Nachforderung Krankenkasse - umgehen, reduzieren?

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Else
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Nachforderung Krankenkasse - umgehen, reduzieren?

Beitragvon Else » 06.10.2012, 14:09

Hallo,

vielleicht kann mirt jemand hier im Forum weiterhelfen oder mir einen Tipp geben?

Ich habe mich ab dem 1.1.2011 selbständig gemacht und verfügte bis April 2011 über eine KV. Da ich mir die monatlichen Beiträge nicht mehr leisten konnte (zuvor wurden sie von Arbeitsamt übernommen, da ich rund 1 1/2 Jahre vor meiner Selbständigkeit arbeitslos war), bin ich seitdem ohne KV. Nun möchte ich mich wieder versichern lassen, doch die TK, bei der ich zuvor versichert war, sagte mir, ich müsste alle Beiträge seit April 2011 nachzahlen (insgesamt 6.500 Euro). Ist das rechtens? Ich sehe ja ein, dass ich Beiträge nachzahlen muss, aber gleich die ganzen Jahre? Zumal ich in diesem Zeitraum nicht beim Arzt war und somit keinerlei Leistungen in Anspruch genommen habe. Gibt es eine Möglichkeit, die Nachzahlung zu umgehen bzw. zu reduzieren (meinetwegen auf 6 Monate)? Ist die Nachzahlungsforderung von KK zu KK anders bzw. gehen manche KK damit kulanter um? Wenn ja, welche sind da zu empfehlen?

Ich bekomme keinerlei finanzielle Unterstützung von irgendwelchen Ämtern bzgl. meiner Selbständigkeit. Auch verfüge ich seit Juli 2012 über kein festes bzw. geregeltes Einkommen mehr (zuvor habe ich als feste Freie im Schnitt 1.750 Euro brutto monatlich verdient; davon gingen monatlich Miete von rund 750 Euro inkl. aller Nebenkosten, Monatsticket Bus & Bahn (ca. 70 Euro), Telefon, Internet (60 Euro durchschnittlich), Lebensmittel + Haushaltsmittel (ca. 500 Euro) und natürlich Steuern runter, 250 Euro hab ich monatlich zurückgelegt, für Reparaturen und für den Fall, dass beruflich mal weniger reinkommt und ich zumindest die laufenden Kosten decken kann (was im Juli eingetreten ist, wo ich 0 Euro, im August 100 Euro verdient habe). Wovon soll ich da monatlich bitte noch 360 KV zahlen (ich mein, ein bisschen leben will man ja schließlich auch noch)???

Die Techniker hat mich zwar angeschrieben, dass der Versicherungsschutz ab April erlöschen würde, habe darauf aber blöderweise nicht reagiert, da ich mir eine KV eh nicht leisten konnte. Und nun soll ich 6.500 Euro nachzahlen ...

Es wäre toll, wenn mir jemand weiterhelfen könnte, da ich gerade echt verzweifelt bin und nicht weiß, wie ich die hohen Kosten bezahlen soll (meine Existenz steht quasi auf dem Spiel - der KK sei Dank).

Danke euch schon einmal & viele Grüße
Else

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Beitragvon Rossi » 06.10.2012, 14:30

Stelle bitte den genauen Text des damaligen Schreibens der TK hier ein!

Geht aus diesem Schreiben hervor, dass es in Deutschland eine Pflicht zur Versicherung gibt?

Hat die TK Dich aufgefordert die Versichertenkarte zurückzugeben?

Else
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Beitragvon Else » 06.10.2012, 14:45

Hallo,

ja, ich wurde aufgefordert, meine Karte zurückzugeben. In dem Schreiben stand außerdem:

"Der Gesetzgeber verplichtet uns, Sie rückwirkend zum 1. April 2011 zu versichern, wenn Sie nach dem 31. März 2011 weder krankenversichert noch anderweitig für den Krankheitsfall abgesichert waren. In dem Fall sind die Beiträge für den gesamten zurückliegenden Zeitraum von Ihnen zu zahlen."

In einem Beitrag vom Plusminus http://www.daserste.de/plusminus/beitra ... xmr~cm.asp steht jedoch, dass die KK laut Sozialgesetzbuch Nachforderungen erlassen könnten und dass der Gesetzgeber die Kassen bei der Einführung der Versicherungspflicht ausdrücklich aufgefordert hat, kulant zu sein. Dass den KK die Hände gebunden seien, wie mir die Dame von der TK am Telefon sagte, stimmt also so nicht ganz oder? Brächte es etwas, zu den ausgefüllten Formularen einen Brief beizulegen, in dem man auf seine Situation hinweist und fragt, ob die Möglichkeit einer Reduzierung der Nachforderung besteht?

Gruß, Else

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Beitragvon CTG » 06.10.2012, 16:52

Also da wirst du von keiner KAsse irgendwelche Kullanz erwarten können. Alle anderen Kassen sind ja genauso an das Gesetz gebunden.

Ich denke nicht, dass hier die Beiträge gemindert werden können.
Jeder der sich um seine KV kümmert muss die für ihn errechneten beiträge zahlen und weil du dich nicht darum kümmerst sollen deine gemindert werden oder sollst du nicht den ganzen Zeitraum zahlen müssen? Recht ist nicht immer gerecht, also hast du vielleicht eine kleine Chance aber ich kann mir nicht vorstellen, dass daraus was wird.

Was deine Kalkulation angeht, warum hast du die KV Beiträge nicht mit eingerechnet?
Und wenn du aus der Selbstständigkeit so wenig Einkommen hast, soltlest du dich vielleicht fragen, ob du diese aufrecht erhalten willst.

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Beitragvon Else » 06.10.2012, 17:16

Was heißt hier "nicht drum gekümmert"? Ich konnte die Beiträge nicht zahlen - Punkt. Es war also kein Versäumnis, ich hatte und habe schlicht und einfach das Geld nicht. Und laut Gesetz sind die KK dazu verpflichtet, sich die individuelle Lebenssituation anzuschauen und ggf. kulant zu sein - doch das machen die Wenigsten. Ich habe außerdem nie irgendwelche Leistungen in diesem Zeitraum in Anspruch genommen, muss aber dafür Geld bezahlen. Ich finde das nicht gerecht. Wie gesagt, wäre ich ja durchaus bereit eine Nachzahlung meinetwegen von den letzten 6 Monaten zu zahlen, aber gleich den ganzen Zeitraum??? Was soll denn der machen, der z.B. 5 Jahre ohne KV war? Privatinsolvenz anmelden??? Sonst kommt er niemals mehr in den Genuss einer Versicherung.

Ich habe mich selbständig gemacht, weil ich eben nicht mehr abhängig sein wollte vom Amt und es keine andere Möglichkeit gab. Dass man da nicht gleich Unmengen an Kohle verdient (es sei denn, man hat DIE Marktlücke entdeckt), war mir klar.

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Beitragvon Rossi » 06.10.2012, 20:22

Na ja, wenn man vermeintlich nicht zahlen kann, dann muss man eben Hartz IV beantragen. Entweder ist man hilfebedürftig oder man ist nicht hilfebedürftig und kann die Beiträge selber zahlen.

Aber in Deinem Fall gibt es einen relativ guten Ansatzpunkt, um aus der Nachzahlungspflicht herauszukommen.

Okay, Du hast eine Mitteilung von der Kasse bekommen. War diese Mitteilung für Dich so eindeutig, dass es eine absolute Versicherungspflicht in Deutschland besteht und dann man hieraus sich nicht winden kann?

Hast Du es in aller Deutlichkeit so verstanden?

Wohl kaum, oder!?

Okay, Du hast es auch schon selber recherchiert. Die Kassen haben für diese Fälle (verspätete Anzeige) einen Auftrag an die Hand bekommen.

Nämlich die nachzuahlenden Beiträge:

- zu erlassen
- zu ermäßigen
- zu stunden


Was machen die Kassen in der Regel? Allenfalls nur eine Stundung. Wenn es um einen Erlass oder Ermäßigung geht, dann bekommen die Kassenmitarbeiter in der Regel Elefantenpickel oder ne Putenpelle.

Leider gibt es hierzu auch nicht viel Rechtsprechung. Denn die meisten Betroffenen wehren sich nicht dagegen.

Es sind nur Einzelfälle, die dagegen kämpfen.

Okay, Du hast aber noch ein anderes Trumpf-As in der Hand. Denn die Kasse hat von Dir die Versichertenkarte zurückgefordert. Damit hat die Kasse ziemlich klar zu erkennen gegeben, dass Du nicht mehr versichert bist und somit auch nichts mehr kommt. Boah, jetzt doch noch etwas; die Kasse will jetzt auf einmal die gesamten Beiträge haben. Erst fordert die Kasse die Karte zurück und jetzt auf einmal Beiträge. Kannst Du so etwas verstehen? Was soll das?

Bei so einem Verhalten der Kasse könnte der Tatbestand der Verwirkung der nachzuzahlenden Beiträge eingetreten sein. Und die Kasse könnte das Nudelholz nicht mehr herausholen.

Guckst Du hier; dort war es ähnlich.

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=146851&s0=%C2%A7%205%20Abs.%201%20Nr.%2013%20SGB%20V&s1=Verwirkung&s2=&words=&sensitive=

Viel Erfolg.

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Beitragvon ranz » 06.10.2012, 21:47

Rossi hat geschrieben:Entweder ist man hilfebedürftig oder man ist nicht hilfebedürftig und kann die Beiträge selber zahlen.


Oder man ist nicht hilfebedürftig (Bedarfsgemeinschaft) und kann die Beiträge nicht zahlen.

Rossi hat geschrieben:Damit hat die Kasse ziemlich klar zu erkennen gegeben, dass Du nicht mehr versichert bist


Ich hätte das mit der Karte jetzt auf das Ruhen der Leistung bezogen, aber wünsche Else viel Glück mit deinem Vorschlag.

Will auch nicht weiter stören hier im Thread, aber über die Problematik bei Bedarfsgemeinschaften und ALG2 sollte jemand vom Sozialamt schon besser informiert sein.

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Beitragvon Rossi » 06.10.2012, 22:21

Okay, ranz, wollen wir beide disktutieren und uns über das materielle Recht unterhalten?

Du hast soeben den ersten Beitrag hier eingestellt.

Gibt es überhaupt im Rahmen der Sozialhilfe (Sozialamt) eine Bedarfsgemeinschaft?

Oder gibt es diese Bedarfsgemeinschaft nur im Rahmen des SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) und nicht im Bereich des SGB XII (Sozialhilfe)?

Diese beiden Leistungssysteme (SGB II und SGB XII (Sozialhilfe)) haben schon mal gravierende Unterschiede. Kennst Du diese Unterschiede?!

Wenn es Dir gelingt mir diese Unterschiede zu erklären und natürlich die Auswirkungen, dann können wir uns selbstverständlich darüber unterhalten, ob ich gut oder schlecht informiert bin.

Wir kochen den Tee alle nur mit Wasser!?

Du scheinst ja ganz offensichtlich aus dem Kassenlager zu kommen. Dann mal hier herzlich willkommen und auf eine konstruktive fachliche Diskussion.

Ich warte auf Deine konstruktive Kritik!

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Beitragvon ranz » 06.10.2012, 23:02

Im Nachinein bringst Du jetzt Sozialhilfe hinein, was ne andere Geschichte ist.

Rossi hat geschrieben:Na ja, wenn man vermeintlich nicht zahlen kann, dann muss man eben Hartz IV beantragen. Entweder ist man hilfebedürftig oder man ist nicht hilfebedürftig und kann die Beiträge selber zahlen.


Und nur darauf (ALG2) bezog ich mich, nicht auf Sozialhilfe, verehrter Herr. Muss Du eben anders formulieren/schreiben, wenn Du Missverständnisse vermeiden willst. Im konkreten Fall hier handelt es sich ja aber um einen arbeitenden Menschen bzw. jemand, der arbeitsfähig ist, und da kommt dann wohl auch nur ALG2 in Frage, oder Herr Sozialhilfe-Experte?

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Beitragvon Rossi » 06.10.2012, 23:49

Okay, dann musst Du es aber anders posten.

Und so eine Nummer

Zitat:

sollte jemand vom Sozialamt schon besser informiert sein.

kommt im ersten Ansatz überhaupt nicht gut. Es sei denn, dass Du der Bello bzw. Überflieger des gesamten Rechtssytems bist.

Lieber Ranz, glaubst Du mir, dass ich mich für diese Betroffenen einsetze und es teilweise schaffe, den Kassen diese sog. Nudelholznummer (volle Beiträge nachzahlen) auszutreiben?!

Else hat sehr eindrucksvoll einen Bericht der Medien eingstellt. Fast alle Kassen halten sich geflissentlich zurück. Für mich ist dies wieder einmal die Putenpelle bzw. Elfefantenpickel-Nummer. Wenn derartige Geschichten in der Praxis eines Kassenmitarbeiters vorkommen, dann ist er leider hoffnungslos überfordert.

Diese Hoffnungslosigkeit endet dann damit, dass man in einer Selbstverständlichkeit alle nachzuzahlenden Beiträge fordert.

Sorry, dies kotzt mich an!

Ich habe persönlich - mit meinem Engament - schon einige Fälle begleitet, um die Betroffenen vor dieser Nudelholznummer zu bewahren.

Jetzt darfst Du 3 x raten, wie hoch die Erfolgsquote war?

Es kotzt mich eklatant an, dass in jedem Einzelf ggf. ein Schriftsatz mit über 8 Seiten der Kasse präsentiert werden muss, bevor diese wach wird.

Daher stelle ich mir die Frage; wie unser Rechtsstaat funktioniert?

Diejenigen die sich dagegen nicht wehren bekommen den berüchtigten Nachzahlungsbescheid der Kasse und werden überwiegend in die Insolvenz getrieben.

Ob es überhaupt Betroffene gibt, die sich gegen die Nudelholznummer der Kassen wehren, muss offen bleiben.

Aber aus Deinen bisherigen Postings entnehme ich schon, dass Du zu einer Kassenfraktion gehörst, die im Ansatz nicht gewillt ist die Bestimmungen des § 186 Abs. 11 SGB zu lesen oder gar in der Praxis umzusetzen.




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Beitragvon ranz » 07.10.2012, 01:42

Finde ich echt toll, dass Du Dich so einsetzt.

Rossi hat geschrieben:Okay, dann musst Du es aber anders posten.


Wenn Du den Quote in meinen ersten Postings meinst, hast Du recht (der war unvollständig).

Mir geht nur der Hut hoch, wenn ich so Pauschalaussagen zu ALG2 lese, und da erwarte ich mir von bestimmten Berufsgruppen einfach mehr (oder erwartete ich mir bisher mehr). Wenn man dann noch nichtmal drauf eingeht bzw. Aussagen korrigiert, dann ist das auch verschwendete Zeit gewesen (mein Pech).

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Beitragvon Else » 07.10.2012, 09:22

Hallo Rossi,

vielen lieben Dank für deine hilfreiche Antwort und den Link!!

Was heißt konkret "Verwirkung"?

Meinst du, ich soll also noch einmal bei der TK anrufen und darauf aufmerksam machen, dass ich in der Zeit keinerlei Leistungen in Anspruch genommen habe und insofern einlenken, dass ich mich dazu bereit erkläre, sechs Monate rückwirkend zu bezahlen? Bringt es etwas, noch einmal bei einer anderen KK nachzufragen? Laut dem Plusminus-Bericht scheint die Barmer gnädiger mit ihren Mitgliedern umzugehen.

Liebe Grüße, Else

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Beitragvon Else » 07.10.2012, 09:39

Hallo Rossi,

ich wollte noch einmal anmerken, dass ich es wahnsinnig toll finde, dass du dein Wissen völlig altruistisch weitergibst und versuchst, anderen zu helfen, die sich in dem Paragraphendschungel nicht zurecht finden. Hut ab!!!! Menschen wie dich gibt es leider nur noch selten.

Liebe Grüße, Else

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Beitragvon Rossi » 07.10.2012, 14:48

Nun, stelle doch erst einmal ein, wie hoch der mtl. Beitrag ist, der nachgefordert wird. Hat die TK ca. 310,00 €, 210,00 € oder nur 145,00 € monatlich gefordert.

Ach ja, ich kann Dir jetzt schon sagen, dass anrufen nix bringen wird.

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Beitragvon Else » 08.10.2012, 09:12

Der Betrag, den die TK nachfordert, liegt bei 360 € monatlich.


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