Eintritt in GVK möglich?

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Almiro
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Eintritt in GVK möglich?

Beitragvon Almiro » 25.10.2007, 13:27

Hallo Forumgemeinde!

Als Neuling in diesem Forum hoffe ich, dass Ihr mir ein wenig weiterhelfen könnt.

Folgender Fall:

- Ehefrau, 64 Jahre alt
- Ehemann vor kurzem verstorben
- wird Witwenrente von ca. 525EUR erhalten
- beihilfeberechtigt (Bundeseisenbahnvermögen) durch den verstorbenen Ehemann (Erstattung liegt zwischen ca 60% und 75%)
- hat bis nächtes Jahr Juli noch einen 400EUR-Minijob (keine Beiträge zur GKV), voraussichtliche Rente danach ca. 200EUR
- war in den letzten 30 Jahren in keiner GKV
- keine zusätzlich Absicherung der Fehlbeträge (Differenz der Erstattung zur Gesamtrechnung) durch PKV

Die Fehlbeträge wurden bisher mehr oder weniger aus der eigenen Tasche bezahlt. Zum Glück lag bis jetzt kein längerer Krankenhausaufenthalt vor.

Nun zu meinen Fragen:

-Besteht die Möglichkeit zum Eintritt in die GKV? Z.B. über eine Erhöung des Entgelds auf 401EUR und der damit verbundenen Sozialversicherungspflicht?

-Gibt es in irgendeiner Art und Weise eine finanziell akzeptable Möglichkeit der Zusatzversicherung über eine PKV, um den Fehlbetrag ausgleichen zu können?

-Muss sie für die Kosten (z.B. bei einem längeren Krankenhausaufenthalt) selber aufkommen?


Was kann man tun, um ihr einen einigermaßen sorglosen Lebensabend zu ermöglichen, ohne die Angst sich durch Krankheit finanziell zu ruinieren?

Vielen Dank im Voraus für Eure Antworten!

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Beitragvon Rossi » 25.10.2007, 15:35

Ups, könnte nen Fall der Pflichtversicherung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V werden!!!

Man muss jetzt klären, wann und in welcher gesetzlichen Kasse die gute Dame zuletzt versichert war.

Wenn nach dem Ausscheiden aus der gesetzlichen Versicherung durchgehend nur ein Beihilfeanspruch bestanden hat und keine private Versicherung für die Restkosten, dann dürfte Sie zu dem Personenkreis der Pflichtversicherten ab dem 01.04.2007 gehören.

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Beitragvon Almiro » 25.10.2007, 16:33

Hallo rossi,

Danke für die rasche Antwort!

Die Dame war seit 1968 verheiratet und seitdem in keiner gesetzlichen Kasse mehr. Es bestand durchgehend nur Beihilfeanspruch. Werde mal versuchen in Erfahrung zu bringen, ob sie vor 1968 in der GKV. Wenn das helfen würde...

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Beitragvon Rossi » 25.10.2007, 18:10

Korrekt, das könnte helfen.

Noch einmal, die Frau kommt nur in die gesetzliche KV wenn ab 1968 nur ein Behilfeanspruch und keine private Restkostenversicherung bestanden hat.

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Beitragvon Almiro » 25.10.2007, 19:16

So...war eben nochmal vor Ort.

Habe die Unterlagen mal intensiv durchforstet und festgestellt, dass sie in 91 doch bei der AOK versichert war. Zumindest steht das auf einem Sozialversicherungsnachweis aus diesem Jahr. Werde dort mal morgen anrufen und fragen wie lang sie dort versichert war. Auf jeden Fall bestand definitiv keine Restkostenversicherung in all den Jahren.

Habe auch mal nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gegoogelt:

http://www.vdak.de/versicherte/Mitglied ... _sgb_v.pdf

Interessant ist der Abschnitt 2.3.4 auf Seite 20.

Das würde doch in diesem Fall zutreffen, oder?

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Beitragvon Rossi » 26.10.2007, 08:28

Interessant ist der Abschnitt 2.3.4 auf Seite 20.

Das würde doch in diesem Fall zutreffen, oder?


Jooh, genau jenes meinte ich auch!!!!

Wir hatten hier letztens auch eine ehemalige Polzeianwärterin, da war es vergleichbar, die hatte aufgrund der freien Heilfürsorge auch keine private Restkostenversicherung. Sie ist wieder in den Heimathafen der gesetzlichen KV/PV zurückgekehrt.

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Beitragvon Almiro » 26.10.2007, 09:43

Ja das ist doch mal eine gute Nachricht!

Wie sieht denn nun das weitere Procedere aus?

Formblatt "Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI" ausfüllen und an die AOK schicken...nehme ich mal an.

Und wie ist es mit der Höhe des zukünftigen Mitgliedbeitrags? Würde es hier Sinn machen mit dem jetzigen Arbeitgeber zu sprechen und nach einer Erhöung des Entgels auf 401 EUR zu fragen? Dementsprechend würden sich ja dann die Sozialbeiträge ergeben...

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Beitragvon Rossi » 26.10.2007, 11:35

Jooh, am besten mit den Formblättern der KV/PV anzeigen. Diese Formblätter sind auch beim VDAK als PDF-Datei hinterlegt.

Bezüglich des Beitrages bleibt festzuhalten, dass es hier eine Mindestbemessungsgrundlage gibt. Diese beträgt derzeit 816,97 Euro im Monat. D. h. wenn das Einkommen drunter liegt, dann zahlt man nur den Mindestbeitrag von ca. 130,00 Euro im Monat. Liegt das Einkommen darüber, dann erhöht sich der Beitrag. Bei Rentnern, trägt die Deutsche Rentenversicherung ein Teil des Beitrages. Allerdings verringert sich das Renteneinkommen (Abzug Rente KV/PV-Beitrag) auch.

Eins ist klar, die gute Dame ist ab dem 01.04.2007 pflichtversichert. Es ist ganz egal wann dieses der KV/PV angezeigt wird. Damit muss sie grundsäztlich auch ab dem 01.04.2007 löhnen. Es gibt hier kleine Härtevorschriften, aber es hat den Anschein, dass dieses bei den KV noch ein Schattendasein führt.

Na klar, eine Beschäftigung oberhalb von 400,00 Euro, wäre vermutlich günstiger.

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Beitragvon Almiro » 26.10.2007, 12:38

Vielen Dank für die kompetente Hilfe!!!

Wäre ich mein Lebtag nicht drauf gekommen...

Werde mich jetzt mal mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzen und nachfragen, ob da was mit einem 401 EUR-Job zu machen ist.

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Beitragvon Rossi » 26.10.2007, 13:15

Ist ne Milchmädchenberechnung für den Arbeitgeber.

Schauen wir doch mal, was die ältere Dame dem Arbeitgeber bei einer geringfügigen Beschäftigung kostet:

400,00 Euro Lohn
120,00 Euro 30 % pauschale Nebenabgabe an die Mini-Job-Zentrale
--------------------
520,00 Euro Gesamtkosten.

Nun gut, jetzt schauen wir, was die gute Dame SV-pflichtig kostet:

401,00 Euro Lohn
84,21 Euro ca. 21 % Sozialversicherungsanteil des Arbeitgebers
--------------------
481,21 Euro Gesamtkosten

Der kleine feine Unterschied bei einer SV-pflichtigen Beschäftigung ist doch, dass der Anteil der Sozialversicherung durch den Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu teilen ist. Bei einer geringfügigen Beschäftigung zahlt der Arbeitgeber immer komplett allein.

Also ist es unterm Strich günstiger für den Arbeitgeber.

Der Arbeitsnehmer hat dann natürlich bei 401,00 Euro brutto, ein Nettogehalt von 316,79 Euro, also 84,21 Euro weniger. Aber hierdurch ist der Arbeitsnehmer nicht nur in der KV/PV sondern auch in der Renten- und Arbeitslosenversicherung abgesichert.

Nun denn, die meisten Arbeitgeber sagen dann, Moment mal ich muss dann bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gewähren. Wenn so ein Argument vom Arbeitgeber kommt, dann schüttele ich immer mit dem Kopf.

Die Lohnfortzahlung und der bezahlte Urlaub ist nämlich auch bei den geringfügigen Beschäftigungen zu gewähren. 99 % der Arbeitgeber wissen es, 98 % tun es aber nicht.

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Beitragvon Almiro » 26.10.2007, 14:06

Die Info werde ich mal im Hinterkopf behalten. Es handelt sich bei dem Arbeitgeber zwar um eine öffentliche Einrichtung (Gemeinde), aber das will ja nix heissen.

Falls Interesse besteht, werde ich mal davon berichten, wie es ausgegangen ist.

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Beitragvon Almiro » 13.11.2007, 11:37

Ich muss diesen Thread noch mal nach oben holen, da sich mittlerweile einige Neuigkeiten ergeben haben. Hoffe, dass das noch das richtige Diskussionsforum ist.

Aaalso...

Die Dame hat zwar einen 400-Euro-Job, verdient meistens aber nur ca. 250 EUR/Monat...zweimal im Jahr auch über 400 Euro. Der Arbeitgeber kann/will nicht auf 401 Euro erhöhen. Daher wird Pflichtversicherung in GKV darüber wohl nicht möglich sein.

Es hat sich herausgestellt, dass der verstorbene Ehemann, aus Gründen die nicht richtig nachvollziehbar sind, in 1996 aus der KVB (Krankenversicherung der Bundesbahnbeamten) ausgeschieden ist. Als Grund wurde mir ein Disziplinarverfahren angeben, aufgrund dessen er aus der KVB ausgeschlossen wurde. Bis dahin hat sich die Kostenübernahme wie folgt aufgegliedert: Der Grossteil wurde vom Bund als Beihilfe gewährt (60%-75%), ca. 10% Eigenkosten und der Rest wurde von der KVB übernommen. Die 10% Eigenkosten wurden nie durch eine Restkostenversicherung abgedeckt. Nach 1996 bestand dann nur noch Beihilfeanspruch mit den oben angegebenen Erstattungen.

Na gut...dachte ich. Mit der Gesundheitsreform vom 01.04.2007 muss sie ja dann wieder in PKV aufgenommen werden; in dem Fall in die KVB. Diese weigert sich aber nun mit dem Hinweis, dass sie eine Körperschaft öffentlichen Rechts sei und damit nicht als PKV anzusehen ist. Ein Mitarbeiter meinte, dass sie sich ja bei einer "richtigen" PKV versichern könnte. Im ihren Alter liegen die Beiträge bei mehreren 100 Euro/Monat...toller Vorschlag.

Also wieder bei der AOK angerufen. Die verweist mich nun wiederum darauf, dass sie die KVB als PKV ansehen und somit eine Versicherung über die KVB aufzunehmen ist.

Damit bin ich wieder am Anfang und kein bisschen weiter gekommen. Das kann noch nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein. Angeblich soll in diesem Sozialstaat ja jeder krankenversichert sein, aber mir fällt jetzt echt nichts mehr ein.

Habt Ihr eine Idee? Danke im Voraus...

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Beitragvon Rossi » 13.11.2007, 19:40

Oh weia, herzlichen Glückwunsch. Du hast leider einen Exotenfall.

Und dann auch noch die AOK!

Also, es gibt hier unterschiedliche Auffassungen.

Wenn Du hier guckst :http://www.kvb.bund.de/KVB/krankenversorgung/information/articleliste_kv3.htm, dann ist die KVB eben keine private Krankenversicherung sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und eine betriebliche Sozialeinrichtung des Bundeseisenbahnvermögens

Tja, was heisst das jetzt. Wenn die KVB eine private Versicherung ist, dann war die gute Oma nämlich zuletzt privat versichert und kommt nicht in die Pflichtversicherung der Nichtversicherten im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Ist die KVB hingegen lediglich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, dann wird dieses nicht mitgezählt. Es gilt dann die letzte Versicherung vor dieser Mitgliedschaft.

Tja und genau hierüber wird gestritten. Es gab ein Urteil vom SG Regenburg´s (allerdings im einstweiligen Verfahren), da wurde die AOK verdonnert die Pflichtversicherung durchzuführen. Hier hatte man festgestellt, dass die KVB nur eine Versorgungseinrichtung ist. Tja, die AOK hat aber Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt. Hierüber hat Mitte Oktober 2007 das LSG Bayern entschieden. Die haben dann festgestellt, dass die KVB eine private Versicherung ist und daher die Pflichtversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht greift.

Allerdings sind diese Urteile nirgends veröffentlicht. Ob der Bundesverband der AOK dieses Urteil dann im Schweinsgalopp im gesamten Bundesgebiet verbreitet hat, weiss ich nicht.

Meines Erachtens liegt es auch daran, dass sich der Rechtscharakter der KVB irgendwann mal geändert hat. Man sollte jetzt schauen, wann sich der Rechtscharakter geändert hat. Wenn also zum Zeitpunkt des Ausscheidens der guten Oma im Jahre 1996 die KVB schon eine Versorgungseinrichtung war, dann würde ich gegen die AOK sozialgerichtlich vorgehen.

Einer von beiden liegt ja wohl falsch. Die KVB selber sagt sie sei keine private Versicherung und die AOK sagt es anders. Wer weiss es wohl besser?!?

Sorry, viel Spass!!

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Beitragvon Almiro » 13.11.2007, 20:00

Danke, Danke;-)
Das trifft es wohl ziemlich genau auf den Punkt: Ein Exotenfall!!

Habe mir wirklich schon die Lippen fusselig geredet am Telefon, aber jede Partei beharrt auf ihren Standpunkt.
Ich werde das mal mit der eventuellen Änderung des Rechstcharakters der KVB abchecken. Denke aber mal, das nur der sozialgerichtliche Weg eine Option ist...mal schauen.

Was passiert eigentlich jetzt, wenn die Dame mal ins Krankenhaus kommt...sprich wenn hohe Kosten anfallen? Gibt es da irgendeine Härtefallregel?

Danke nochmal rossi, für die 1a-Hilfe!!

Rossi
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Beitragvon Rossi » 13.11.2007, 20:24

Hm, ich denke auch, es wird nur der Weg über´s Sozialgericht übrig bleiben.

Ich würde Dir empfehlen - ist meine Auffassung und stellt natürlich keine Rechtsberatung dar - gegen die Krankenkasse vorzugehen. Ne Einstweilige wäre dort sicherlich angebracht. Im Rahmen dieser Einstweiligen dann die KVB beiladen lassen (ob das allerdings möglich ist, weiss ich nicht). Dann sollen sich die Krankenkasse und die KVB untereinander einig werden, wer jetzt dran ist. Entweder ist die Krankenkasse im Rahmen der Pflichtversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dran, oder die KVB mit dem modifizierten Standarttarif. Allerdings wird das Sozialgericht vermutlich nicht die KVB verdonnern können, da hier vermutlich eine andere Gerichtsbarkeit zuständig ist.

Ach ja, ein Fachanwalt für Sozialrecht wäre sicherlich nicht schlecht!!

Oh weia, oh weia!!!

Wenn Du ein Urteil hast, dann musst Du mich natürlich informieren; okay?



Was passiert eigentlich jetzt, wenn die Dame mal ins Krankenhaus kommt...sprich wenn hohe Kosten anfallen? Gibt es da irgendeine Härtefallregel?



Nein gibt es nicht. Die Restkosten muss die Omma selber löhnen.

Aber ich würde zur Fristwahrung auch einen Antrag auf Hilfe bei Krankheit gem. §§ 48 ff. SGB XII beim zuständigen Sozialamt stellen. Die Einkommensgrenze für die Krankenhilfe beträgt 690,00 Euro Grundbetrag zuzüglich Mietkosten (ohne Heizung). Diese wird vermutlich unterschritten, sodass Hilfebedürftigkeit vorliegt.

Wenn Du Glück hast, dann findest Du dort auch einen pfiffigen Sachbearbeiter, der sich mit der Materie ein wenig auskennt und Dir auch vernünftige Tips gibt, oder gar die Einstweilige Anordnung vorbereitet. Ich mache dieses zumindest für meine Kunden.


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