich falsch informiert sein sollte, bitte ich höflich um Mitteilung der gesetzlichen Grundlagen, warum ich für dieses Kapital Beiträge zur KV zahlen soll.

Ist das so okay!??

Gruss

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Beitragvon sascha10028 » 04.11.2011, 09:02

Hallo,

er ist nun eingeladen worden zu nem Klärungstermin bei der Krankenkasse.

Na das kann ja was werden wenn man sich mit der MAterie nicht auskennt. Die können einem doch erzählen was die wollen.

Wird sicher auf ZAHLUNG drauf hinaus laufen.

Gruss

Rossi
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Beitragvon Rossi » 04.11.2011, 11:35

Nun denn, eine offensichtlich ähnliche Klamotte liegt schon beim Bundessozialgericht.

Zitat:

B 12 KR 19/10 R

Vorinstanz: LSG Celle-Bremen, L 1 KR 330/08

Unterliegen Auszahlungen einer Kapitalleistung aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung an einen Hinterbliebenen, die zunächst Teil des Nachlasses wurden und somit Einnahmen aus geerbtem Vermögen darstellen, der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung?


Ich kann die Entscheidung der Vorinstanz nicht finden. Denn es wäre ja wohl sehr interessant, wie es das LSG gesehen hat.

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Beitragvon Czauderna » 04.11.2011, 12:18

Hallo,
aus der Praxis, auch ohne §§ oder Urteile - ich kenne keinen einzigen, solchen Fall, bei dem wir nach dem Tod des Versicherten noch weiter Beiträge von Erben erhalten und habe so etwas auch bisher noch nicht von anderen Kassen gehört.
Gruss
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 04.11.2011, 22:14

Nun denn Günter, der innovative und creative Gedankengang ist nicht schlecht.

Eins dürfte nämlich klar sein, wenn der Versicherte noch leben würde, dann hätte er selber aus dieser Lebensversicherung (gesponsert durch den Arbeitgeber) Beiträge zu KV/PV zahlen müssen.

Offensichtlich versucht die Kasse hier dies auf den Erben zu übertragen.

Der Hintergedanke liegt doch auf der Hand. Zu Lebzeiten bekam die Kasse durch diese Art der Lebensversicherung, die vom Arbeitgeber als Lohn umgewandelt wurde, kein Beiträge für die Solidargemeinschaft.

Nun will die Kasse die damals entgangenen Beiträge haben.

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Beitragvon sascha10028 » 05.11.2011, 08:31

Hallo,

super !! Danke für die Antworten. Also, was schlagt ihr vor wie er sich für das Gespräch mit der Krankenkasse aufstellen soll!??

Gruss

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Beitragvon heinrich » 05.11.2011, 11:07

das Urteil des LSG Celle Bremen (mit Begründung) selbst konnte ich auch nicht finden

Aber hier in diesem link wird es zitiert

http://www.lsi-anwalt.de/aktuelles.html?id=11

Auszug
Hierzu hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen durch Urteil vom 22.09.2010 (L 1 KR 330/08) festgestellt, dass Kapitalzahlungen aus einer als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung an einen Hinterbliebenen, die zunächst Teil des Nachlasses wurden und somit Einnahmen aus ererbten Vermögen darstellen, n i c h t unter die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung fallen.


Da der Fall beim BSG anhängig ist, sollte man das Verfahren RUHEND stellen und die Entscheidung beim BSG abwarten.

Mein Gefühl sagt: BSG wird sagen: "KEINE" Beitragspflicht

Aber bei Gericht und auf Hoher See: man weiß nie wie es ausgeht

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Beitragvon Rossi » 05.11.2011, 20:59

Na ja, ich denke mal, dass die Kasse hiermit den Bach hinunter geht und zwar mit Pauken und Trompeten.

Ein Erbe im Rahmen einer Bezugsberechtigung ist nämlich rechtlich etwas ganz anderes. Ferner erfüllt das Erbe noch nicht einmal die Funktion im Sinne von § 229 SGB V.

Zitat:


(1) Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden

Aha, bekommt Sascha - lt. Denkweise der Kasse - jetzt etwas weil er nicht mehr erwerbsfähig ist bzw. bekommt er einen Alters- bzw. Witwenrente?


Äpfel sind nicht gleich Birnen, oder wie war der Spruch.

Wenn dieser Direktvertrag im Falle des Ablebens allerdings auf einen anderen Mitarbeiter der Firma übergeht, dürfte dies etwas ganz anderes darstellen und er wird ja auch erst im Rentenalter gezahlt.

Aber bei sascha ist es ja ein reines Erbe.

@Sachsa, gehe mal davon, dass die Kasse Dir dazu rät den Widerspruch zurückzuziehen. Würde ich mir de facto nicht gefallen lassen.

Ich würde mir sogar überlegen hier einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Beitragsbescheides zu stellen.

Hier wird meiner Meinung nach, ganz kräftig etwas durcheinandergebracht.

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Beitragvon Rossi » 05.11.2011, 23:49

Nun denn, Ilona Lehnert (Bildungsreferentin der AOK Westfalen-Lippe) vertritt hierbei nachfolgende Auffassung:

Maßgebliche Kriterien zur Beurteilung der Beitragspflicht sind der Eintritt des Versicherungsfalls (Einschränkung der Erwerbsminderung bzw. Alters- oder Hinterbliebenenversorgung, "Einkommensersatzfunktion") und der Zusammenhang zu einer früheren Beschäftigungs- bzw. Erwerbstätigkeit.

Ist hier wohl der sog. Versicherungsfall eingetreten? Ein klares NEIN; es ist nur der Erbfall eingetreten.

Und dann sind wir wieder bei dem Spielchen mit den Äpfel und Birnen.

Kasse sagt: Erbfall = Versicherungsfall

Das LSG wohl nicht!

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Beitragvon sascha10028 » 11.12.2011, 18:05

Hallo,

so, es gibt Neuigkeiten. Ich schreibe nun mal das hier auf was die KK geantwortet hat auf den Widerspruch:

Ihren Widerspruch werden wir dem Widerspruchsausschuss der (Krankenkasse) zur weiteren Entscheidung vorlegen. Gerne legen wir Ihnen vorab die Rechtslage anhand der uns vorliegenden Unterlagen das.

Nach § 226 Sozialgesetzbuch V wird der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgebezüge) zu Grunde gelegt, sofern diese insgesamt 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch IV übersteigen. Im Jahr 2011 entspricht 1/20 der monatlichen Bezugsgröße einem Betrag in Höhe von 127,75 EUR.

Als der Rente vergleichbaren Einnahme gelten gemäß § 229 Abs. 1 Sätze 1 und 3 Sozialgesetzbuch V Renten der betrieblichen Altersvorsorge, soweit diese wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gezahlt werden.

Tritt ab die Stelle dieser Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, gilt 1/20 der LEistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch 120 Monate. Bei dem entstehen der Beitragspflicht kommt es lediglich darauf an, dass der Versorgungsbezug mit dem Berufsleben des Versicherten in Zusammenhang steht und der Arbeitgeber in irgendeiner Weise an der Versorgung beteiligt war. Auf die Beitragstragung kommt es hierbei nicht an, selbst dann nicht, wenn die Beiträge komplett von Ihnen selbst getragen wurden.

Nicht erforderlich ist, das die Einnahmequelle - insbesondere bei einer Hinterbliebenenversorgung - mit einem Arbeitsverhältnis des Beitragspflichtigen zusammenhängen. Bei einer Hinterbliebenenversorgung fallen per Definition Beitragszahler und der Bezieher auseinander. § 229 Sozialgesetzbuch V begründet nach seinem klaren Wortlaut eine Beitragspflicht für jeden Bezieher der Hinterbliebenenversorgung, soweit die übrigen Kriterien des §229 Sozialgesetzbuch V erfüllt sind.

Sie sind seit dem 1.1.2006 auf Grund Ihrer Beschäftigung versicherungspflichtiges Mitglied der (Krankenkasse).

Die ... Lebensversicherung informierte uns über die Auszahlung eines Versorgungsbezuges in Form einer Kapitalleistung in Höhe von XXX sowie XXX. Ein 1/120 dieser Leistung entsprechen 123,50 EUR bzw. 24,59 EUR.

Mit Bescheid vom 14.09.2011 wurde die grundsätzliche Beitragspflicht dieses Versorgungsbezuges festgestellt und Ihnen die monatlich zu errichtenden Beiträge ab dem 01.12.2010 (Monat nach Auszahlung der Kapitalleistung) mitgeteilt.

Sie begründen Ihren Widerspruch darin, dass Erbschaften nicht zur Beitragsberechnung herangezogen werden dürfen.

Gemäß unser oben gemachten Ausführungen können diese Argumente jedoch zu keiner abweichenden Beurteilung führen. An unserem Beitragsbescheid vom 14.09.2011 halten wir daher fest.

Aufgrund der oben genannten Regelungen werden wir dem Widerspruchsausschuss der (Krankenkasse) empfehlen, Ihren Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen.

Wir machen darauf aufmerksam., dass der eingelegte Widerspruch keine aufschiebende Wirkung bezüglicher der Beitragszahlungen hat.

Bitte teilen Sie uns bis zum 23.12.2011 schriftlich mit, ob Sie den Widerspruch weiter aufrecht erhalten wollen oder nicht.



So...puuhhh......alles abgetippt. WAS KANN er nun tun !?? Stimmt das so oder versucht hier die KK zu mogeln !?? Rechtsbeistand aufsuchen oder was meint IHR !??

Lieben Gruss

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Beitragvon Rossi » 11.12.2011, 21:55

Na wunderbar, die Kasse behauptet nachfolgendes:


Nicht erforderlich ist, das die Einnahmequelle - insbesondere bei einer Hinterbliebenenversorgung - mit einem Arbeitsverhältnis des Beitragspflichtigen zusammenhängen. Bei einer Hinterbliebenenversorgung fallen per Definition Beitragszahler und der Bezieher auseinander. § 229 Sozialgesetzbuch V begründet nach seinem klaren Wortlaut eine Beitragspflicht für jeden Bezieher der Hinterbliebenenversorgung, soweit die übrigen Kriterien des §229 Sozialgesetzbuch V erfüllt sind

Nun denn, der Rossi träumt nachts auch immer und zählt die Schäfchen, bevor er schläft.

Hat der innovative und kreative Widerspruchsausschuss denn für die Aussage eine entsprechende Grundlage, die durch die Rechtsprechung untermauert wird?

Mit anderen Worten, demnächst steht in der Begründung des Widerspuches:

Die Erde ist keine Kugel, sondern eine es Scheibe. Aus diesem Grund - die Erde ist keine Kugel sondern eine Scheiben - müssen Sie Beiträge bezahlen.


Gretchenfrage; würdest Du dieser Aussage der Kasse folgen?

Man kann demzufolge alles behaupten. Ob der Betroffene sich hiergegen dann wehrt, bleibt natürlich völlig offen.

Du hast keine Hinterbliebenenversorgung erhalten, sondern einfach nur eine Erbschaft.


Wenn man Äpfel und Birnen nicht auseinanderhalten kann, dann ist es immer Obst, völlig klar.

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Beitragvon Rossi » 11.12.2011, 22:00

Und die Krönung ist dann:

Bitte teilen Sie uns bis zum 23.12.2011 schriftlich mit, ob Sie den Widerspruch weiter aufrecht erhalten wollen oder nicht.

Dann würde ich mal der Kasse einen netten Zweizeiler schreiben.

Die Kasse möge über den vorliegenden Widerspruch entscheiden und keine Nötigung zur Rücknahme betreiben.

Ferner bittest Du um substantivierte Stellungnahme, wie hier die Äpfel und Birnen (Hinterbliebenversorgung = Erbschaft) im Einklang zu bringen sind. Insbesondere verweist Du auf die hier eingestellte Rechtsprechung des LSG. Das LSG war in der Lage Äpfel und Birnen auseinander zu halten.

Offensichtlich entspricht die Rechtsprechung des LSG nicht der Wunschvorstelltung der Kassen. Deswegen versucht man hier eine traumatische Klamotte und geht noch einen Schritt weiter. In der Zwischenzeit (bis zur Entscheidung des BSG) werden solche Klamotten mit der Nötigung zur Rücknahme eines Widerspruches untermauert.

Der lapidare Hinweis der Kasse geht noch nicht einmal auf diese Rechtsprechung ein und nötig Dich zu einer Rücknahme des Widerspruches. Boah, jenes ist - meines Erachtens - die unterste Sohle, schlimmer darf es nicht werden.

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Beitragvon sascha10028 » 11.12.2011, 22:30

Hallo,

also nochmals anschreiben !?? Habe verstanden was Du gesagt hast aber was an WICHTIGEN Sachen müssen alle mit in das Schreiben rein an die KK!?

Lieben Gruuussssss

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Beitragvon Rossi » 11.12.2011, 22:49

Oh weia, so schwer kann es doch wohl nicht sein!

Du schreibst der Kasse, dass Du defintiv nicht den Widerspruch zurückziehst.

Du bittest um Entscheidung und verweist auf die gegentelige Entscheidung des LSG Nierdersachsen-Bremen vom 22.09.2010 (Az. L 1 KR 330/0).

Hier ist man der traumatischen Wunschvorstellung der Kassen nicht gefolgt.

Du bittest hier um substanvierte Steullungenahme, warum man dieser Entscheidung des LSG nicht folgt. Denn hier hat die Kasse erneut etwas um die Bummelbacken bekommen, weil man einfach nicht in der Lage war Äpfel und Birnen auseinander zu halten.


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